"Restrisiko bleibt"

Fluggesellschaft pleite: Was müssen betroffene Passagiere wissen?

Mittwoch, 16. August 2017 | 13:29 Uhr

Bozen – Nachdem bereits im Mai 2017 Alitalia in „außerordentliche Sonderverwaltung“ gestellt wurde, folgt nun der nächste Absturz am europäischen Flughimmel: Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin hat am 15.08.17 Antrag auf Eröffnung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens gestellt. Was bedeutet dies für reisende Verbraucher?

Das Wichtigste gleich vorweg: Die Flüge von Air Berlin sollten in den kommenden drei Monaten ordnungsgemäß durchgeführt werden. Die Weiterführung des Flugbetriebes wird durch einen Brückenkredit von 150 Mio. Euro durch die deutsche Bundesregierung gewährleistet. Air Berlin selbst versichert auf der eigenen Webseite (https://flights.airberlin.com/de-DE/airberlin), dass alle Flüge weiterhin stattfinden, der Flugplan und bereits gebuchte Tickets gültig bleiben, und Flüge auch weiterhin gebucht werden können.

“Trotzdem werden sich wohl einige Verbraucher Sorgen machen, ob ihr gebuchter Flug auch tatsächlich durchgeführt wird. Wer sich nicht auf die Zusagen der Fluggesellschaft verlassen will und meint, das Flugticket kostenlos stornieren zu können, sollte zunächst überprüfen, welcher Tarif gebucht wurde. Billige Tarife sind normalerweise nicht kostenlos umbuchbar oder stornierbar. Das bedeutet, dass dem Verbraucher im Falle einer Stornierung nur der Anteil an Steuern und Gebühren erstattet werden muss. Somit ist eine überstürzte Stornierung nicht unbedingt sinnvoll – zunächst heißt es abwarten und die Situation und die zukünftigen Entwicklungen genau zu beobachten”, so das Europäische Verbraucherzentrum.

„Momentan gibt es auf EU-Ebene keine gesetzlich verpflichtende Insolvenzabsicherung für Fluggesellschaften, wie sie z. B. für Reiseveranstalter vorgesehen ist. Das bedeutet, dass der Verbraucher das Ausfallrisiko trägt, wenn die Fluggesellschaft in Konkurs geht, und der Verbraucher ist rechtlich nicht vor einer Insolvenz der Fluggesellschaft geschützt“, erklärt Monika Nardo, Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums Italien – Büro Bozen. „Es gibt zwar Bestrebungen, eine solche Pflichtversicherung EU-weit einzuführen; ob diese aber auch tatsächlich eingeführt wird, ist zur Zeit leider nicht absehbar“, fährt Monika Nardo fort.

Um einiges klarer ist die Rechtslage für all jene, die eine Pauschalreise (z. B. Paket bestehend aus Flug + Hotel) gebucht haben. In diesem Fall muss der Reiseveranstalter sicher stellen, dass der Verbraucher befördert wird und gegebenenfalls einen Ersatzflug organisieren: “Somit sind Pauschalreisende abgesichert”, so das EVZ.

“Wer sich nun trotz allem überlegt, im Herbst mit Air Berlin (oder Alitalia) zu fliegen, sollte den Flug zur Sicherheit mit Kreditkarte buchen: Über das sogenannte „Chargeback“-Verfahren (http://bit.ly/2x3Fzah) kann der Verbraucher versuchen, die Erstattung der Ticketkosten vom Kreditkartenunternehmen zu fordern, sollte die Airline den Flugbetrieb einstellen müssen. Dennoch bleibt ein gewisses Restrisiko – im Worst-case-Szenario bleibt der Verbraucher wohl auf den Kosten sitzen, wenn der Flugbetrieb eingestellt wird. Von langfristigen Buchungen ist beim derzeitigen Stand der Dinge abzuraten. Wer einen offenen Entschädigungsanspruch bei Air Berlin geltend machen will, kann sich in das Insolvenzverfahren einlassen – wenn dies vom zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg eröffnet wird – und die Forderung im Verfahren anmelden. Da aus der Insolvenzmasse jedoch zunächst die bevorzugten Gläubiger, wie Aktionäre, Banken, Arbeitnehmer und der Staat befriedigt werden, stehen die Chancen schlecht, dass die offene Forderung tatsächlich zurückgewonnen werden kann”, heißt es abschließend.

Von: luk