Von: APA/dpa
Das begehrte Selfie unter dem Gipfelkreuz auf der Zugspitze gibt es ab sofort ohne einen einzigen Schritt in unwegsamem Gelände. Neben dem bisherigen Kreuz auf ausgesetztem Fels existiert nun auf Deutschlands höchstem Berg (2.962 Meter) ein zweites. Es steht überdacht und trockenen Fußes erreichbar in einer Ausstellung in der Gipfelstation.
Rund 600.000 Menschen besuchen alljährlich die Zugspitze – und viele wollen zu dem berühmten Gipfelkreuz mit goldenem Strahlenkranz: Das mit echtem Blattgold versehene 4,88 Meter große Wahrzeichen der Zugspitze ist Anziehungspunkt nicht nur für Bergsteiger, sondern auch für Touristen und Gäste aus aller Welt, die mit der Bergbahn kommen.
Besuch ohne Risiko
Man wolle den Gästen ermöglichen, das Kreuz ohne risikoreiche Kletterei zu besuchen, begründete die Bayerische Zugspitzbahn das Zwillingskreuz. Das Kreuz des Künstlers Bernhard Rieger ist mit drei Metern etwas kleiner, schließlich muss es in die Ausstellungsräume passen. Außerdem ist es nicht vergoldet, sondern mit Farbe bemalt.
Die ersten Gäste nutzten es zur Eröffnung gleich für Selfies. “Ich finde es großartig, also ich halte es für eine ganz tolle Idee, für all die Leute, die von ganz weit wegkommen und auch gerne mal am Gipfelkreuz stehen wollen und sich nicht diesen Gefahren hier aussetzen möchten”, sagte eine Besucherin.
Kurzer Aufstieg – aber alpines Gelände
Das echte Gipfelkreuz steht auf einem Felsen, nur ein kurzer Weg und ein paar Höhenmeter sind es von der Plattform der Bergstation hinüber zum Kreuz – aber ringsum geht es direkt in die Tiefe. Der Aufstieg ist mit etwas Kletterei verbunden und erfordert Trittsicherheit, gutes Schuhwerk und Konzentration.
Außerdem ist es auf dem Gipfel eng. Kaum ein Dutzend Menschen findet dort Platz. “Am Gipfelkreuz befinden wir uns im alpinen Gelände und der Platz am Gipfel ist beengt”, sagte die Sprecherin der Zugspitzbahn, Laura Schaper.
Gedränge am Zustieg
Entsprechend bilden sich am Anstieg teils Schlangen. An manchen Tagen warten Menschen dicht an dicht gedrängt an einem zur Sicherheit angebrachten Seil, um einmal kurz auf Deutschlands höchstgelegenen Gipfel zu stehen. Viele, die mit der Bergbahn kommen, tragen Turnschuhe oder Flip-Flops – ungeeignet für den Anstieg.
“Von unserer Seite ist es tatsächlich ein Kunstprojekt, aber auch eine Präventivmaßnahme, weil wir einfach eine gefährliche Situation am Gipfelkreuz draußen haben”, sagte Schaper. Nun gebe es eine ruhige, familienfreundliche und auch wetterunabhängige Alternative. Schaper betonte zugleich, es habe am Gipfel bisher keinerlei kritischen Situationen gegeben.
Neuer Platz für Sticker
Noch ein Thema soll das neue Kreuz lösen: Viele verewigen sich mit Stickern am Gipfelkreuz. Es gebe nur noch wenige freie Stellen und die Gäste müssten sich zunehmend verausgaben, um noch einen freien Platz zum Aufkleben zu ergattern. “Das ist sehr riskant in dem steilen Terrain”, sagte Klaus Schanda, Marketing- und Vertriebschef bei der Zugspitzbahn. Eine Reinigung des Kreuzes sei keine Alternative – das wäre aufwendig und in kürzester Zeit wäre es ohnehin wieder zugeklebt.
Am Nachbau könnten die Menschen nun risikofrei Sticker kleben. “Der Gedanke ist, dass wir unseren Gästen eine neue Perspektive bieten können, ohne etwas verbieten zu müssen”, sagte Schanda.
Originales Kreuz mit wechselvoller Geschichte
Seit 1851 gibt es ein Gipfelkreuz auf der Zugspitze, das wegen starker Schäden nach mehr als 100 Jahren ersetzt wurde. Das neue Kreuz baute der Kunstschmied Franz Würzinger 1993. Das Original ist im Museum Werdenfels zu sehen. Es weist Einschusslöcher auf. Am 28. April 1945 hatten sich laut dem ehemaligen Museumsleiter Josef Kümmerle amerikanische Soldaten auf den Gipfel fahren lassen und das Kreuz beschossen.
Das aktuelle Kreuz ist in der Höhe Wind und Wetter ausgesetzt. Schon zweimal riss der Sturm einen der goldenen Strahlen ab. Zuletzt hatte im vergangenen Jahr die Kunstschmiedin Andrea Würzinger, Tochter des Erbauers, einen Zacken restauriert und wieder angebracht. 2017 war das Kreuz bei Bauarbeiten zur neuen Zugspitzbahn von einer Krankette getroffen worden. Damals wurde es extra ins Tal gebracht.
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