Von: mk
Bozen – Am 16. Juni haben Landesrat Giuliano Vettorato und KlimaHaus Generaldirektor Ulrich Santa den Tätigkeitsbericht der Agentur vorgestellt und dabei Rückblick auf ein auch für die Agentur außergewöhnliches Jahr gehalten.
Als die Bauwirtschaft nach der zähen Wirtschaftskrise ab 2016 wieder Fahrt aufnahm und in Südtirol ein regelrechter Bauboom einsetzte, vermeldete auch die KlimaHaus Agentur Jahr für Jahr Rekordwerte. Für 2020 erwartete man, allein bei den Neubauten, erstmals die Marke von tausend Gebäuden im Jahr zu knacken.
Rückgang beim Neubau im Lockdown
Das Coronavirus und der Lockdown haben diese Entwicklung jäh eingebremst, dennoch fiel der Jahresrückblick positiver aus, als man vermuten durfte. Die Agentur hat im Vorjahr mit 796 Neubauten 19 Prozent weniger Gebäude zertifiziert als 2019. Doch es gibt auch einen positiven Trend: immer mehr Südtiroler interessieren sich für nachhaltiges Bauen, mittlerweile ist bereits jeder siebte Neubau ein KlimaHaus Nature, bei dem beispielsweise auch die verwendeten Materialien und ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt bewertet werden, der Wasserbrauch, sowie Aspekte der Tageslichtnutzung, der Schallschutz und insbesondere die in Zeiten von Covid stärker ins Bewusstsein gerückte Indoor-Qualität.
Bei den größeren Sanierungen liegt der Rückgang mit -3,4 Prozent im mehrjährigen Mittel. Mit jeweils zweistelligen Zuwachsraten von 13 und 14 Prozent im ersten Halbjahr 2021 dürfte man aber rasch wieder zum Vorkrisenniveau aufschließen.
Sanieren mit dem Superbonus 110%
Ausruhen konnten sich die Techniker der KlimaHaus Agentur aber dennoch nicht. Um auch in Südtirol das recht kurze Zeitfenster für den Superbonus optimal nutzen zu können, wurde ein erfolgreiches Beratungs- und Dienstleistungspaket ausgearbeitet, damit Bauherren und Planer die vielen Hürden dieser sehr großzügigen, technisch aber auch recht komplizierten Förderung mit der größtmöglichen Sicherheit meistern können.
In der Summe wurden bisher 320 Superbonusprojekte bei der Agentur eingereicht. Etwa 44 Prozent davon betreffen Einfamilienhäuser, jeweils etwa 20 Prozent entfallen auf Zweifamilienhäuser und kleine Mehrfamilienhäuser mit drei oder vier Wohneinheiten. Größere Kondominien sind jeweils mit nur etwa 8 Prozent vertreten. Mehr als die Hälfte davon verbessern sowohl die Gebäudedämmung wie auch die Anlagen, 36 Prozent betreffen eine reine Dämmung. Der alleinige Anlagentausch sowie Abbruch und Wiederaufbau liegen jeweils bei etwa sieben Prozent.
Neue Initiativen und Gütesiegel
Die Agentur hat im vergangenen Geschäftsjahr aber auch zahlreiche neue Initiativen und Gütesiegel aufgelegt. Vor wenigen Tagen wurde mit der Mittelschule in Mühlbach die erste „KlimaSchule“ Südtirols ausgezeichnet, eine Initiative mit der Schüler und Schülerinnen für den Klima- und Umweltschutz sensibilisiert und begeistert werden sollen, indem sie sich im Unterricht mit dem Hintergrundwissen, aber auch ganz konkreten Projekten und praktischen Umsetzungsmöglichkeiten im Alltag auseinandersetzen.
Pünktlich zum Sommerbeginn wurde in Senigallia auch das erste Strandbad mit der neuen Nachhaltigkeitszertifizierung KlimaBeach ausgezeichnet.
Eine weitere Neuigkeit betrifft das neue Gütesiegel für Wärmepumpen, mit dem man dem Trend Rechnung tragen will, dass immer mehr Bauherren auf diese umweltfreundliche Technologie zum Heizen und Kühlen zurückgreifen möchten und sich dabei eine Entscheidungshilfe wünschen.
Mit über fünfzig teilnehmenden Gemeinden wird auch das Programm KlimaGemeinde äußerst gut angenommen. 2020 wurde die Stadtgemeinde Bozen als italienweit erste Gemeinde mit dem Siegel „KlimaGemeinde Gold“ ausgezeichnet. Zur Unterstützung der Gemeinden wurde in Zusammenarbeit mit dem GSE (Gestore dei servizi energetici) bei der Agentur zudem eine zentrale Anlaufstelle zu allen technischen Fragen und Fördermöglichkeiten des GSE und auf Landesebene eingerichtet.
„Die Agentur hat ihre Handlungsfelder und Kompetenzen ständig erweitert und eine Vielzahl an Initiativen gesetzt, mit der sie in der Umsetzung der Energie- und Klimaschutzziele des Landes immer mehr zu einer zentralen Stütze wird.“ Unterstrich Landesrat Giuliano Vettorato die Rolle der Agentur in der KlimaLand-Strategie.
Zunehmende Internationalisierung
Seit einigen Jahren ist die Agentur auch internationaler stärker vernetzt. Sie koordiniert beispielsweise den Energiebereich der europäischen Alpenraumstrategie EUSALP und ist an zahlreichen internationalen Forschungsprojekten beteiligt. Erstmals konnte heuer bei einem Master an der kanadischen Ryerson-Universität in Toronto auch ein KlimaHaus Kurs in englischer Sprache angeboten werden. „Das aufgrund der weltweiten Pandemie unumgängliche Ausweichen auf Online-Lehrveranstaltungen hat sich für uns eigentlich als Glücksfall erwiesen. In Form einer klassischen Präsenzveranstaltung wäre diese Zusammenarbeit ungleich schwieriger umzusetzen gewesen“, erklärt dazu Ulrich Santa, um anzuschließen „Wir arbeiten jetzt insgesamt verstärkt an der Internationalisierung von Klimahaus, mittlerweile sind unsere Richtlinien und unsere Software auch in englischer Fassung verfügbar, da das Interesse aus dem Ausland an unseren Standards ständig wächst.“
Der Umsatz der Agentur ist trotz der schwierigen Rahmenbedingen im Vergleich zum Vorjahr insgesamt nur um 5 Prozent zurückgegangen, ein Viertel davon wird durch die Grundfinanzierung des Landes abgedeckt. Der Jahresabschluss weist für 2020 ein ausgeglichenes Ergebnis mit einem Reingewinn von knapp 48.000 €uro aus.