Von: luk
Bozen – Das Land Südtirol erkennt Videospielsucht als neue Suchtform an und regelt die Betreuung Betroffener. Das hat die Landesregierung am heutigen Dienstag beschlossen.
Die problematische Nutzung von Computerspielen oder “Gaming Disorder” kommt immer häufiger auch in Südtirol vor und hat in Pandemiezeiten deutlich zugenommen. Sie gehört zu den neuen Abhängigkeiten oder Verhaltenssüchten ohne Einnahme chemischer Substanzen und ist von der Weltgesundheitsorganisation WHO offiziell als Krankheit anerkannt.
Mit dem heutigen Beschluss verleiht die Landesregierung der Spielstörung auch auf Landesebene offizielle Anerkennung, erläutert Gesundheitslandesrat Thomas Widmann: “Die Nachfrage von Hilfe suchenden Betroffenen und deren Familien steigt und betrifft insbesondere jüngere Generationen: Um sie unterstützen zu können, haben wir diese Form der Spielstörung offiziell als Pathologie anerkannt und als Extra-LEA eingeordnet – also als Gesundheitsleistung, für die das Land aufkommt. Damit gehen wir über die staatlich vorgesehenen Mindestleistungen hinaus.” Dies sei Voraussetzung für eine Behandlung in Ticketbefreiung, wie sie bereits für das pathologische Glücksspiel vorgesehen ist.
Für die Feststellung der Krankheit werden neun Indikatoren von der Fachwelt berücksichtigt: Computerspielnutzung als dominierende Beschäftigung, Entzugssymptome bei Konsumverhinderung, Toleranzentwicklung, Kontrollverlust, Interessenverlust, Fortführung des Konsums trotz negativer Konsequenzen, Verheimlichung des Nutzungsausmaßes, Emotionsregulation durch die Computerspielnutzung, Gefährdung wichtiger zwischenmenschlicher Beziehungen. Wenn mindestens fünf davon vorliegen und sich über einen Zeitraum von 12 Monaten wiederholen, wird das pathologische Verhalten als solches diagnostiziert.
In Südtirol ist der Verein “Hands Onlus” eine zentrale Anlaufstelle für Menschen mit Suchtverhalten. Seit 2018 läuft mit “Young-Hands” zudem ein Pilotprojekt im Bereich der Online-Spielsucht in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Sanitätsbetrieb, das speziell Jugendliche und junge Erwachsene berät, betreut und eventuell weitervermittelt. Die Landesregierung hat diese Dienstleistung nun ebenfalls anerkannt und damit zusammenhängend auch das entsprechende Finanzierungssystem.
Die erbrachten Leistungen für Menschen mit Verhaltenssüchten verdoppelten sich im Jahr 2021. Die Hälfte der Betreuungsanfragen war auf Internetsüchte in verschiedener Form zurückzuführen. Wiederkehrende Symptome und Alarmglocken waren unter anderem zunehmende Aggression, Schulabbruch, Komorbidität insbesondere mit Depressionen, die durch sozialen Rückzug verschlimmert wurden.