Von: mho
Bozen – Zeitlich stark befristet, niedrige Sozialbeiträge, durchschnittliche Steuerquote – was für Unternehmen einen Jackpot bedeutet und dem Staat ermöglicht, die Schwarzarbeit zu reduzieren, ist für viele Arbeitnehmer der Grundstein für Ausbeutung und so genannte “Lohnarmut” – die Rede ist von den berüchtigten Arbeitsgutscheinen (Vouchern), welche nach Abschaffung der Projektverträge (Co.co.co.) durch den “Jobs Act” italienweit Verbreitung gefunden haben. Nachdem Ministerpräsident Gentiloni die Beibehaltung der Voucher bestätigt, Änderungen aber nicht ausgeschlossen hat, zieht die Abteilung Arbeit Bilanz.
In Südtirol sind heuer laut der Gewerkschaft SGK/UIL 3,6 Millionen Voucher für gelegentliche Mitarbeit ausgestellt worden. Der Landesabteilung für Arbeit zufolge wurde in den letzten zwei Monaten, seit Einführung der Meldepflicht vor Arbeitsantritt, auf diese Weise mit 11.000 Personen in Südtirol ein Beschäftigungsverhältnis abgeschlossen. Durchschnittlich würden pro Tag 1.000 Menschen in Südtirol unter diesem prekären Vertrag arbeiten, insbesondere im Gastgewerbe und im Handel.
Knapp 90.000 Meldungen zur Beschäftigung mit Wertgutscheinen, den sogenannten Voucher, sind seit Beginn der Meldepflicht vor rund zwei Monaten im Arbeitsinspektorat des Landes eingegangen. Bekanntlich müssen Betriebe und Unternehmen, die Arbeitnehmer mit Wertgutscheinen beschäftigen, vor Arbeitsbeginn die wichtigsten Informationen dem Arbeitsinspektorat mittels E-Mail mitteilen. In diesen zwei Monaten sind in rund 4.500 Betrieben fast 11.000 Personen mit Vouchern beschäftigt worden.
Die Beobachtungsstelle für den Arbeitsmarkt hat die Meldungen etwas genauer unter die Lupe genommen und eine interessante Feststellung gemacht: Fast ein Viertel der gesamten Voucherbeschäftigung konzentiret sich auf nur 44 Betriebe. Mit anderen Worten: Ein Prozent der Betriebe, die mit Wertgutscheinen entlohnte Arbeitnehmer gemeldet haben, decken 25 Prozent der Gesamtbeschäftigung mit dieser Form ab.
Durchschnittlich arbeiten pro Tag rund 1.040 Menschen in Südtirol mit diesem prekären Vertrag, das entspricht 0,5 Prozent der abhängigen Beschäftigung. Die Arbeitsdauer beträgt im Schnitt etwas mehr als die Hälfte eines herkömmlichen Arbeitstages, nämlich 4,4 Stunden. Insgesamt entsprechen die Vouchertätigkeiten einem Arbeitsvolumen von 760 Arbeitnehmern mit einem Vollzeitvertrag.
Die Beschäftigung mit Wertgutscheinen schwankt stark zwischen den einzelnen Wochentagen. Die meisten Anstellungen mit Vouchern erfolgen jeweils am Freitag und Samstag. Am wenigsten werden diese geringfügigen Beschäftgungen an den Montagen in Anspruch genommen.
Die zwei größten Sektoren, die Beschäftigungsverhältnisse mit Vouchern meldeten, sind das Gastgewerbe (33 Prozent aller Stunden) und der Handel (26 Prozent). Insgesamt werden dabei mehr Frauen als Männer eingesetzt. Weniger als die Hälfte der Meldungen betreffen Arbeitnehmer zwischen 30 und 60 Jahren, während fast ebensoviele der Arbeitnehmer unter 30 Jahre alt sind. Nur 14 Prozent entfallen auf ältere Arbeitnehmer über 60 Jahre.
“Diese Daten beziehen sich auf einen besonderen Zeitraum, da die ersten Wochen im Gastgewerbe zur Nebensaison zählten und dann die vorweihnachtliche Hochsaison einsetzte”, erklärt der Abteilungsdirektor für Arbeit, Helmuth Sinn. “Während der Advent- und Weihnachtszeit wurden die Voucher im Handel und im Gastgewerbe verstärkt eingesetzt. Der Höchstwert wurde am 9. Dezember (Black Friday) mit 2.260 Stunden erreicht und der Tiefstwert von weniger als 80 Stunden am 25. Dezember.”