Verkehr ohne Abgase und energieeffizientes Bauen

So erreicht Südtirol die Ziele des Klimaplans

Mittwoch, 05. April 2017 | 11:33 Uhr

Bozen – Mit dem „Klimaplan Energie-Südtirol-2050“ hat sich das Land ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: Die CO2-Emissionen pro Einwohner sollen auf weniger als 1,5 Tonnen pro Jahr reduziert werden. Wie Südtirol dieses Ziel erreichen kann, berechnet ein neues Modell, das die Energieexperten von Eurac Research entwickelt haben. Es erlaubt, Energieszenarien für gesamte Gebiete – wie Südtirol eines ist – zu simulieren. Eines der wirkungsvollsten sieht den Umstieg insbesondere auf klimafreundliche Mobilität und die energetische Sanierung eines Großteils der vor 2010 errichteten Gebäude vor. Dieses Szenario wäre umweltbewusst und wirtschaftlich rentabel: In einem hypothetischen Jahr 2050 wären die jährlichen gesamtgesellschaftlichen Energiekosten geringer als mit dem aktuellen Energiesystem. Zudem käme es über die Sanierungen zu höheren Investitionen im Land. Mithilfe des entwickelten Modells können die Forscher von Eurac Research auch für andere Gebiete Energieszenarien aufzeigen.

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„Mit unserem Modell können wir simulieren, wie viel Energie in Südtirol produziert, benötigt und verbraucht wird“, erklärt Wolfram Sparber, international anerkannter Energieexperte von Eurac Research. „Aus den 25.000 Simulationen für Südtirol können wir die wirtschaftlichsten Szenarien auswählen, mit denen die Ziele des Klimaplans erreicht werden können. Die berechneten Szenarien zeigen, dass mehr als 50 Prozent der Mobilität emissionsfrei sein sollten und der Wärmeverbrauch in Gebäuden um mehr als 60 Prozent gesenkt werden sollte.“ Sparber unterstreicht, dass ein nachhaltigeres Energiemodell nicht unbedingt teurer sein muss: „Unsere Simulationen anhand der Daten von 2014 zeigen, dass die Südtiroler in diesem idealen Szenario jährlich über 20 Prozent weniger für Energie ausgeben würden. Und trotz niedrigerer Gesamtkosten würden sich Investitionen in lokale Energiesysteme deutlich erhöhen. Denn mehr als 400 Millionen Euro, die derzeit für fossile Brennstoffe ausgegeben werden und einen geringen Mehrwert im Land generieren, würden statt dessen in das lokale Energiesystem und in die energetische Sanierung von Gebäuden fließen“, so Sparber.

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Diese Zahlen beziehen sich nur auf eines von vielen möglichen Szenarien. Das Modell geht von den aktuellen Werten eines Gebiets aus und berechnet, wie viel Energie in Zukunft produziert und verbraucht werden wird. Obwohl das Modell eine starke Vereinfachung des realen Energiesystems darstellt, lassen sich daraus wertvolle Erkenntnisse für die energiepolitische Planung ziehen: Es zeigt den Energiebedarf für Strom, Heizung und Verkehr auf und gibt an, wie diese Energie mittels Wasserkraft, Photovoltaik, Biomasse oder Wärmepumpen produziert werden könnte. Dazu werden die gesamtgesellschaftlichen Kosten dieser Energiesysteme berechnet. Ein Vergleich der unterschiedlichen Szenarien miteinander zeigt an, in welchen Szenarien die Gesamtkosten niedriger sind und in welchen Fällen die Nachhaltigkeitsziele eines Gebietes besser respektiert werden.

„Unser Modell ist innovativ, weil es das Energiesystem eines Gebiets Stunde für Stunde, über ein gesamtes Jahr simuliert”, erklärt David Moser, Photovoltaik-Experte von Eurac Research. „Die stündliche Simulation ist vor allem für Energiequellen wie die Photovoltaik wichtig, deren Produktion nicht regelbar ist. Jedes Szenarium wird durchgespielt.“ Das Modell liefert technische Informationen, die Politik und Verwaltung nutzen können, um die Energieversorgung eines Gebiets nachhaltig zu planen.

„Die Forschung und das Modell von Eurac Research sind von großer Bedeutung für die Südtiroler Bevölkerung. Diese Daten lassen uns verstehen, in welchen Bereichen unseres Energiesystems wir eingreifen müssen“, erklärt Richard Theiner, Landesrat für Raumentwicklung, Umwelt und Energie.

Derzeit arbeiten die Wissenschaftler von Eurac Research daran, Energieszenarien auf Staatsebene zu simulieren.

Hier finden sich die Präsentation der Pressekonferenz und weitere Informationen zum entwickelten Modell.

Von: mk

Bezirk: Bozen