Von: mho
Bozen – Normalerweise beschäftigt sich das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) vor allem mit Anfragen im Bereich Urlaub und Reisen und den verschiedensten Problemen, welche bei OnlineEinkäufen auftreten. Letzthin haben jedoch immer mehr Verbraucher das EVZ kontaktiert, weil sie Internetseiten genutzt haben, um ihre Ersparnisse in binäre Optionen zu investieren.
„Mein Ehemann hat mittels eines Online-Brokers Geld investiert. Wir sanieren gerade unser Haus und dachten uns, dass wir so unsere Ersparnisse so schnell wie möglich maximieren können“, erzählt eine Verbraucherin der Rechtsberaterin des EVZ, Rebecca Berto, welche diese Anfragen bearbeitet. Es handelt sich dabei oft um wahrliche Hilferufe, da die investierten Summen häufig mehrere zehntausend Euro betragen. Wie im Falle eines jungen Paares, das heiraten wollte und in der Hoffnung, dadurch die teure Hochzeit bezahlen zu können, in eine Online-Trading-Plattform investiert hat. Bei den binären Optionen handelt es sich aber nicht um „Investitionen“, sondern oft ganz einfach um Glücksspiel: Man setzt Geld auf Aktienkurse an der Börse und wettet, ob die Kurse steigen oder fallen. Das Ergebnis des Investments sieht – wie bei einem Binärsystem – nur zwei Möglichkeiten vor: Richtige Vorhersage, und somit ein geringer wirtschaftlicher Gewinn, oder aber falsche Vorhersage, und somit Totalverlust des „investierten“ Geldes.
Dieses Problem betrifft jedoch nicht nur italienische Verbraucher: Auch die Europäischen Verbraucherzentren in Österreich, Belgien, Bulgarien und Finnland werden immer häufiger mit Anfragen zum Thema Kryptowährungen und binäre Optionen konfrontiert. Die Verbraucher, welche das EVZ Italien kontaktiert haben, taten dies unter anderem, weil die Konten auf den angeblichen Trading-Plattformen plötzlich geschlossen und den Betroffenen die anfänglich investierten Summen nicht zurückbezahlt wurden. Dabei handelt es sich um betrügerische Internetseiten, welche den Namen von tatsächlich existierenden OnlineTrading-Plattformen benutzen und diesen leicht abändern.
Zu den tatsächlich existierenden Trading-Plattformen sei gesagt, dass die Europäische Wertpapier- und Marktregulierungsbehörde (ESMA) zum Schutz von Kleinanlegern am 27.03.18 ein vorübergehendes Verbot für den Vertrieb von binären Optionen bekannt gegeben hat.
Das EVZ möchte nun einige nützliche Tipps geben, bevor die eigenen Ersparnisse auf betrügerische Plattformen investiert werden:
– Kontrollieren Sie, ob der Inhaber der Seite ermächtigt ist, öffentlich Ersparnisse zu sammeln. Jedes Unternehmen, welches Ersparnisse einholen möchte, muss eine Ermächtigung vonseiten der Aufsichtsbehörde eines Mitgliedsstaates der EU haben; in Italien ist dies die Commissione Nazionale per la Società e la Borsa (CONSOB). Diese Information muss auf der Internetseite veröffentlicht werden.
– Kontrollieren Sie, ob es Meldungen an die Sparer vonseiten der Consob gibt. Die Consob veröffentlicht einen Newsletter, in welchem Unternehmen und Internetseiten, welche NICHT befugt sind, Ersparnisse zu sammeln, angegeben werden. Um diese Nachforschung durchzuführen, genügt es, den Inhaber der Seite oder die Internetseite im folgenden Link einzufügen: http://www.consob.it/web/area-pubblica/newsletter? viewId=ricerca_newsletter.
– Nehmen Sie von Online-Trading-Plattformen Abstand, welche verlangen, dass die Geldsumme auf ein ausländisches Bankkonto überwiesen wird, welches keinerlei Bezug zum Rechtssitz des Unternehmens hat.
Co-finanziert von der Europäischen Kommission, dem Land Südtirol, der Autonomen Region Trentino-Südtirol, dem Ministerium für Wirtschaftliche Entwicklung, den Trägerorganisationen Verbraucherzentrale Südtirol und ADICONSUM, Mitglied im Netz der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net).
Zum Beispiel wenn verlangt wird, dass die Überweisung auf ein Bankkonto in Zanzibar durchgeführt werden muss, aber sich der angebliche Rechtssitz des Unternehmens in Großbritannien befindet. Sie können das Empfängerland der Überweisung durch den zweistelligen Ländercode zu Beginn der IBAN erkennen.
– Nehmen Sie mit Nachdruck von telefonischen Offerten Abstand, die Ihnen die Eröffnung eines Kontos auf einer Online-Trading-Plattform anbieten. Und stimmen Sie keinesfalls zu, auch nur geringere Beträge (normalerweise ca. 250 Euro) zu Testzwecken zu überweisen, um „zu schauen, was dann passiert“. Wenn Sie den vermeintlichen Berater nicht kontaktiert haben, stellt sich die Frage, warum dieser im Besitz Ihrer persönlichen Kontaktdaten ist.
– Überprüfen Sie die Daten und suchen Sie die Adresse des Betreibers der Seite in einer Suchmaschine. Es ist bereits vorgekommen, dass ein Kongressaal als angeblicher Rechtssitz einer Online-Trading-Plattform angegeben wurde.
– Führen Sie keine Banküberweisung durch! Wenn Sie der Meinung sind, dass es sich beim Online-Trading um eine einmalige Gelegenheit handelt, sollten Sie den Betrag mittels Kreditkarte bezahlen. Wenn dann etwas schief gehen sollte, haben Sie zumindest die Möglichkeit, die Abbuchung zu beanstanden und die Rückerstattung mittels des sogenannten Chargeback zu beantragen.
– Grundsätzlich sollte sich jeder bewusst sein, dass die Anbieter von Online-Trading so gut wie immer Sitz im Ausland haben. Das bedeutet, im Falle eines Rechtsstreits, müssen diese Ansprüche z. B. in OffshoreDestinationen durchgesetzt werden.
– Zu guter Letzt, da es sich um Verträge handelt, die online abgeschlossen werden, können Verbraucher innerhalb 14 Tagen ab Vertragsabschluss kostenlos vom Vertrag zurücktreten; zudem müssen diese Plattformen den Link zur ODR-Plattform, zur Lösung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmen, welche ihren Ursprung in einem Online-Kauf haben, auf der eigenen Seite angeben.