Von: mk
Bozen – Genau 79 Prozent der Arbeitnehmer in Südtirol haben sich beruflich in den letzten zwölf Monaten in irgendeiner Form weitergebildet. „Ein im internationalen Vergleich nicht schlechter Wert, aber noch mit viel Luft nach oben“, kommentiert AFI-Präsidentin Christine Pichler die Zahlen. Kritisch befindet das AFI, dass der Zugang zur beruflichen Weiterbildung gerade schwächeren Kategorien stets verschlossen bleibt.
Vier von fünf Arbeitnehmern haben in den letzten zwölf Monaten mindestens an einer beruflichen Weiterbildung teilgenommen. Das geht aus dem Themenblock im AFI-Barometer – Herbst 2017 hervor, der in diesen Tagen vom Institut ausgearbeitet wurde. Berufliche Weiterbildung kann auf die verschiedensten Arten und Weisen stattfinden – durch Teilnahme an Kursen, Tagungen, Seminaren, aber auch innerhalb des Betriebes, wenn der Chef anlernt oder Knowhow zwischen Kollegen ausgetauscht wird. „Sehr häufig läuft der Wissenstransfer allerdings immer noch asymmetrisch, sprich, Erfahrungswissen wird von den Älteren auf die Jüngeren übertragen“, berichtet AFI-Direktor Stefan Perini. Dabei sei es gerade in Zeiten des beschleunigten technischen und digitalen Wandels wichtig zu signalisieren, wie wertvoll der Wissenstransfer auch in die andere Richtung sein kann, also von Jung auf Alt.
Transversale Weiterbildungswünsche
In einer schnelllebigen Wirtschaftswelt ändern sich auch die Berufe – es entstehen neue, andere verschwinden, wieder andere erfahren eine Zuspitzung der Fertigkeiten. Somit genügt es nicht mehr, sich allein in dem Job fortzubilden, den man gerade ausübt. Dessen sind sich die Südtiroler Arbeitnehmern durchaus bewusst – und das beweisen die Nennungen, die stark auf sogenannte „transversale Kompetenzen“ hindeuten. Der Wunsch nach Weiterbildung in Fremdsprachen (von 28 Prozent aller Arbeitnehmer angeführt), die Schärfung von persönlichen und organisatorischen Kompetenzen (20 Prozent) sowie Informatik (20 Prozent) ist sektorenübergreifend stark ausgeprägt. Besonders hoch ist der Beteiligungsgrad an beruflicher Weiterbildung im öffentlichen Sektor und bei den privaten Dienstleistungen. Wenig erstaunlich werden gerade jüngere Beschäftigte in der Weiterbildung gepusht.
Die Problemfelder
Der Umstand, dass Südtirol zumindest im nationalen Vergleich in der beruflichen Weiterbildung recht gut dasteht, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Problemfelder gibt. Eines davon ist, dass der Zugang zur beruflichen Weiterbildung nicht allen Kategorien in gleichem Maß offensteht. Zwar geben nur knapp 21 Prozent der Arbeitnehmer in Südtirol an, in den letzten zwölf Monaten keine berufliche Weiterbildung genossen zu haben, doch der Anteil steigt auf 31 Prozent im Hotel und Gastbewerbe, auf 32 Prozent im Verarbeitenden Gewerbe, auf 34 Prozent in Baugewerbe und Handel. Von beruflicher Weiterbildung ausgeschlossen sind in höherem Maße Teilzeitkräfte (28 Prozent) als Vollzeitkräfte (18 Prozent), mehr Angestellte in der Privatwirtschaft (25 Prozent) als im Öffentlichen Dienst (zehn Prozent).
„Die eigene Attraktivität am Arbeitsmarkt zu steigern ist für Arbeitnehmer gleich aus mehreren Gründen entscheidend: Zum einen sinkt durch ständige berufliche Weiterbildung die Wahrscheinlichkeit, der Rationalisierung durch Digitalisierung zum Opfer zu fallen. Zum anderen steigen für gut ausgebildete Fachkräfte gerade in Zeiten eines leergefegten Arbeitsmarktes die Chancen, sich auf dem Arbeitsmarkt neu zu positionieren“, erklärt AFI-Präsidentin Christine Pichler.