Von: apa
Angesichts der weltpolitisch unsicheren Zeiten und des internationalen Zollkonflikts hat die auf Osteuropa und Zentralasien fokussierte Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) ihre Prognose für die Wirtschaft in ihren Regionen weiter zurückgeschraubt. Für das heurige Jahr rechnet sie nun mit einem Wachstum von im Schnitt 3 Prozent – im Februar hatte sie noch 3,2 Prozent erwartet, im September 3,5 Prozent. Die Prognose für 2026 bleibt vorerst bei 3,4 Prozent.
“Die Unwägbarkeiten in der Handels- und Wirtschaftspolitik haben sich 2025 massiv verschärft”, heißt es in den am Dienstag publizierten “Regional Economic Prospects” der EBRD. Die externe Nachfrage, vor allem aus Westeuropa, habe sich insgesamt abgeschwächt und die Anhebung vieler Importzölle zeige direkte und indirekte Auswirkungen. In die Prognosen eingeflossen seien auch der anhaltende Krieg Russlands gegen die Ukraine, der Gaza-Krieg und die volatile Lage im Nahen Osten.
Die vorliegenden Prognosen betreffen einen Wirtschaftsraum mit fast 40 Ländern, der sich von Mitteleuropa über den Balkan und die südlichen und östlichen Mittelmeeranrainerstaaten bis nach Zentralasien erstreckt. In den Jahren 2023 und 2024 hatten die EBRD-Länder ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich jeweils 2,8 Prozent ausgewiesen, nach 3,4 Prozent im Jahr 2022.
Ukraine soll sich 2026 spürbar erholen
Für die weiterhin kriegsgeplagte Ukraine hat die Entwicklungsbank ihre Wachstumserwartungen für 2025 auf 3,3 Prozent nach unten revidiert; für 2026 wird unverändert ein BIP-Anstieg von 5 Prozent erwartet – davon ausgehend, dass der Konflikt mit Russland beendet wird und der Wiederaufbau des Landes startet. 2024 sei das Wirtschaftswachstum gegenüber 2023 in der Ukraine kriegsbedingt von 5,3 auf 2,9 Prozent eingebrochen. Heuer im März kletterte die Inflation in dem Land auf 14,6 Prozent. Die Teuerung dürfte sich im ersten Halbjahr weiterhin auf hohem Niveau bewegen, ehe sie sich gegen Jahresende auf einstellige Zahlen beruhigt, heißt es in dem Bericht.
Wesentlich weniger zuversichtlich ist die EBRD für Russland, wo sich das BIP zuletzt (2024) infolge der substanziellen Militärausgaben der Regierung um 4,3 Prozent erhöht habe. “Es gibt vermehrt Anzeichen dafür, dass das kriegsbedingte Wachstum an Schwung verliert”, schreibt die Entwicklungsbank. Die Inflation habe im März vor allem wegen der starken Verteuerung von Lebensmitteln 10,3 Prozent erreicht. Das Wirtschaftswachstum dürfte sich 2025 und 2026 auf 1,5 Prozent einbremsen, erwartet die EBRD.
Die Anhebung der US-Einfuhrzölle, die bis Mitte April 2025 in Kraft getreten sind – 25 Prozent auf Stahl, Aluminium und Autos und 10 Prozent zusätzlich auf alles -, dürfte die Zollbelastung der EBRD-Länder gegenüber dem abgelaufenen Jahr von im Schnitt 1,8 Prozent auf 10,5 Prozent mehr als verfünffachen. Der stärkste direkte negative Effekt stehe voraussichtlich der Slowakei ins Haus – die Zusatzzölle belasten das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes laut EBRD mit 0,8 Prozent. Dahinter folgen Jordanien mit 0,6 Prozent und Ungarn mit 0,4 Prozent. Die Zölle auf Autos machen in der Slowakei 83 Prozent des Zusatzvolumens aus, in Ungarn 41 Prozent. Von den erhöhten US-Zöllen signifikant stärker als andere Länder betroffen sei derzeit China.
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