Sichtung in Südtirol "etwas Besonderes"

Totenkopfschwärmer fasziniert – Reise ohne Wiederkehr

Samstag, 02. August 2025 | 07:59 Uhr

Von: mk

Bozen/Welsberg/Vintl – Wunder der Natur berühren uns immer wieder. Erst kürzlich sorgte die Sichtung eines Totenkopfschwärmers in Welsberg für Staunen. Dass der große Falter in Südtirol auftaucht, ist in der Tat etwas Besonderes, wie Petra Kranebitter, Konservatorin für Zoologie im Naturmuseum Südtirol gegenüber Südtirol News bestätigt.

„Der nachtaktive Totenkopfschwärmer fliegt alljährlich aus seiner Heimat im tropischen Afrika und dem Mittelmeerraum nach Mitteleuropa bis nach Nordskandinavien. Ihn als Falter oder als Raupe in unserer Gegend zu beobachten, ist ein nicht häufiges und für mich faszinierendes Ereignis“, betont Kranebitter. Berücksichtige man die Strecke, die das Insekt zurücklegt, sei das eine beachtliche Leistung.

Der Totenkopfschwärmer ist bei uns in Südtirol nicht bodenständig und erhält sich nur durch die Zuwanderung aus dem Süden. Trotzdem handelt es sich nicht um eine invasive Art. Laut EU werden als solche gebietsfremde Arten definiert, die mit ihrer meist starken Ausbreitung Lebensräume und einheimische Spezies beeinträchtigen und daher der biologischen Vielfalt schaden. Daneben können sie auch eine Gefahr für Gesundheit und Wirtschaft sein. In der Regel werden sie über Verkehr und Handel in ein Gebiet eingeschleppt.

Einwanderung ohne Wiederkehr

Dies alles trifft auf dem Totenkopfschwärmer nicht zu. Kranebitter findet allerdings das Phänomen des „Wanderfalters“ an sich interessant. „Zugvögel kennen wir, aber dass auch Schmetterlinge vom Süden in den Norden wandern, ist wenigen und auch weniger bekannt. Diese fragilen und grazilen Falter legen dabei sehr weite Strecken zurück und überqueren auch die Alpen“, betont die Zoologin.

Dabei ist Einwanderung des Totenkopfschwärmers in unseren Breiten eigentlich eine Einbahnstraße, eine Migration ohne Wiederkehr. „Der Totenkopf kann als afrotropische Insektenart in keinem Lebenszyklusstadium wirklich kalte Temperaturen überleben – insbesondere keinen Dauerfrost“, sagt Kranebitter. Zwar frisst sich die Raupe satt, um sich dann zu verpuppen, doch die Puppe ist nicht wirklich winterhart und stirbt schon bei leichtem Bodenfrost ab.

Was also bewegt den Falter aus seiner Heimat fortzufliegen? Im Detail ist dies selbst für die Wissenschaft noch ein Rätsel. „Vermutlich verhält es sich ähnlich wie beim besser untersuchten Distelfalter. Letztendlich triggern Nahrungsknappheit und die Verfügbarkeit von pflanzlicher Nahrung für die Raupen, dass die Falter wegwandern, weil sie keine Ressourcen für ihre Nachkommen mehr finden. Aber wer weiß, was den Falter in Zukunft in unseren Breiten noch zu erwarten hat?“, meint Kranebitter.

Süße Vorliebe

Eher werden in Südtirol Raupen gemeldet als ausgewachsene Falter, die bis immerhin eine Flügelspannweite von 90 bis zu 130 Millimeter erreichen können. Doch es gibt auch Ausnahmen. Robert Griessmair, Imker aus Welsberg, hat erst kürzlich unerwartete Bekanntschaft mit dem imposanten Insekt gemacht. „Der Riesenfalter hat mich auf meinem Bienenstand besucht und sehr beeindruckt“, schreibt er in einer E-Mail an die Redaktion von Südtirol News.

Robert Griessmair

Wie man auf dem Foto sieht, scheint das Tier sehr an den Bienen interessiert zu sein. Trotzdem muss Kranebitter über die Bezeichnung „Honigdieb“ immer etwas schmunzeln. „Die Falter ernähren sich zwar nahezu ausschließlich von Honig, aber der Totenkopf kommt bei uns selten vor und die Menge, die er an Honig saugt, ist im Vergleich zum Ertrag eines Bienenvolkes verschwindend gering. Selbst in Gegenden, wo der Totenkopf häufiger vorkommt, schadet er mit seinen sporadischen Besuchen im Bienenstock weder dem Bienenvolk noch der Imkerei“, erklärt die Expertin.

Waghalsiges Unterfangen

Deutlich spannender ist das Eindringen des Totenkopfschwärmers in den Bienenstock selbst – ein sehr mutiges und waghalsiges Unterfangen. Mittels einer geruchlichen Tarnkappe krabbelt er in den Bienenstock, um etwas Honig zu naschen. Wenn seine Tarnung jedoch auffliegt und er als Eindringlich wahrgenommen wird, kann das für ihn auch tödlich enden.

Dies ist möglicherweise in Vintl passiert. „Beim Schneiden der Hecke schneiden im Garten vor zwei Wochen erschrak ich nicht wenig als ich plötzlich eine zehn Zentimeter lange und daumendicke, giftgrüne, aber wunderschön gezeichnete Raupe vor meiner Hand sah – und gleich darauf eine zweite in derselben Hecke“, schreibt Hans Leitner vom Pranterhof.

Hans und Margareth Leitner

Ein paar Tage später staunten er und seine Frau Margareth beim Öffnen der Bienenstöcke noch mehr. „Im Gitterboden von zwei Völkern lag je ein – von den Bienen mumifizierter -Totenkopfschwärmer. Unsere Bienen waren anscheinend nicht so begeistert wie wir über den seltenen Besuch aus dem Süden“, erklärt das Ehepaar aus Vintl gegenüber Südtirol News.

Hans und Margareth Leitner

Auch Hans und Margareth Leitner haben uns die Fotos zugeschickt.

Hans und Margareth Leitner

Bezirk: Bozen, Pustertal

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