Von: mk
Bozen – Am 1. Januar 2022 sind neue Vorschriften im Bereich der gesetzlichen Garantie (Gewährleistung) von Verbrauchsgütern in Kraft getreten, die den Schutz der Verbraucher beim Kauf von nicht vertragsmäßigen Waren stärken.
Mit der Verabschiedung der EU-Richtlinie 2019/771 wollte die Europäische Union zum einen Rechtsvorschriften aktualisieren, die nicht mehr mit der technologischen Entwicklung Schritt halten, zum anderen aber auch die in den einzelnen EU-Ländern geltenden Vorschriften weiter vereinheitlichen, um mehr Rechtssicherheit und grenzüberschreitende Verkäufe zu gewährleisten.
Die Richtlinie stellt es den einzelnen EU-Ländern frei, einen höheren Schutz zu gewähren. Das Europäische Verbraucherzentrum Italien (EVZ) mit Sitz in Bozen gibt zu diesen besonderen Schutzmechanismen, die von den Vorschriften der verschiedenen EU-Länder vorgesehen sind, einen ersten Überblick. Diese sind vor allem für den Online-Handel und alle grenzüberschreitenden Einkäufe nach dem 1. Januar 2022 von Bedeutung.
Was sahen die Vorschriften vor den Änderungen durch die EU-Richtlinie 2019/771 vor?
Vor Inkrafttreten der neuen Regelung sah die Richtlinie 44/1999/EG eine gesetzliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren ab der Lieferung eines neuen Produkts vor: Während der ersten sechs Monate wurde davon ausgegangen, dass ein etwaiger Mangel bereits zum Zeitpunkt des Kaufs bestand, wobei eine Umkehr der Beweislast zugunsten der Verbraucher vorgesehen war. Die Verbraucher waren jedoch verpflichtet, dem Verkäufer den Mangel innerhalb von zwei Monaten nach seiner Entdeckung zu melden, andernfalls erlosch die gesetzliche Garantie. Für Gebrauchtwaren konnte die gesetzliche Mindestgarantiezeit auf ein Jahr verkürzt werden. Diese Vorschriften gelten noch für Verträge, die bis zum 31. Dezember 2021 abgeschlossen wurden.
Welche Regeln gelten seit dem 1. Januar 2022 in Italien?
Das Gesetzesdekret 170 aus dem Jahr 2021, mit dem die EU-Richtlinie 2019/771 im Verbraucherkodex umgesetzt wurde, behält die gesetzliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren bei. Für gebrauchte Waren kann ein kürzerer Zeitraum festgelegt werden, der jedoch nicht weniger als ein Jahr betragen darf. Eine wichtige Neuerung ist die Abschaffung der Verpflichtung der Verbraucher:innen, den Mangel innerhalb von zwei Monaten nach seiner Entdeckung zu melden. Auch die Frist für die Umkehr der Beweislast, wonach es dem Verkäufer obliegt, die Vertragsmäßigkeit des Produkts zu beweisen, wenn der Verbraucher einen Mangel meldet, wurde zugunsten der Verbraucher:innen auf ein Jahr (nicht mehr sechs Monate) verlängert. Darüber hinaus werden spezifische subjektive und objektive Anforderungen an die Waren angeführt, die erfüllt sein müssen, um als vertragskonform zu gelten, und es werden besondere Bestimmungen für digitale Waren festgelegt, darunter die Verpflichtung des Unternehmens, regelmäßig kostenlose Updates bereitzustellen.
Haben andere EU-Mitgliedstaaten ähnliche Vorschriften erlassen?
Jeder Mitgliedstaat konnte strengere Schutzvorschriften einführen. So haben beispielsweise Österreich, Frankreich und Deutschland die gesetzliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren für neue Waren beibehalten. Portugal und Spanien hingegen haben beschlossen, die gesetzliche Gewährleistungsfrist für neue Waren auf drei Jahre zu erhöhen, und die Vertragsparteien können vertraglich eine Gewährleistungsfrist von mindestens 18 Monaten für Gebrauchtwaren vereinbaren. Portugal hat auch eine besondere Regelung für wiederaufbereitete („refurbished“) Waren eingeführt, indem diese mit einer gesetzlichen Garantiezeit von drei Jahren neuen Waren gleichgestellt sind.
Was die gesetzliche Gewährleistung für Gebrauchtwaren anbelangt, so haben Österreich, Deutschland und Spanien die Möglichkeit beibehalten, die Gewährleistungsfrist vertraglich auf bis zu ein Jahr zu verkürzen. Österreich hat außerdem vorgesehen, dass die Verkürzung der Laufzeit der gesetzlichen Gewährleistung Gegenstand einer besonderen Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien sein muss, da es nicht ausreicht, wenn diese Regelung in den allgemeinen Vertragsbedingungen enthalten ist.
Deutschland und Österreich sowie Italien haben die Frist für die Umkehr der Beweislast auf ein Jahr ausgedehnt und festgelegt, dass bei Käufen, die den Regeln des Verbraucherrechts unterliegen, davon ausgegangen wird, dass die Ware ab dem Zeitpunkt der Lieferung mangelhaft war, wenn der Mangel innerhalb des ersten Jahres nach dem Kauf auftritt, wobei der Verkäufer das Gegenteil beweisen muss.
Haben einige Mitgliedstaaten besondere Bestimmungen erlassen?
Slowenien und Portugal haben beispielsweise Sonderregelungen für den Fall eingeführt, dass der Mangel innerhalb von 30 Tagen nach dem Kaufdatum zutage kommt: In diesem Fall können Verbraucher das so genannte “Ablehnungsrecht” oder “Verweigerungsrecht” ausüben, d. h. sie können den Vertrag auflösen, ohne zu einem Austausch oder einer Reparatur verpflichtet zu sein. Die Rechtsnorm sieht eigentlich Austausch und Reparatur als erste Rechtsmittel bei einer nicht konformen Ware vor.
In Frankreich wurden Mechanismen eingeführt, die es den Verbrauchern erleichtern, bei Mängeln ihre Rechte geltend zu machen: So beginnt die Gewährleistungsfrist neu zu laufen, wenn das Unternehmen die mangelhafte Ware austauscht, während die Verbraucher den Vertrag auflösen können, wenn sie sich für den Austausch der Ware entscheiden und dieser nicht innerhalb von 30 Tagen erfolgt.
Die für die neuen Verträge geltenden Regeln werden neben der bisherigen Regelung bestehen, die für Verträge gilt, die bis zum 31. Dezember 2021 abgeschlossen wurden. Das Europäische Verbraucherzentrum Italien wird die Verbraucher weiterhin über die alten und neuen Vorschriften informieren, sie unterstützen, wenn ihre Rechte missachtet werden, sowie weitere Informationen und Aktualisierungen auf seiner Webseite und in den sozialen Medien bereitstellen.
Für weitere Informationen steht das Europäischen Verbraucherzentrum über E-Mail an info@euroconsumatori.org oder telefonisch unter 0471 980939 zur Verfügung.