Von: mk
Bozen – Tony Tschenett, Vorsitzender des Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbundes (ASGB), bekräftigt seine Unterstützung der Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn in Italien mit dem Umstand, dass laut Daten des staatlichen Fürsorgeinstitutes NISF/INPS 22 Prozent der Lohnabhängigen in der Privatwirtschaft weniger als neun Euro die Stunde verdienen würden und neun Prozent sogar weniger als acht Euro.
Laut Tschenett sei die Konsequenz dieses Lohndumpings augenscheinlich: Im Vergleich zu den meisten EU-Staaten – in 22 von 28 Ländern erhalten Arbeitnehmer momentan den Mindestlohn in Europa – sei Italien im wenig ruhmreichen Spitzenfeld jener Länder angesiedelt, die am stärksten mit Erwerbsarmut zu kämpfen hätten. Dieser Umstand würde die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes durchaus rechtfertigen.
„Wenn man von einem Vollzeitjob kaum leben kann, muss man Instrumente finden, dem gegenüberzutreten. Von daher macht ein gesetzlicher Mindestlohn Sinn. Ich würde sogar so weit gehen und fordern, dass der Mindesttarif von den geplanten neun Euro brutto pro Stunde Arbeitsleistung auf mindestens 9,50 Euro erhöht wird (dies wäre allein wegen der zukünftigen Pensionen erforderlich). Damit würden wir uns zwischen Frankreich, Niederlande, Irland und Belgien einreihen. Österreich hat zwar keinen gesetzlichen Mindestlohn, dennoch sind durch die Pflichtmitgliedschaft in der Arbeiterkammer 99 Prozent der österreichischen Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft von einem kollektivvertraglichen Mindestlohn abgedeckt, der nicht unter 1.500 Euro Brutto liegen darf – darauf haben sich die Sozialpartner geeinigt. In der Summe bedeutet dies, dass die Lohnabhängigen in der Privatwirtschaft in der Regel nicht unter 10,09 Euro verdienen“, zieht der ASGB-Chef einen Vergleich und widerlegt gleichzeitig die These, dass ein Mindestlohn, wie von den konföderierten Gewerkschaftenn CGIL, CISL und UIL kritisiert, Kollateralschäden verursachen würde: Diese ablehnende Haltung gegenüber jeglichen progressiven Ideen, die übrigens fast flächendeckend in Europa Standard wären, sei nicht nachvollziehbar.
Vor allem vor dem Hintergrund, dass es jenen Kräften, die nun gegen den Mindestlohn wettern, nicht gelungen sei, in den staatlichen Kollektivvertragsverhandlungen Tarife auszuhandeln, die ausreichend fürs Leben wären.
„Man darf den Mindestlohn nicht als Konkurrent gegenüber den Kollektivverträgen sehen, vor allem vor dem Hintergrund, dass Mindestlöhne eben nur Mindeststandards vorgeben. Aufgabe der Sozialpartner würde demnach sein, aufbauend auf diesen Mindestlöhnen einen für alle zufriedenstellenden Konsens zu finden“, schließt Tschenett.