Von: mk
Bozen – Die biologische Landwirtschaft in Südtirol soll deutlicher und schneller wachsen als bisher. Das ist das Ziel des „Biokonzept 2025“, welches der Südtiroler Bauernbund, die Bioverbände, die Landesverwaltung sowie Schulungs-, Beratungs- und Forschungseinrichtungen zusammen ausgearbeitet haben. Mit zehn Maßnahmen will man dieses ehrgeizige Ziel bis 2025 erreichen.
Auf etwa 20 Prozent bei Äpfeln, 15 Prozent bei Beeren, 16 Prozent bei Ackerfrüchten und Kräutern sowie zwölf Prozent beim Wein sollen die Bioflächen in den nächsten acht Jahren ansteigen. Damit dies gelingt, müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden, waren sich die Beteiligten am „Biokonzept 2025“ einig. Zwei Jahre lang haben der Südtiroler Bauernbund, die Bioverbände, allen voran Bioland Südtirol, das Ressort Landwirtschaft, die Freie Universität Bozen, die EURAC, das Versuchszentrum Laimburg, der Beratungsring für den Obst- und Weinbau sowie für die Berglandwirtschaft (BRING) und die Landwirtschaftliche Berufsbildung an der Studie gearbeitet. „Dieser war eine Umfrage des Südtiroler Bauernbundes unter seinen Mitgliedern im Jahr 2015 vorausgegangen. 57 Prozent der Befragten sprach sich damals dafür aus, sich mit der Biolandwirtschaft intensiver zu beschäftigen“, erklärte Bauernbund-Landesobmann Leo Tiefenthaler heute auf der Vorstellung des „Biokonzept 2025“ die Gründe für die Studie.
Fazit: Der Bioanbau muss mehr unterstützt werden
Das Ziel des „Biokonzept 2025“, die Verdoppelung der Bioflächen in allen Sektoren bis 2025, ist ambitioniert. Zuversichtlich stimmen die aktuellen Zahlen zur Entwicklung der Biolandwirtschaft in Südtirol. „Gab es im Jahr 20zehn 650 Betriebe, liegt die Zahl aktuell bei über 1.000“, verkündete Landesrat Arnold Schuler dieses rekordverdächtige Wachstum. Mittlerweile würden im Obstbau 2.000 Hektar biologisch bewirtschaftet, jeder zweite EU-Bioapfel kommt aus Südtirol.“ Dies sei umso erstaunlicher, weil die Voraussetzungen hierzulande nicht einfach sind, wie Schuler erinnerte. „Wir sind zwar klimatisch gegenüber dem Norden begünstigt, haben dafür aber nur kleine Strukturen und viele Höfe in Steillagen. Da ist die tägliche Weidehaltung der Rinder oft schwierig. Zudem sind viele Höfe in den Dorfkernen und Umbauten nur schwer umzusetzen.“ Daneben sind der höhere Zeitaufwand in der Bewirtschaftung, die Bürokratie, der Aufwand bei der Umstellung auf die Bioproduktion, die fehlende Erfahrung und – speziell im Berggebiet – die Logistik bei der Milchabholung die größten Hürden für eine Umstellung auf die biologische Landwirtschaft.
Alle Beteiligten waren sich daher einig, dass die Rahmenbedingungen verbessert werden müssen, um das Ziel der Verdoppelung der Biofläche zu erreichen.
Bei Ausbildung und Beratung ansetzen
Ein Schwerpunkt war schnell gefunden. „Die Aus- und Weiterbildung muss ausgebaut werden“, merkte Toni Riegler, der Obmann von Bioland Südtirol an. Eine Vorzeige-Schule in Sachen biologischer Landwirtschaft sei die Fachschule Salern. In allen Fachschulen soll in Zukunft die biologische Landwirtschaft gleichwertig gelehrt werden. Neben den Umstellungslehrgängen für den Obst- und Weinbau, an dem Absolventen der vierten Klassen der Fachschulen teilnehmen, ist auch ein Umstellungslehrgang für die Grünlandwirtschaft in Planung.
Die Bioverbände und die Bauernbund-Weiterbildungsgenossenschaft bieten Seminare zur Biolandwirtschaft an. „Die Weiterbildungsangebote werden laufend an die praktischen Bedürfnisse angepasst und mit den Fachschulen sowie Beratungsorganisationen abgeglichen.“ Ebenso wichtig ist die Beratung. Für die Fachberatung und die Umstellungsberatung sind die Fachverbände verantwortlich. „Die Zusammenarbeit zwischen den Bioverbänden und dem Südtiroler Beratungsring für den Obst- und Weinbau bzw. BRING hat sich etabliert und soll zukünftig intensiviert werden“, so Riegler. Ziel sei eine „ganzheitliche Beratung“.
Umstellung erfordert Zeit – und Geld
In vielen europäischen Ländern werden Bäuerinnen und Bauern, die ihren Betrieb umstellen, finanziell unterstützt. Sie erhalten sowohl höhere Direktzahlungen als auch Investitionsförderungen. Im ländlichen Entwicklungsprogramm sollen auch für Südtirols Betriebe höhere Umstellbeihilfen vorgesehen werden. „Für die Berglandwirtschaft besonders wichtig sind auch die Investitionsförderungen. Viele Ställe müssen bei einem Umstieg um- bzw. ausgebaut werden, was hohe Kosten mit sich bringt“, erklärte Riegler. Allerdings dürfen Investitionsförderungen nicht der einzige Anreiz sein, auf die biologische Landwirtschaft umzusteigen. „Die Überzeugung und gute Preise sind nach wie vor die wichtigsten Kriterien“, sagte Schuler. „Eine bedeutende Rolle spielen auch die Bioverbände, die eine sehr gute Aufbauarbeit geleistet haben“, lobte der Landesrat.
Nachholbedarf gibt es in der Forschung. Zwar wird am Versuchszentrum Laimburg und an der Freien Universität Bozen bereits sehr erfolgreich geforscht, dennoch können bei weitem nicht alle Forschungsgebiete abgedeckt werden. Daher muss mehr in die Forschung investiert werden. „Von den Ergebnissen profitieren auch die integriert arbeitenden Bauern, da Erkenntnisse in der Biolandwirtschaft zunehmend in den integrierten Anbau einfließen“, so Riegler. Schuler kündigt eine Kompetenzzentrum an, das sich um die Pflanzengesundheit kümmere.
Die bestehenden Produktionsstandards bleiben bestehen. Das sog. Verbands-Bio ist dem EU-Bio vorzuziehen, da die Rückverfolgbarkeit besser gegeben ist. „Damit können sich die Südtiroler Biobauern abheben, was in Zukunft wichtig werden wird“, so Riegler. Auch die Biomarken werden weitergeführt und, sofern nötig, weiterentwickelt.
Mehr Biolebensmittel in Mensen
Gezielte Maßnahmen sind aber nicht nur in der Produktion geplant. „In der Vermarktung ist vorgesehen, den Anteil der Biolebensmittel in öffentlichen Küchen, Mensen u. ä. zu erhöhen. Dafür könnten verpflichtende Mindestprozentsätze an Biolebensmitteln vorgesehen werden, die verwendet werden müssen“, schlug Tiefenthaler vor. „Allerdings müssen diese aus Südtirol kommen.“
Eine besondere Rolle kommt zukünftig dem Südtiroler Bauernbund zu. Er soll als Vermittler auftreten. „Vor allem aber wird sich der SBB zusammen mit den Bioverbänden dafür einsetzen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden.“ Was der SBB aber nicht machen wird, ist, seinen Mitgliedern die Produktionsweise vorzuschreiben. „Über diese muss jede bäuerliche Familie selbst entscheiden“, so Tiefenthaler.
Einen größeren Platz wollen die Beteiligten der Kommunikation einräumen. „Themen der Nachhaltigkeit, Biodiversität oder die Leistungen der Biolandwirtschaft für die Gesellschaft und die Umwelt sollen verstärkt kommuniziert werden. Initiativen wie die Schule am Bauernhof oder die Bäuerinnen-Botschafterinnen werden nach Möglichkeit ausgebaut“, war die gleichlautende Botschaft von Tiefenthaler und Riegler. Und nicht zuletzt wurden regelmäßige Treffen vereinbart, wo Herausforderungen diskutiert und Lösungen erarbeitet werden. Die Treffen wird der SBB koordinieren.
Vermarkter an Bio interessiert
Die Genossenschaften sind optimistisch, was den Biomarkt betrifft. Auf eine Anfrage des SBB hin gaben die Vermarkter an, für die nächsten Jahre von einem Marktanteil bei Bio zwischen zehn Prozent und 50 Prozent je nach Produkt auszugehen. Die Wachstumsprognosen liegen zwischen zehn Prozent und 30 Prozent. In der Tat wächst der Biomarkt stark – teilweise um bis zu 20 Prozent – wie etwa in Italien. Der Umsatz in Deutschland und Italien beträgt zusammen über 14 Mrd. Euro. Davon sollten dann auch die heimischen Unternehmen profitieren. „Die Arbeit beginnt jetzt“, sagte Riegler. Das „Biokonzept 2025“ sei der Anfang.
Ein Appell hatte Riegler am Ende noch. „Bio kann dann wachsen, wenn die Konsumenten die Biobetriebe unterstützen. Und zwar mit dem Kauf biologischer Produkte.“