Von: mk
Bozen – Chia-Samen, Goji-Beeren, Matcha – sogenannte „Superfoods“ sollen besonders nährstoffreich und gesundheitlich wertvoll sein. Tatsächlich sind nicht alle versprochenen Wirkungen belegt. Und manch heimisches Lebensmittel kann durchaus mit den exotischen „Superfoods“ mithalten. Dies erklärt die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS).
Auch wenn es für „Superfood“ bislang keine einheitliche Definition gibt, ist meist doch klar, was damit gemeint ist: nämlich Lebensmittel, die besonders reich an Nährstoffen wie Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen sind und daher einen höheren gesundheitlichen Wert haben sollen als herkömmliche Lebensmittel. Zumeist werden exotische Früchte, Beeren und Samen als „Superfood“ vermarktet und mit zahlreichen Anpreisungen versehen. So sollen die tollen Früchte nicht nur entzündungshemmend wirken und den natürlichen Alterungsprozess verlangsamen, sondern sogar vor Krebs und anderen Erkrankungen schützen. Bei solch guten Aussichten greifen viele Verbraucher und Verbraucherinnen für die tägliche Portion Gesundheit wohl gerne etwas tiefer in die Tasche.
Was ist dran an „Superfoods“?
Die so genannten Superfoods weisen tatsächlich einen hohen Gehalt an einzelnen Vitaminen, Antioxidantien und anderen sekundären Pflanzenstoffen auf. Die behaupteten Effekte auf die Gesundheit sind jedoch nur teilweise wissenschaftlich belegt. In vielen Fällen weiß man zwar um die positiven Wirkungen von einzelnen Nährstoffen. Daraus lässt sich aber nicht automatisch ableiten, wie sich der Verzehr eines bestimmten Lebensmittels auf den Menschen auswirkt. Gesundheitlich wertvolle Inhaltsstoffe sind zudem nicht exklusiv in Superfoods enthalten, sie kommen auch in heimischen und traditionellen Lebensmitteln in größeren Mengen vor.
„Wundermittel gibt es leider nicht“, sagt Silke Raffeiner, Ernährungswissenschafterin bei der Verbraucherzentrale Südtirol, „und Superfoods sind weder unverzichtbar noch können sie eine bedarfsgerechte Ernährung ersetzen. Es kommt vielmehr darauf an, dass die Ernährungsweise insgesamt ausgewogen und abwechslungsreich ist – dann ergänzen sich die in den einzelnen Lebensmitteln enthaltenen Nährstoffe gegenseitig.“
Herkömmliche Lebensmittel sind nicht weniger „super“
Konsumentinnen und Konsumenten, die den weitgereisten Superfoods umweltfreundlichere lokale Produkte vorziehen und zudem ihre Geldbörse schonen möchten, stehen viele tolle heimische und traditionelle Lebensmittel zur Verfügung:
Exotische „Superfoods“ versus heimische Alternativen
Açaí-Beeren (Herkunft: Südamerika, Amazonas-Regenwald) werden in Form von Pulver, Fruchtmark oder Saft verkauft. Hervorstechend ist ihr Gehalt an Anthocyanen, das sind rote, violette und blaue Pflanzenfarbstoffe. Açaí-Beeren sollen angeblich eine Anti-Aging-Wirkung haben und vor Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Heimische Früchte wie Heidelbeeren und Holunderbeeren (die Früchte des Holunderstrauchs) stehen den Açaí-Beeren in Bezug auf ihren Anthocyangehalt kaum nach. Zudem kann man sie während der Reifezeit selbst sammeln.
Chia-Samen (Herkunft: Mexiko) sind reich an mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren, Ballaststoffen, Mineralstoffen und Proteinen. Omega-3-Fettsäuren haben eine entzündungshemmende und cholesterinsenkende Wirkung. Leinsamen sind ebenfalls reich an Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffen und brauchen sich vor den Chia-Samen nicht zu verstecken. Auch für Kalzium und Eisen sind sie ein guter Lieferant. Tipp: Das Schroten von Leinsamen erleichtert die Aufnahme der wertvollen Nährstoffe.
Matcha (Herkunft: China, Japan) ist Pulver aus zerriebenen Grünteeblättern. Im Unterschied zum herkömmlichen Teeaufguss wird bei Matcha das eingerührte Pulver mitgetrunken. Matcha enthält Gerbstoffe und Polyphenole, welche antioxidativ wirken. Auch wird ihm eine entzündungs- und krebshemmende Wirkung nachgesagt. Matcha ist im Handel ziemlich teuer. Auch herkömmlicher Grüntee enthält antioxidativ wirksame Polyphenole und ist viel günstiger als Matcha zu haben. Der angeblich größere gesundheitliche Nutzen von Matcha ist bislang nicht belegt. Heimische Heil- und Küchenkräuter sind teilweise ebenfalls reich an Antioxidantien.
Die unreifen Weizenhalme werden zu Weizengrassaft oder -pulver verarbeitet. Weizengras ist reich an Vitaminen, Mineralstoffen und dem grünen Pflanzenfarbstoff Chlorophyll. Es soll entgiftend wirken und vor Krebs schützen. Gemüse wie Grünkohl und Broccoli sind reich an Chlorophyll, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Zudem liefern sie Kalzium und pflanzliches Eisen. Vor allem Grünkohl enthält viel Vitamin C, auch noch nach dem Kochen. Wer trotzdem auf Weizengras schwört, kann dies übrigens zu Hause selbst auf dem Fensterbrett anbauen.
Die Goji-Beere (Herkunft: China) ist reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Antioxidantien und gilt als Anti-Aging-Wunder. Achtung: Importierte Ware, vor allem Beeren aus China, waren in der Vergangenheit zum Teil stark mit Pestizidrückständen belastet. Es empfiehlt sich, Bio-Ware zu bevorzugen. Schwarze Johannisbeeren als heimische Variante sind reich an Vitamin C und antioxidativ wirkenden Anthocyanen und stehen in der Erntezeit frisch zur Verfügung. Seit einigen Jahren werden Goji-Beeren übrigens auch in Südtirol angebaut und vermarktet bzw. verarbeitet. Diese heimischen Früchte wachsen sozusagen „vor der Haustür“.
Aus den Blättern des Moringa- oder Meerrettichbaums (Herkunft: Indien) wird ein Pulver erzeugt. Moringa ist reich an sekundären Pflanzenstoffen. Die enthaltenen Glukosinolate, welche für das Meerretticharoma verantwortlich sind, haben eine antibiotische und krebsvorbeugende Wirkung. Auch die Krenwurzeln enthalten reichlich Glukosinolate. Diese sekundären Pflanzenstoffe verleihen übrigens auch anderen Gemüsen wie Kohl, Kresse und Rettich ihren typischen, leicht scharfen bis bitteren Geschmack.
Die Kerne des Granatapfels (Herkunft: Naher Osten) enthalten Polyphenole, welche antioxidativ, blutdruck- und entzündungshemmend wirken. Neuerdings wird auf Märkten frisch gepresster Granatapfelsaft als Anti-Aging-Getränk angeboten. Die Inhaltsstoffe des Granatapfels sind relativ gut untersucht. Je nach Herkunft haben Granatäpfel jedoch eine weite Reise hinter sich. Heimische Beeren wie Himbeeren, Johannisbeeren und auch Weintrauben sind ebenfalls reich an Polyphenolen. Sie können im eigenen Garten angebaut werden.