Von: mk
Bozen – Mit der Biostrategie 2035 setzen 17 Akteure der Südtiroler Landwirtschaft ein starkes Zeichen für die Zukunft der biologischen Produktion. Aufbauend auf dem Biokonzept 2025, verfolgt die neue Strategie das Ziel, die biologische Landwirtschaft weiter zu stärken, zu professionalisieren und entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu fördern.
Insgesamt fünf Ziele haben sich die 17 Partner der Biostrategie 2035 – Akteure aus Bio-Landwirtschaft, Forschung und Entwicklung, Bildung und Politik – gesetzt. „Um sie zu erreichen, wurden 24 konkrete Maßnahmen vereinbart. Ob es gelingt, die Bio-Produktion, den Markt und die Zusammenarbeit im Sektor weiterzuentwickeln, werden Messgrößen zeigen“, erklärte Bauernbund-Landesobmann Daniel Gasser heute bei der Vorstellung der Biostrategie im Rahmen der Messe Biolife in der Messe Bozen. Für Messedirektor Thomas Mur sei die Bio-Produktion eine der Antworten auf die Zukunft der Lebensmittelerzeugung. Die Messe Biolife gebe den Bio-Produkten Sichtbarkeit und ermögliche den Kontakt mit den Produzenten.
Geht es nach dem Willen der beteiligten Organisationen, soll bis 2035 die Strategie zu 100 Prozent umgesetzt sein – sprich, alle gesetzten Ziele sollen vollständig erreicht werden. Die Umsetzung wird jährlich bewertet und bei Bedarf angepasst.
Die Biostrategie 2035 baut auf den Erfahrungen mit dem Biokonzept 2025 auf. „Damals wurde das Ziel ausgegeben, die biologische Anbaufläche bis 2025 gegenüber 2015 in allen drei großen Sektoren zu verdoppeln. Dieses Ziel sei leider nicht ganz erreicht worden“, erinnerte Gasser. Positiv sei aber gewesen, dass alle Akteure an einem Tisch gesessen seien und ein gemeinsames Konzept ausgearbeitet hätten.
Erklärter Wunsch aller 17 beteiligten Partner ist weiterhin, die biologische Landwirtschaft auch in den nächsten Jahren zu unterstützen, erfolgreich weiterzuentwickeln und das große Potential zu nutzen. So sei die Biostrategie 2035 entstanden.
Drei Schwerpunkte für die Zukunft
Herzstück der Biostrategie 2035 sind die drei Themenfelder Markt, Produktion und Zusammenarbeit.
Dem Biokonzept 2025 hat die Entwicklung des Marktes einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die erheblichen Verunsicherungen durch die hohe Inflation und folglich der Kaufkraftverlust sowie der Ukraine-Konflikt machten sich besonders 2022 und 2023 auf den Märkten bemerkbar. Seit dem letzten Jahr gibt es wieder ein leichtes Wachstum des Marktes. „Ziel der Biostrategie 2035 bleibt weiterhin, den Konsum von Südtiroler Bio-Lebensmitteln und damit die Wertschöpfung in der Bio-Landwirtschaft im Land und auf dem italienischen Markt dauerhaft zu steigern. Dafür braucht es eine gute Positionierung und mehr Sichtbarkeit für die Bio-Produkte im Handel“, erklärte Gerhard Eberhöfer, Produktmanager Bio bei der VI.P.
In der Gastronomie soll der Anteil von Südtiroler Bio-Lebensmitteln in den nächsten zehn Jahren auf drei Prozent verdoppelt werden. „Hier braucht es mehr Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Gastronomie und ganz besonders zwischen Produzenten, Vermarktern und den großen Gastronomie-Zulieferern.“
Auch bei öffentlichen Ausschreibungen sollen verstärkt Südtiroler Bio-Lebensmittel zum Zug kommen, damit die Südtiroler Bio-Lebensmittelkreisläufe entlang der gesamten Wertschöpfungskette gestärkt werden.
Für Annemarie Kaser, Direktorin des Sennereiverbandes Südtirol, sei es wichtig, alle Betriebe zu erhalten, besonders auch die kleineren Höfe, die häufig biologisch produzieren. Am Markt gebe es noch großes Potential auf dem heimischen und dem italienischen Markt im Vergleich zu Deutschland und Österreich.
Für Klaus Hölzl, dem Verkaufsleiter VOG, sei wichtig, noch stärker in den Supermärkten Fuß zu fassen, damit Bio-Lebensmittel mehr Sichtbarkeit bekommen. Ein Hauptaugenmerk in der Vermarktung sei, die Wertschöpfung für die Bio-Betriebe zu steigern.
Die Produktion ist ein weiterer Schwerpunkt bis 2035 – und eine große Herausforderung. „Wir wollen die Produktion erfolgreich weiterentwickeln, indem Anbau, Erträge und Erlöse stabilisiert werden. Dabei wollen die Partner stets den Bio-Markt im Blick haben“, unterstrich Bioland-Geschäftsführer Reinhard Verdorfer. Zwei Drittel der Bio-Betriebe seien Mitglied in einem Verband, damit sei Südtirol in der EU im Spitzenfeld.
Das ambitionierte Ziel ist, die Produktionsmenge pro Hektar um 15 Prozent und den Gewinnbeitrag um zehn Prozent plus Inflation zu steigern. Zugleich sollen die Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern für betriebswirtschaftliche Themen sensibilisiert und in der Unternehmensführung gestärkt werden.
Auch der Qualität wollen sich die Partner verstärkt zuwenden. „Wir wollen die Qualität vor der Menge steigern.“ Dazu soll das Aus- und Weiterbildungsangebot Schritt für Schritt ausgebaut und auch zukünftig eine hochwertige Beratung angeboten werden.
Mit dem Beratungsring für den Obst- und Weinbau sowie Berglandwirtschaft BRING gibt es zwei professionelle Beratungsorganisationen. Der BRING baut seine Dienstleistungen für die Bio-Betriebe laufend aus und will zukünftig verstärkt Seminare, Lehrfahrten und Gruppenberatungen anbieten. Zudem werden die Mitarbeiter laufend geschult, erklärte BRING-Geschäftsführer Christian Plitzner.
Auch beim Beratungsring für Obst- und Weinbau werde die Bio-Beratung wichtiger, auch weil die Herausforderungen zunehmen würden. Daher sei das Zusammenspiel aller Akteure wichtig, unterstrich Beratungsring-Obmann Manuel Santer.
Mehr Unterstützung wird es beim Umstieg von der konventionellen auf die biologische Landwirtschaft geben, um die Zahl der Betriebe von derzeit etwas mehr als 1.600 auf über 1.700 zu erhöhen. Die Bio-Fläche soll in den nächsten zehn Jahren von derzeit 8.700 Hektar auf über 9.000 Hektar steigen, so Verdorfer.
Auch Forschung und Entwicklung rücken noch mehr in den Fokus. Die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen wird gestärkt und weiter ausgebaut. „Seit 50 Jahren betreibt das Versuchszentrum Laimburg angewandte Forschung. Ganz viele Forschungsprojekte betreffen auch die Bio-Landwirtschaft. Diese sollen in den nächsten Jahren noch ausgebaut werden“, versicherte Laimburg-Direktor Michael Oberhuber. Laut Thomas Zanon forsche auch die Freie Universität Bozen im Bereich der Bio-Landwirtschaft – und zwar multidisziplinär. Dabei gehe es um Wirtschaftlichkeit, Emissionen, Tierwohl und Kreislaufwirtschaft.
Der dritte Schwerpunkt liegt auf der Zusammenarbeit. Die derzeitige Kooperation der 17 für die Bio-Landwirtschaft relevanten Partner soll weiter gefestigt werden. Zudem werden das Netzwerk und der Austausch auf nationaler und EU-Ebene gestärkt.
„Eine Vision ist ein Bio-Haus für die Bio-Verbände als lose Struktur und Anlaufstelle für Bio-Bäuerinnen und -bauern. Zudem sind standardisierte Kommunikationskanäle geplant“, verriet Katharina Alverà von der Arbeitsgemeinschaft für die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise.
Für den Direktor des Ressorts Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Tourismus, Ulrich Höllrigl, würde das Land auf verschiedene Weise die Bio-Landwirtschaft unterstützen, etwa durch Förderungen, aber auch die Unterstützung der Forschungs- und Beratungsorganisationen. Auch die Fachschulen würden eine zentrale Rolle spielen.
Gemeinsam für mehr Bio
An der Erarbeitung der Biostrategie 2035 waren 17 Organisationen beteiligt, die die biologische Landwirtschaft in Südtirol maßgeblich mitgestalten:
Südtiroler Bauernbund
Landesamt für Landmaschinen und biologische Produktion
Bioland Südtirol
Arbeitsgemeinschaft für die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise
Bund Alternativer Anbauer
Südtiroler Apfelkonsortium
VI.P Gen. landw. Gesellschaft
Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften VOG
Sennereiverband Südtirol
Konsortium Südtirol Wein
Beratungsring für Obst- und Weinbau
BRING Beratungsring für Berglandwirtschaft
Südtiroler Fachschulen für Landwirtschaft
Versuchszentrum Laimburg
Freie Universität Bozen
SBB-Weiterbildungsgenossenschaft
Messe Bozen




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