Von: luk
Bozen – Am 1. Januar 2011 übernahm Südtirol von ENEL die Verwaltung und Führung des 5.100 Kilometer langen Leitungsnetzes im Bereich Mittelspannung und Niederspannung sowie 19 Übergabestationen im Bereich Hoch- zu Mittelspannung. “Das war ein großer autonomiepolitischer Erfolg, auf den wir lange hingearbeitet haben. Nach Übernahme des Leitungsnetzes wurde allerdings auch klar, dass diese Infrastruktur den Anforderungen der heutigen Zeit nicht mehr gerecht wird”, sagte Energielandesrat Richard Theiner, der gemeinsam mit dem Direktor der Landesagentur für Umwelt, Flavio Ruffini, und EDYNA-Generaldirektor Luis Amort den Masterplan für die Modernisierung des Stromnetzes vorstellte.
Mit dem Masterplan, der sowohl strategische als auch konkrete Maßnahmen zur Modernisierung des gesamten Stromverteilungsnetzes in Südtirol festlegt, sollen jetzt die strukturellen Defizite im Hoch- und Mittelspannungsbereich behoben werden. Ausgearbeitet wurde der Plan unter der Koordination der Landesagentur für Umwelt gemeinsam vom Expertentisch für Energie, TIS und EDYNA (sie ist 2016 aus der Zusammenlegung der Etschwerke Netz AG und SELNET AG hervorgegangen).
“Handlungsbedarf besteht vor allem deshalb, weil die Leitungsnetze in Südtirol veraltet sind“, erklärte Ruffini. „Das betrifft sowohl die ehemaligen Verteilernetze der ENEL als auch die Transportnetze der TERNA.” Und der zweite Grund, der eine Modernisierung notwendig macht, ist auf die Anforderungen zurückzuführen, die sich durch den Ausbau der Wasserkraft-, Photovoltaik- und Biomasseanlagen ergeben haben: Für diesen Innovationsschub im Bereich der erneuerbaren Energien waren die Netze nicht ausgelegt. “Man muss sich nur vorstellen”, sagte Amort, “dass es in Südtirol rund 6.000 kleinere und mittlere Stromproduzenten gibt, die ihre Energie in das Netz einspeisen wollen.”
Zudem wünscht sich die Bevölkerung zu Recht höhere Standards, wenn es um den Schutz vor elektromagnetischer Belastung geht. “Der Masterplan hat deshalb auch Zonen identifiziert, in denen wir Hochspannungsleitungen, die das Landschaftsbild beeinträchtigen, entfernen können”, sagte Ruffini und führte als Beispiele das Überetsch und das Eisacktal an. Außerdem könne durch die Modernisierung der Transformatoren die Umweltbelastung reduziert werden.
“Es wäre wünschenswert”, betonte Landesrat Theiner, “wenn wir die Modernisierungsmaßnahmen innerhalb weniger Jahre durchführen könnten. Allerdings müssen wird auch die Kosten, die zum Teil schwierigen landschaftlichen Gegebenheiten und die hohen gesundheitlichen Ansprüche berücksichtigen, denen wir gerecht werden wollen.”
Der Masterplan legt Prioritäten für die Dringlichkeit der Maßnahmen und Kriterien für die Ausführung der Maßnahmen fest. “An oberster Stelle steht die sichere, gesundheits- und umweltverträgliche Versorgung aller Stromabnehmer in Südtirol”, betonte Theiner. Weiters ist die Kapazitätsgrenze der Leitungen und der Umspannwerke zu berücksichtigen, die wegen der gestiegenen Strommenge anzupassen ist. Weitere Kriterien, die im Masterplan festgelegt wurden, betreffen die Freileitungen, die das Landschaftsbild möglichst wenig beeinträchtigen sollten. Aber auch der Ausbau intelligenter Netze, mit denen die Auslastung verbessert werden kann, und der Ausbau des internationalen und überregionalen Stromverbunds werden im Masterplan geregelt.
Im Mittelspannungsbereich ist die Anpassung des zum Teil noch bestehenden 6-kV- Systems (1 kV = 1.000 Volt) in den Städten Bozen und Meran an das landesübliche 20-kV-Netz notwendig. Auch die Modernisierung und der Ausbau des lokalen Netzes im Mittelspannungs- und Niederspannungsbereich – immerhin 8.200 Kilometer -, sowie die Anpassung und Potenzierung der 78 Umspannkabinen stehen an. “Dies wird eine beträchtliche Steigerung der Qualität und Sicherheit bei der Stromversorgung zur Folge haben”, ist Ruffini überzeugt.
Als großer Mehrwert bei den Verhandlungen mit TERNA erweist sich nun die Präsenz eines starken und kompetenten Partners wie EDYNA. Direktor Luis Amort erinnerte daran, dass EDYNA seit 2011 Investitionen im Ausmaß von 113 Millionen Euro getätigt hat, um die größten Missstände zu beseitigen, und bis 2023 sollen weitere Investitionen in der Höhe von 199 Millionen Euro folgen.
Landesrat Theiner wies abschließend darauf hin, dass für eine erfolgreiche und rasche Umsetzung der Maßnahmen im Sinne einer umweltverträglichen Entwicklung zum Wohle der Südtiroler Gesellschaft die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Land und die Überwindung eines manchmal blockierenden Kirchturmdenkens unerlässlich sei.