Von: luk
Bozen – Die Vertretungsverbände der Genossenschaften (Raiffeisenverband Südtirol, Coopbund Alto Adige Südtirol und AGCI Alto Adige Südtirol), die gemeinsam mit den Gewerkschaften das paritätische Komitee der Sozialgenossenschaften (CPCS) bilden, haben die Ergebnisse einer Datenerhebung zu Personal- und Bilanzkennzahlen der Sozialgenossenschaften am Sitz des Raiffeisenverbandes vorgestellt und analysiert.
Das Komitee präsentierte die Daten mit Stichtag 31. Dezember 2024. In der Geschäftsstelle des Raiffeisenverbandes Südtirol wurden die Ergebnisse der Erhebung vorgestellt, welche in den vergangenen Monaten bei den in der Provinz Bozen aktiven Sozialgenossenschaften durchgeführt wurden. Das paritätische Komitee der Sozialgenossenschaften hat die Aufgabe den „Gesundheitszustand“ der Sozialgenossenschaften zu überwachen und den Verlauf der Tätigkeiten in den verschiedenen Bereichen zu verfolgen.
Der Präsident des Komitees, Christian Tanner, betont die zentrale Rolle des Komitees bei der Unterstützung und Monitoring des Sektors. “Die Sozialgenossenschaften in Südtirol leisten einen wichtigen Beitrag zur Arbeitsintegration benachteiligter Menschen und zur Bereitstellung sozialer Dienstleistungen. Angesichts steigender Personalkosten und wachsender Herausforderungen ist es entscheidend, dass die Genossenschaften gestärkt werden und die notwendige Unterstützung von Politik und Verwaltung erhalten, um ihre soziale Wirkung nachhaltig zu sichern.”
Die Lage zum 31. Dezember 2024
Das Jahr 2024 war von bedeutenden Neuerungen im Bereich der Sozialgenossenschaften geprägt. Am 26. Januar 2024 wurde der gesamtstaatliche Kollektivvertrag für die Sozialgenossenschaften unterzeichnet. Der neue Kollektivvertrag hat sowohl für den wirtschaftlichen als auch für den normativen Teil eine Gültigkeit vom 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2025. Am 14.06.2024 haben die Sozialpartner nach intensiven Verhandlungen den neuen territoriale Kollektivvertrag der Sozialgenossenschaften abgeschlossen und dadurch die Anwendung des nationalen Kollektivvertrages ermöglicht. Die Anwendung wird nun schrittweise umgesetzt und wird sich durch die Anhebung der Gehälter und der Einführung eines teilweisen14. Monatsgehaltes erheblich auf die Personalkosten auswirken.
Die Gesamtdaten zeigen:
Die Zahl der Typ-A-Genossenschaften sind von 141 im Jahr 2023 auf 136 im Jahr 2024 zurückgegangen, während die Zahl der Typ-B-Genossenschaften leicht von 59 auf 61 gestiegen ist. Trotz des Rückgangs bei den Typ-A-Genossenschaften hat sich das Eigenkapital insgesamt erhöht: bei den Sozialgenossenschaften Typ A von 37,7 Millionen Euro auf 46,6 Millionen Euro, vor allem aufgrund einer Zunahme des Kapitals und der Rücklagen (von 37,3 auf 40,2 Millionen Euro). Auch bei den Sozialgenossenschaften Typ B ist ein moderater Anstieg des Eigenkapitals von 7,1 auf 8,4 Millionen Euro zu verzeichnen.
Der Produktionswert wuchs von rund 100,2 Millionen Euro auf 120,8 Millionen Euro bei den Sozialgenossenschaften Typ A. Bei den Sozialgenossenschaften Typ B von 32,9 Millionen Euro auf 43,1 Millionen Euro.
Die Personalkosten der Sozialgenossenschaften sind im Vergleich zum Vorjahr um 29% gestiegen, während die Beiträge nur um 8% zunahmen. Gleichzeitig stieg das Personal nur moderat um 14%. Diese Diskrepanz zeigt, dass die finanzielle Stabilität ohne eine entsprechende Anpassung der öffentlichen Beiträge langfristig gefährdet ist, zumal viele Sozialgenossenschaften Auftragnehmer der öffentlichen Verwaltung sind.
Die Auswertung der Geschlechterverteilung zeigt, dass Mitarbeitende des Typs A überwiegend Frauen in Teilzeit sind, während das Geschlechterverhältnis bei Typ B ausgeglichen ist und überwiegend in Vollzeit gearbeitet wird.
Die Entwicklung bei den benachteiligten Arbeitnehmer*innen in den Typ-B-Genossenschaften zeigt sich statisch: Hier nahm die Zahl der Männer im Vergleich zum Vorjahr um rund zwei Personen ab, während die Zahl der Frauen um 18 Personen anstieg. Dieser Wert ist besonders bedeutsam, da das Hauptziel der Typ-B-Genossenschaften die Arbeitsintegration von Menschen mit Behinderungen ist. Rund 368 Personen mit einer Benachteiligung wird so die Integration in den Arbeitsmarkt ermöglicht.
Analyse und Zukunftsaussichten
“Die Sozialgenossenschaften Südtirols wachsen und stärken ihre Eigenkapitalbasis, stehen aber aufgrund steigender Personalkosten vor erheblichen finanziellen Herausforderungen. Die Einführung des neuen nationalen sowie territorialen Kollektivvertrages im Jahr 2024 bringt deutliche Steigerungen der Personalkosten durch Lohnerhöhungen und die Einführung des 14. Monatsgehalts. Dies wird sich ab 2025 in den Bilanzen noch stärker niederschlagen”, heißt es weiter. Um die soziale Wirkung dauerhaft zu sichern, sei eine angemessene Anpassung der Beiträge notwendig.
“Für die Zukunftsaussichten ist daher vor allem ein kontinuierlicher Dialog mit der öffentlichen Verwaltung und der Politik entscheidend, um gemeinsame Synergien und Strategien zu entwickeln, welche die Sozialgenossenschaften bestmöglich unterstützen.
Ebenso wichtig ist, dass bei den Ausschreibungen – auch zugunsten der Sozialgenossenschaften – die gestiegenen Personalkosten angemessen berücksichtigt werden. Es ist wesentlich, dass alle ausschreibenden Stellen ihre Ausschreibungspreise anpassen, damit Sozialgenossenschaften die Aufträge wirtschaftlich bewältigen können und nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten, die ihre Stabilität ernsthaft gefährden würden.”
In diesem Sinne äußerte der Präsident des paritätischen Komitees, Christian Tanner, große Besorgnis über jene ausschreibenden Stellen, die trotz bestehender Vertragsklauseln noch keine Preisanpassungen vorgenommen haben. „Die Sozialgenossenschaften sind ein unverzichtbarer Teil unseres sozialen Gefüges. Damit sie ihre wichtige Rolle auch in Zukunft erfüllen können, braucht es Rahmenbedingungen, die den gestiegenen Personalkosten Rechnung tragen und ihre Stabilität sichern.“




Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen