Von: bba
Bozen – In der Schule kommt der Faire Handel trotz mancher Projekte und Bildungskoffer zu kurz. Die Weltläden planen jetzt eine Bildungsoffensive.
Fairness geht durch den Magen. In Zusammenarbeit mit Jugenddiensten und der Offenen Jugendarbeit Südtirols bieten die Weltläden in den Jugend- und Kulturzentren von Schlanders, Latsch, Naturns, Partschins, Meran, Lana, Neumarkt, St. Ulrich, Bruneck und Sand in Taufers „Fair Days“ an. Sie laden unter anderem zum fairen Brunch, zur FairKuchl, zum Backen von fairen Keksen und Zubereiten von fairen Cocktails ein. Ostereier werden gefärbt, Kleidertauschpartys und Modeschauen organisiert. Zum Einsatz kommen auch die Bildungskoffer der oew-Organisation für Eine solidarische Welt: Kleider oder ungerechte Wirtschaftskreisläufe werden thematisiert. Ziel der Initiative ist die Sensibilisierung und das Vorantreiben des fairen Tuns von jungen Menschen.
Anfang März ging es im Jugendzentrum von Partschins los: „Fair fridays“ nennt sich die dortige Veranstaltungsreihe. An vier Freitagen treffen sich junge Menschen, spielen das „Unfaire Spiel“, das unfaire Handelspraktiken weltweit aufzeigt, lernen mit dem Jeanskoffer der oew die weltweite Ausbeutung der Menschen in der Kleiderindustrie kennen, verkosten fair gehandelte Produkte und schauen gemeinsam einen Film über den fairen Handel. Eine Einladung zum Workshop zum Mixen von fairen und alkoholfreien Cocktails gibt es im Mai im Chillout in Latsch. Im Jugendzentrum Freiraum in Schlanders fertigen die Jugendlichen Pralinen mit fair gehandelter Schokolade an. Das Jux in Lana plant eine FairKuchl, lädt zum fairen Brunch und zum Cocktail-Workshop ein. Im JuZe in Naturns werden Kekse gebacken, der Jeanskoffer vorgestellt, eine Kleidertauschparty organisiert und bringt das „Unfaire Spiel“ der oew Licht in die dunklen Seiten der globalen Wirtschaft. Im Jugendtreff Saut in St. Ulrich wird faire Schokolade zubereitet und kommt der Jeanskoffer zum Einsatz. Der Jeanskoffer findet seinen Weg auch ins Ufo nach Bruneck – im Anschluss ebenfalls mit einer Kleidertauschparty. Auch Pralinen werden zubereitet.
Das Point in Neumarkt plant eine FairKuchl. Beim gemeinsamen Nähen sind im Februar bereits faire Faschingskostüme entstanden. Außerdem steht dort eine Kleidertauschparty an. Beim sommerlichen Zeltlager plant das Point ein gemeinsames Kochen mit den Jugendlichen mit fairen Produkten. Geschäftsführer Michele Braito erklärt: „Junge Menschen wollen ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen und mitgestalten.“ Der Faire Handel zeige ihnen Handlungsalternativen auf und gebe Antworten bei der Suche nach Anleitungen für das Gestalten einer gerechteren Welt.
Pro Angebot erwarten die Jugend- und Kulturzentren zwischen 15 und 25 Jugendliche. Die Aufklärung darüber, wie Fair Trade das Leben der Menschen im Globalen Süden verändern kann, tut not. Die Weltwirtschaft kennt kaum internationale Solidarität. Brigitte Gritsch betont: „Der Wert eines Unternehmens darf nicht primär an dessen Gewinn gemessen werden, sondern muss sich am Gemeinwohl der Menschen ausrichten.“ Sie koordiniert die Südtiroler Weltläden. Jugendliche hätten einen Sinn für Gerechtigkeit. Sie bräuchten aber nachvollziehbare Informationen über globale Zusammenhänge, um ihre Entscheidungen nachhaltig treffen und bei Diskussionen überzeugend argumentieren zu können.
Beim fairen Handel geht es um einen gemeinsamen Weg der Veränderung mit allen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette: von der Produktion über den Handel bis zur Kaufentscheidung vor dem Geschäftsregal. „Fair Trade“ ist der internationale Begriff für „Fairer Handel“. Fairer Handel stärkt Kleinbauern und -bäuerinnen, Plantagenarbeiter und Plantagenarbeiterinnen und ihre Familien. Sie sollen ihre Lebensbedingungen aus eigener Kraft langfristig verbessern können. Die Lebensmittel in den Südtiroler Weltläden sind nicht nur hochwertig, sondern fast durchwegs von biologischer Qualität. Bäuerinnen und Bauern, die in den fairen Handel verkaufen, seien keine passiven “Wohltätigkeitsobjekte”, sagt Brigitte Gritsch. Die Bäuerinnen und Handwerkerinnen wollten keine Almosen, sondern kämpften für ihre hochwertigen Produkte um einen fairen Preis. Die Verantwortliche der Weltläden unterstreicht: „Der Export der Kolonialprodukte hat Ausbeutung und Armut in die Anbauländer im Süden gebracht.“ Es sei an der Zeit, dass die Menschen in ihrer Heimat in Würde mit und von ihren Produkten leben könnten. Kaufen sei eine soziale und verantwortungsvolle Entscheidung, sagt sie. Daher treffe das gemeinsame Einkaufen, Kochen und Zubereiten von Gerichten, Pralinen oder Cocktails bei den „Fair Days“ den Nerv der jungen Leute: Alle Sinne werden aktiviert.
Weitere gemeinsame Initiativen werden gerne geplant. Jugendorganisationen, die an der Gestaltung von Fair Days interessiert sind, können sich bis zum Sommer bei der Koordinatorin der Südtiroler Weltläden Brigitte Gritsch unter Tel. +39 366 9821 798 melden.