VZS sieht Entwicklung mit Sorge

“Familien geben für Glücksspiele mehr als für Gesundheit aus”

Donnerstag, 09. November 2017 | 12:56 Uhr

 

Bozen – Die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) sieht eine übermäßige Belastung der Familienhaushalte durch verlockende, oft auch irreführende Glücksspiele. Gegen die Irreführung hat die Verbraucherzentrale Südtirol bereits 2010 Eingaben bei der Antitrustbehörde und bei den römischen Parlamentsfraktionen gemacht.”Leider ist nichts passiert! Viel Schlimmer! Fünf Jahre lang hat die Agentur für Zoll und Monopole keine offiziellen Glücksspieldaten mehr publiziert. Und jetzt die Ernüchterung. Die Glücksspieleinsätze sind in der Region von 1,205 Milliarden Euro jährlich auf 1,217 Milliarden gestiegen. Dabei sind die in den Wind geschriebenen Einsätze für ausländische Online-Gewinnspiele oder ähnliches wie „binäre Optionen“, illegale Online-Gewinnspiele und das in Südtirol beliebte Mitspielen bei deutschen und österreichischen Klassenlotterien usw. noch nicht mitgezählt.”

“Nachdem Experten davon ausgehen, dass die Glücksspieleinsätze in der Region jeweils zu 50 Prozent auf die beiden Provinzen aufgeteilt werden können (bei der Agentur für Zoll und Monopole ist die verfassungsmäßige Aufteilung der Region Trentino Südtirol in zwei autonome Provinzen noch nicht angekommen), ergibt sich für Südtirol die unglaubliche Summe von einer Pro-Kopf-Ausgabe von 1.145 Euro pro Jahr (also von den Babys bis zu den Greisen). Die Agentur für Zoll und Monopole rechnet nunmehr die ausgezahlten Gewinne gegen die Glücksspieleinsätze auf und kommt hier bei uns auf durchschnittliche Ausgaben von 310 Euro pro Kopf und Jahr. Jedoch: Dieses gegenseitige Aufrechnen ist, wie viele Glücksspiele, auch irreführend. Die Spieler und Gewinner sind nicht die selben Personen. Und tendenziell gewinnen wenige Viel (siehe Rubbellose) und es spielen viele”, bemängelt die VZS.

“Glücksspieleinsätze von 1.145 Euro pro Jahr und Kopf sind in Bereich der Konsumausgaben der Familien leider unzureichend abgebildet. Diese fallen in den Bereich Freizeit (Gesamtausgaben pro Jahr 3.204 Euro) und sind mit 2.725 Euro jährlich pro Familie sicherlich nicht im richtigen Ausmaß dort angegeben, da der Bereich aus zahlreichen weiteren Posten besteht. Bezeichnend ist jedoch, dass die Ausgaben für Glücksspiele jedenfalls höher sind als jene z. B. für die Gesundheit, für Kommunikation und für Bekleidung”, so die Verbraucherzentrale.

Der Vorsitzende der VZS, Agostino Accarino, unterstreicht, dass „in Italien durchgeführte Studien belegen, dass Senioren besonders gefährdet und somit eine bevorzugte Zielgruppe für das Glücksspiel darstellen. Eine gemeinsame Studie von Gruppo Abele, Auser und Libera bestätigt, dass ein Drittel der Spielsuchtgefährdung über 65-Jährige betrifft“.

Der Geschäftsführer der VZS, Walther Andreaus ist überzeugt, dass „Glücksspiele leicht die Lebenshaltungskosten aus dem Ruder laufen lassen können. So wird dann für die Spielleidenschaft eines/r Einzelnen oft die finanzielle Grundlage der gesamten Familienmitglieder in Mitleidenschaft gezogen. Glücksspiel wird damit zunehmend zum sozialen Problem, nicht allein ein Abhängigkeitsproblem im Bereich der Gesundheit. Auch die Auswirkungen auf die Kaufkraft und damit auf die Wirtschaft sind nicht zu unterschätzen.“

Da helfe sicherlich keine Selbstbeschränkung im Rahmen von Projekten wie „Gioco sicuro“ sondern nur entschlossene Maßnahmen gegen das Überhandnehmen des Spieletriebs zu gewinnmaximierenden Zwecken. “Zur allgemeinen Spielsucht leisten auch die großen (öffentlichen) Fernsehanstalten mit ihren Spieleshows ihren Beitrag”, bemängelt die VZS.

 

Der Steckbrief der SpielerInnen:

 

In Italien spielen 47 Prozent der Notleidenden

56 Prozent der Personen mit einem mittel/niedrigen Einkommen

70 Prozent der Arbeitnehmer auf unbestimmte Zeit

80,2 Prozent der Gelegenheitsarbeiter

86 Prozent der Arbeitnehmer in Lohnausgleich

61 Prozent der Akademiker

70,4 Prozent der Maturanten

80,3 Prozent der Mittelschulabgänger

47,1 Prozent haben zwischen 15 und 19 Jahren

58,1 Prozent der Jungen

36,8 Prozent der Mädchen

 

Von: luk

Bezirk: Bozen