Von: mk
Bozen/Mailand – Nach dem spektakulären Finanzskandal rund um einen Finanzberater in Bozen scheint sich eine Wende abzuzeichnen. Das betroffene Kreditinstitut zeigt sich bereit, mit den geschädigten Kunden in Verhandlung zu treten. Anfang Oktober sind in Mailand die ersten Gespräche zwischen deren Anwälten und der Bank angesetzt. Wie berichtet, klagen die Betroffenen über Verluste in Millionenhöhe.
Die Verhandlungen versprechen, lang und kompliziert zu werden, doch Anwalt Federico Fava zeigt sich optimistisch, berichtet die italienische Zeitung Alto Adige. Ziel der juristischen Vertreter – rund zehn Anwaltskanzleien befassen sich mit dem Fall – ist es, den Opfern zumindest den Großteil ihres verlorenen Vermögens wieder zu beschaffen. Bei den Geschädigten handelt es sich in erster Linie um Bozner Unternehmer und Freiberufler, die sich vom ehemaligen Finanzberater hintergangen fühlen.
Der 64-Jährige galt als Meister seines Fachs und genoss das uneingeschränkte Vertrauen seiner Kunden, die ihm die Verwaltung oft millionenschwerer Summen anvertrauten. Kontoauszüge und Wertentwicklung der Investments schienen ihn als wahres Finanzgenie auszuweisen.
Doch die Illusion platzte wie eine Seifenblase, als der Mann Ende 2024 in den Ruhestand ging und nach Venetien zog. Anfang Januar informierte ein neuer Berater die Kunden über den tatsächlichen Stand ihrer Depots. Was folgte, war ein Schock: Die Millionen waren plötzlich verschwunden, zurück blieben nur wenige Hunderttausend Euro.
Die geschädigten Kunden schalteten umgehend Anwälte ein. Erste Gespräche mit der Bank verliefen ergebnislos. Laut Alto Adige wollte das Institut den Streit zunächst mit einer Einmalzahlung von nur 100.000 Euro pro Opfer beilegen. Die Bank argumentiert, die vom Finanzberater ausgestellten Unterlagen seien gefälscht und die ausgewiesenen Millionenbeträge nur aufgebläht gewesen. Die Bank selbst, die sich ebenfalls als geschädigte Partei sieht, habe bereits im Mai 2024 Strafanzeige gegen einen Mitarbeiter erstattet, nachdem interne Ermittlungen sein „rechtswidriges Verhalten“ aufgedeckt hätten, hieß es in einer Mitteilung.
„Für uns zählen die Dokumente, die mein Mandant in der Hand hat. Er hat damals eine erhebliche Summe eingezahlt und findet jetzt nur noch ein paar Tausend Euro auf seinem Konto. Wir fordern die Wiederherstellung des gesamten Vermögens“, erklärt Fava laut Alto Adige. Auch ein weiterer Anwalt, der mehrere Opfer vertritt, betont: „Im Fall meiner Mandanten können wir beweisen, dass es sich um echtes Vermögen handelte, das aus Erbschaften und jahrelanger harter Arbeit stammte. Sie hatten es diesem Berater anvertraut und stehen jetzt mit leeren Händen da.“
Ermittlungen laufen
Während die Verhandlungen starten, laufen auch die strafrechtlichen Ermittlungen weiter. Die Bozner Staatsanwaltschaft hat die Finanzpolizei mit der Aufklärung des Falles beauftragt. Im Fokus steht die Frage, wie der Finanzberater, der mittlerweile vom Aufsichtsgremium der Berufskammer suspendiert worden ist, jahrelang agieren konnte, ohne dass jemand etwas Verdächtiges bemerkt hat. Das Aufsichtsorgan teilte mit, dass die Kunden zahlreiche Geldtransfers, Überweisungen und Barabhebungen im Gesamtwert von 1,83 Millionen Euro nicht autorisiert hätten, die zwischen 2014 und 2024 getätigt worden seien.
Dem Berater wird unter anderem wegen schwerer, fortgesetzter Betrug und Diebstahl zulasten des Kreditinstituts vorgeworfen, da er mutmaßlich Blanko-Formulare und gefälschte Unterschriften genutzt haben soll. Sein Verteidiger, Anwalt Alberto Berardi, bleibt jedoch zuversichtlich. Er ist davon überzeugt, beweisen zu können, dass keine Unterschlagung von Geldern stattgefunden habe. Stattdessen könne man höchstens von einer „falschen Darstellung der Realität“ sprechen.
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