Teilzeitquote nimmt zu

Festanstellung „in“, Vertrag auf Zeit „out“

Mittwoch, 31. Januar 2024 | 11:42 Uhr

Bozen – Die Anzahl der Südtiroler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreichte 2023 ein neues Allzeithoch: 226.310 Personen waren im Jahressschnitt in Südtirol lohnabhängig beschäftigt, das entspricht einem Zuwachs von 2,2 Prozent gegenüber 2022. „Positiv hervorzuheben ist, dass Festanstellungen stärker angestiegen sind als Saisons- und anderen befristete Verträge“, merkt AFI-Präsident Andreas Dorigoni an. Dies sei dann auch die gute Seite des Fachkräftemangels, heißt es weiter vom AFI, denn „Arbeitgeber, die gute Leute an sich binden bzw. finden wollen, kommen an einer Festanstellung nicht vorbei“. Wie die Daten weiters belegen, ist der Südtiroler Arbeitsmarkt zunehmend auf Arbeitskräfte mit ausländischer Staatsbürgerschaft angewiesen. Unter der Südtiroler Arbeitnehmerschaft kletterte die Ausländerquote im Jahr 2023 auf 15,8 Prozent.

Südtirols Arbeitsmarkt erreicht ein neues Allzeithoch: Noch nie arbeiteten so viele Arbeitnehmer für die Südtiroler Wirtschaft wie 2023, nämlich 226.310 im Jahresschnitt. Das ist ein Plus von 2,2 Prozent gegenüber 2022. Diese Dynamik blieb im gesamten Jahresverlauf intakt, das heißt, sie nahm gegen Jahresende weder zu noch schwächte sie sich ab.

Festanstellungen auf dem Vormarsch

Die Festanstellungen haben stärker zugenommen als die befristeten Verträge. Waren 2022 noch 160.172 Arbeitnehmer festangestellt, waren es 2023 schon 163.891 – also rund 3.700 mehr, was einem Zuwachs von 2,3 Prozent entspricht. Die Anzahl der befristeten Verträge nahm von 61.364 um rund 1.000 Einheiten bzw. 1,7 Prozent auf 62.419 zu. Für einen Arbeitnehmer liegen die Vorteile einer Festanstellung auf der Hand: ein Job mit Perspektive, mehr Identifikation mit dem Unternehmen, größere Weiterbildungsbereitschaft, mehr Sicherheit in der Lebensplanung, erleichterter Zugang zu eventuellen Krediten. AFI-Direktor Stefan Perini erinnert an folgenden Sachverhalt: „2018 hatten wir die Alarmglocken geläutet, weil die prekäre Beschäftigung mittlerweile drei von zehn Arbeitnehmern betraf. Heute können wir feststellen, dass sich dieser Trend nach Corona zum Glück nicht fortgesetzt und sich mit 27,6 Prozent im Jahr 2023 abgeflacht hat.“

Saisonale Schwankungen bleiben stark

Blickt man auf das Beschäftigungsprofil im Jahresverlauf, erreichte die lohnabhängige Beschäftigung – wie in anderen Jahren auch – im September 2023 mit 241.944 Personen ihren Höchstwert, im November mit 214.164 ihr Jahrestief. Befristete Verträge finden sich insbesondere in den Branchen Landwirtschaft (72,5 Prozent der Jobs sind dort befristet) und dem Gastgewerbe (65,3 Prozent). „Das ist eine Eigenheit, für die es eigentlich immer weniger Gründe gibt, weil sich Südtirols Gastgewerbe immer mehr zur Ganzjahresdestination entwickelt. Ganzjahrestätigkeiten verlangen nach Ganzjahresjobs“, unterstreicht Dorigoni.

Teilzeitquote nimmt zu

Die Teilzeitquote in Südtirol nimmt immer mehr zu und kletterte 2023 auf 28,5 Prozent. Diese Entwicklung ist mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge zu betrachten. Ebnet dieses Modell einerseits vorwiegend Frauen, welche zeitgleich Sorgearbeit (Kinder, Pflege, Haushalt) übernehmen, den Weg in den Arbeitsmarkt, weiß man auch von den Nachteilen von Teilzeitarbeit für die Erwerbs- und Rentenbiografie. Des Weiteren ist nicht gesagt, dass jedes Teilzeitverhältnis auch dem eigenen Arbeitszeitwunsch entspricht – unter Umständen könnte es auch vom Arbeitgeber „aufgezwungen“ sein (sog. unfreiwillige Teilzeit).

Ausländische Arbeitskräfte immer wichtiger

Südtirols Arbeitsmarkt ist immer stärker auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Besonders stark macht sich das in den Branchen mit hoher Saisonalität bemerkbar, aber nicht nur dort. Die Ausländerquote erreichte 2023 mit 15,8 Prozent ihr Allzeithoch. Ohne diese Arbeitskräfte von außen (Personen aus anderen Provinzen Italiens sind hier nicht einmal mit eingerechnet!) würde Südtirols Wirtschaft kollabieren. Unter diesen Vorzeichen erscheint eine Politik, die darauf abzielt, den sog. „Brain drain“ aus Südtirol einzudämmen, drängender denn je.

Landeszusatzverhandlung im Dornröschenschlaf

Wie das AFI im Spätsommer 2023 in einer Kurzstudie ermittelt hat (siehe AFI-Zoom Nr. 72 „Das territoriale Lohnelement in den Südtiroler Landeszusatzverträgen), sehen nur 13 der 43 untersuchten Sektoren einen Landeszusatzvertrag in Ergänzung zum jeweiligen nationalen Kollektivvertrag (NAKV) vor. Positiv sticht das Metallhandwerk hervor: In dieser Branche liegt der kollektivvertragliche Grundlohn eines neueingestellten qualifizierten Arbeiters durch das Landeszusatzelement von rund 187 Euro brutto um 12,8 Prozent über dem gesamtstaatlichen Kollektivvertrag. Das Ende der Fahnenstange bildet der Handel (ein Lohnelement von acht Euro brutto monatlich entspricht einer Aufbesserung von bloß 0,5 Prozent bezogen auf das Bruttogehalt im NAKV). Des Weiteren ist zu sagen, dass die territorialen Lohnelemente in den Landeszusatzverträgen nicht immer zeitgerecht erneuert werden – die Regel ist eine Anpassung alle drei Jahre.

Einer von acht Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft verdient weniger als neun Euro brutto die Stunde

Wie das ASTAT in einer experimentellen Untersuchung auf der Grundlage von NISF-Daten festhält (siehe ASTAT-Mitteilung 59/2023), haben im Jahr 2021 rechnerisch 11,9 Prozent der Arbeitnehmenden in der Privatwirtschaft einen Stundenlohn von weniger als neun Euro brutto pro Stunde eingestrichen – das ist jene Schwelle, die in Italien bis vor weniger Wochen als Referenz für die eventuelle Einführung eines gesetzlichen Mindeststundenlohns in Betracht gezogen wurde. Die in Südtirol im Verhältnis zu Italien höheren Lebenshaltungskosten sind dabei nicht einmal in Betracht gezogen.

Von: mk

Bezirk: Bozen