Leichtere, elegante, moderne Weine nach anspruchsvollem Jahr im Weinberg

Jahrgang 2024: Außergewöhnlich in Weinberg und Keller

Mittwoch, 07. Mai 2025 | 14:03 Uhr

Von: mk

Bozen – Weißweine mit Frucht und Finesse und elegante, feingliedrige Rotweine: Auch wenn (oder gerade weil) das Weinbaujahr 2024 den Winzerinnen und Winzern in Südtirol keine Herausforderung erspart und die Erträge mancherorts schmerzhaft gedrückt hat, lässt der Jahrgang 2024 einiges erwarten.

Dass das vergangene Weinbaujahr besonders herausfordernd war, zeigen die meteorologischen Daten. So folgte auf den mildesten Winter seit Jahrzehnten und eine frühe Blüte um den 20. März ein Temperatursturz einen Monat später, der für verbreitete Frostschäden sorgte. Der Frost war allerdings nur der Auftakt, auch das anhaltend kühle, trübe Wetter sorgte für weniger Trauben mit weniger Beeren.

„Die niedrigsten Erträge waren bei Lagrein, Gewürztraminer und Pinot Grigio zu verbuchen, während sich Vernatsch, Merlot und Riesling vom Schlechtwetter während der Blüte relativ wenig beeinflusst gezeigt haben“, erklärt Hansjörg Hafner vom Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau. Mit Blick auf das Eisacktal spricht Andreas Huber vom Weingut Pacherhof in Neustift von 15 bis 70 Prozent Ertragsausfall, Martin Lemayr, Kellermeister der Kellerei Schreckbichl, sogar von vereinzelten Totalausfällen.

Anspruchsvolles Jahr, späte Ernte

Die meteorologischen Herausforderungen hatten zur Folge, dass später als sonst geerntet wurde – und das auch noch mit regenbedingten Unterbrechungen, „aber dadurch waren uns Kellereien zumindest einige Verschnaufpausen vergönnt“, schmunzelt Andreas Huber, der – wieder ernst – von einem „anspruchsvollen Jahr“ spricht, das viel Arbeit und Engagement im Weinberg erfordert habe. „Vor allem dort, wo große Hagelkörner einzelne Weinbeeren beschädigt hatten, musste händisch aussortiert werden“, so der Eisacktaler Winzer.

2024 war demnach aufgrund von Frost und Feuchtigkeit ein anspruchsvolles Jahr für die Südtiroler Weinbäuerinnen und -bauern. Das bestätigt auch Veronika Pfeifer vom Pfannenstielhof in Bozen: „Im Weinberg waren nicht nur intensive und sorgfältige Handarbeit notwendig, sondern auch Flexibilität und rechtzeitiges Handeln.“

Burgunder als Gewinner

Die witterungsbedingten Ausfälle sorgten dafür, dass in vielen Südtiroler Weinbergen um einiges weniger geerntet werden konnte als in den Jahren zuvor. „Durch präzise Laubarbeiten und eine sorgfältige Lese hat die Qualität der Trauben allerdings nicht gelitten“, so Pfeifer. Das gilt vor allem für die Burgundertrauben, die gesund und mit guter Reife eingebracht werden konnten. Martin Lemayr fällt daher auch ein entsprechend positives Urteil über den Blauburgunder des Jahrgangs 2024: „Er ist geprägt von frischen Fruchtaromen wie Himbeere und Sauerkirsche und hat eine sehr klare, intensive, leuchtend-strahlende Farbe“, so der Kellermeister der Kellerei Schreckbichl. „Die Weine haben weniger Süße und zeichnen sich durch Lebendigkeit, Eleganz und feingliedriger Gerbstoffstruktur aus.“

Einiges an Herausforderungen hielten dagegen die spät reifenden Sorten bereit. Hier waren schon bei der Ernte ein besonders gutes Gespür für den richtigen Zeitpunkt und viel Sorgfalt gefragt, um das Beste aus den Bedingungen herauszuholen. „Die spät reifenden, gerbstoffreicheren Rotweinsorten hatten es sicher schwerer und haben nur in wenigen Lagen die Vollreife erreicht, weshalb der eine oder andere Selektionswein mit Jahrgang 2024 auch nicht produziert wurde“, erklärt Lemayr.

Die Autochthonen

Ähnliches gilt auch für die Vernatsch-Weine, denen Veronika Pfeifer etwas weniger Alkohol als in den Jahren zuvor zuschreibt. Sie beschreibt den neuen Jahrgang mit drei einfachen Schlagworten: frisch, fruchtig und fein.

Ähnlich wie die meisten anderen Rebsorten hat auch die zweite autochthone Südtiroler Sorte, der Lagrein, unter den Witterungsbedingungen gelitten – allerdings vor allem in der Menge. „Sie liegt wegen der Verrieselung während der Blüte und den Frühjahrsfrösten in einigen Zonen etwas unter dem Durchschnitt“, erklärt die Önologin Pfeifer, die den Lagrein 2024 als „harmonisch, samtig und geschmeidig“ bezeichnet.

Weißweine mit Frucht und Finesse

Den Südtiroler Weißweinen scheinen die meteorologischen Herausforderungen nicht zugesetzt zu haben – im Gegenteil: „Gerade die deutliche Abkühlung im September hat sich erfreulich positiv auf Aroma, Frische, Frucht und Finesse ausgewirkt“, so Andreas Huber vom Weingut Pacherhof. Vor allem bei den Eisacktaler Hauptsorten Riesling, Kerner und Sylvaner hätten die feuchte Witterung und der edle Botrytispilzbefall für überdurchschnittliche Qualitäten gesorgt. „Wir schauen sehr zuversichtlich auf den Jahrgang 2024, da mit den niedrigen Erträgen und der langsamen Reifung der Trauben die Grundlage für ausgesprochen finessenreiche und langlebige Weißweine geschaffen wurde“, so Huber.

Ähnlich positiv fällt auch das Fazit aus, das Martin Lemayr zieht. „Die Weißweine – darunter etwa Chardonnay und Weißburgunder – präsentieren sich mit feinen, frischen Fruchtaromen und einer eleganten, eher zarten Struktur.“ Auch die aromatischen Sorten wie der Sauvignon seien geprägt von kühlen, leicht grünlichen, klaren Aromen und einer lebendigen, gut eingebundenen Säure. „Zudem zeichnen sich die Weine durch einen geringeren Alkoholgehalt aus, was ihre Frische und Trinkfreude zusätzlich unterstreicht“, freut sich der Kellermeister der Kellerei Schreckbichl.

Bezirk: Bozen

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