Von: luk
Bozen – “Buy Now Pay Later” liegt im Trend. Doch was steckt dahinter und welche Risiken sind damit verbunden? Das Europäische Verbraucherzentrum EVZ möchte Aufklärungsarbeit leisten. Ein Beispiel:
Max hat in seinen Online-Einkaufswagen neue Schuhe gelegt. Beim Abschluss des Kaufs wird ihm bei den Zahlungsarten die Möglichkeit angeboten, die Ware in drei zinslosen Raten über eine Plattform zu bezahlen. Erfreut über diese Gelegenheit, schließt Marco den Kauf ab. Unmittelbar danach kauft er mit dem unerwartet “gesparten” Budget nach der gleichen Methode auch neue Kopfhörer.
Dieses Kaufmodell wird als “buy now, pay later” bezeichnet. Aber wie genau funktioniert diese Zahlungsabwicklung und vor allem, welche Problematiken beinhaltet sie?
Die Kaufformel buy now, pay later, was übersetzt so viel heißt wie “jetzt kaufen, später bezahlen”, sieht auf den ersten Blick aus wie der klassische Ratenkauf, ist aber in Wirklichkeit ein neues Modell mit mehreren Besonderheiten im Vergleich zum traditionellen Verbraucherkredit. Sie funktioniert so: “Die Plattform, welche die Dienstleistung anbietet, zahlt dem verkaufenden Unternehmen (dieses hat eine entsprechende Vereinbarung mit der Plattform getroffen) zum Zeitpunkt des Online-Kaufs den vollen Preis des Produkts, berechnet ihm aber eine Provision. Die Plattform verdient an der Provision, die Verkäufer:innen haben die Möglichkeit, ihren Umsatz zu steigern. Die Verbraucher:innen hingegen haben den Vorteil, dass sie die Zahlung in drei Raten aufteilen können, die sie monatlich zinslos an die Plattform zurückzahlen müssen (bei verspäteter Zahlung werden Strafgebühren fällig). Die Verbraucher:innen werden jedoch keiner Kreditwürdigkeitsprüfung unterzogen. Die Rückzahlungsfähigkeit wird vorab nicht überprüft z. B. durch die Vorlage des Lohnstreifens. Dies führt dazu, dass der Zugang zu Finanzmitteln extrem einfach und schnell ist”, erklärt das EVZ.
“Diese Art der Zahlungsabwicklung nimmt rasch zu und ist vor allem für jüngere Verbraucher interessant, die mit digitalen Zahlungen und Online-Einkäufen vertrauter sind und vielleicht noch nicht über ein hohes Einkommen verfügen. Es kann daher verlockend und gleichzeitig einfach sein, die Bezahlung seiner Einkäufe in drei Raten aufzuteilen, selbst bei günstigen Preisen. Außerdem kann diese Zahlungsmethode für junge Menschen, die noch kein festes Einkommen haben, eine Alternative zum klassischen Verbraucherkredit darstellen, zu dem sie wahrscheinlich keinen Zugang hätten”, so das EVZ weiter.
Die italienische Zentralbank Banca D’Italia berichtet in einer kürzlich durchgeführten Studie über diese Bezahlmethode, dass sie heute etwa vier Prozent der gesamten E-Commerce-Einkäufe in Italien (acht Prozent auf europäischer Ebene) ausmacht, wobei ein allgemeines Wachstum prognostiziert wird. Am häufigsten ist diese Art der Zahlungsabwicklung in den Bereichen Bekleidung und Unterhaltung zu finden, aber auch im Verlagswesen und im Einrichtungssektor.
Derzeit ist dieses Phänomen weder auf EU-Ebene noch auf nationaler Ebene spezifisch geregelt, da die Bestimmungen für Verbraucherkredite formell nicht gelten (obwohl allgemeine Transparenzpflichten, die für den Bankensektor gelten, als anwendbar angesehen werden können, berichtet auch die Banca D’Italia). “Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Thematik in naher Zukunft in irgendeiner Form geregelt werden wird, und einige Maßnahmen, die vermutlich die anwendbaren Normen verschärfen werden, werden bereits vom Europäischen Rat und vom Europäischen Parlament geprüft”, heißt es weiter.
Doch welche Risiken gibt es zu beachten?
“Das größte Risiko besteht sicherlich darin, den Überblick über die eigene Verschuldung zu verlieren. Viele kleine Käufe, die in Raten zu bezahlen sind, mögen unerheblich erscheinen, wenn es aber zu viele sind, können sie bei mangelnder Vorsicht zu Schwierigkeiten bei der Rückzahlung führen. Vor allem jüngere Menschen sollten ihre finanziellen Möglichkeiten mit Bedacht einschätzen. Verantwortungsbewusst kaufen und nur das kaufen, was man wirklich braucht (und natürlich auch nur jenes, was man sich leisten kann!) sollte das Mantra eines bewussten und nachhaltigen Konsums sein. Nicht zu unterschätzen ist auch der ‘psychologische’ Aspekt, der bei den Käufern ausgelöst wird: Sie haben das Gefühl, weniger auszugeben, werden aber wahrscheinlich insgesamt mehr ausgeben”, warnt das EVZ.
Ein weiterer Grund zur Sorge sei die fehlende Regulierung dieser Bezahlmethode. “Probleme können in der Tat sowohl in der Phase vor dem Kauf auftreten, insbesondere wenn die vorvertraglichen Informationen nicht ausreichend transparent sind, als auch in der Phase nach dem Kauf. Für die Verbraucher wird es komplizierter, ihre vom Gesetzgeber vorgesehenen Rechte auszuüben, insbesondere die gesetzliche Garantie und das Rücktrittsrecht. Denn in der klassischen Beziehung zwischen der kaufenden und verkaufenden Partei gibt es einen Dritten, die Zahlungsplattform, die den Kaufpreis vorgestreckt hat. Wenn Verbraucher beschließen, das Rücktrittsrecht innerhalb der gesetzlich garantierten 14 Tage auszuüben und das Produkt zurückschicken, oder wenn Reparaturen, Ersatz oder Rückerstattungen aufgrund von Konformitätsmängeln vorgenommen werden müssen, können sich etwaige Probleme oder Diskussionen mit dem Unternehmen auch auf die noch zu zahlenden Raten auswirken, da der Kaufvertrag und der Finanzierungsvertrag miteinander verbunden sind”, heißt es weiter.
“Die ersten Meldungen in dieser Richtung gehen auch beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) Italien ein”, sagt Stefano Albertini, Koordinator des EVZ -Büro Bozen, und er fährt fort “es ist daher in jedem Fall ratsam, immer darauf zu achten, neben dem Unternehmen auch die Zahlungsplattform zu informieren, wenn man von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch macht und Konformitätsmängel meldet.”
Einige Plattformen haben auf der Website und in der App spezielle Bereiche für diese Meldungen. “In einigen Fällen wird den Verbrauchern zwar eine zusätzliche vertragliche Garantie angeboten, aber in der Praxis können die Abstimmungsprobleme zahlreich und möglicherweise nicht einfach zu lösen sein, wenn es keine Vereinbarung mit dem Unternehmen gibt. Achtung: Wenn Sie bei Problemen mit dem Unternehmen von sich aus die Ratenzahlungen an die Plattform ohne deren vorherige Zustimmung aussetzen, könnten die vorgesehenen Strafgebühren verhängt werden”, so das EVZ abschließend.