Die Frau hätte in eine Spezialklinik gebracht werden müssen

Abgewiesene Patientin tot: Aufarbeitung gefordert

Montag, 27. Oktober 2025 | 17:55 Uhr

Von: apa

Der Tod einer Mühlviertlerin, die Mitte Oktober mit einem Aorteneinriss ins Krankenhaus Rohrbach gekommen war und aus Kapazitätsgründen von keinem spezialisierten Spital weiterbehandelt werden konnte, wirft Fragen auf. Der Aufsichtsratschef der Oberösterreichischen Gesundheitsholding (OÖG), Franz Mittendorfer, will die Sache aufarbeiten und beim trägerübergreifenden Notfallmanagement nachschärfen. Auch Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) denkt in diese Richtung.

Die Patientin war am 14. Oktober wegen Schmerzen in der Brust ins Spital in Rohrbach gekommen. Dort wurde ein Aorteneinriss festgestellt, die Frau hätte in eine Spezialklinik gebracht werden müssen. Weder im Linzer Kepler-Uniklinikum (KUK) noch im Klinikum Wels-Grieskirchen, im Uniklinikum St. Pölten und im Krankenhaus Passau konnte man sie übernehmen. Erst in den Salzburger Landeskliniken erklärte man sich bereit – da war die Frau allerdings nicht mehr transportfähig. Sie starb im 55. Lebensjahr.

“Umfassende Analyse zu Abläufen” in Auftrag gegeben

Der am Sonntag via “Kronen Zeitung” bekanntgewordene Fall zog zahlreiche politische Reaktionen nach sich. Die zuständige Landeshauptmannstellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP) teilte mit, sie habe die OÖG – den Träger von Krankenhaus Rohrbach, KUK und Klinikum Wels-Grieskirchen – angewiesen, die Geschehnisse aufzuklären und lege Wert darauf, dass eine umfassende Analyse zu den Abläufen gemacht werde. Auch der Aufsichtsrat der OÖG will Antworten von der Geschäftsführung. Gesundheitsministerin Schumann pochte ebenfalls auf eine lückenlose Aufklärung. Sie werde kommende Woche in einem gemeinsamen Termin mit allen Gesundheitslandesrätinnen und -räten beraten, “wie wir das regionale und überregionale Versorgungsmanagement verbessern und Krisenmechanismen stärken können”.

Der Aufsichtsrat wird zu einer Sondersitzung zusammenkommen, zuerst brauche man aber eine detaillierte Stellungnahme der Geschäftsführung und eine Analyse, “wie konnte es dazu kommen?”, so Aufsichtsratsvorsitzender Mittendorfer. Peter Binder (SPÖ), Dritter Landtagspräsident und Aufsichtsratsmitglied, ist “irritiert”, dass diese Analyse nicht schon vorliege, denn der Fall sei bereits vor zwei Wochen geschehen. “Wenn so tragische Fälle passieren, sollte man das sofort aufarbeiten und nicht erst, wenn es in der Zeitung steht.” Mittendorfer wie Binder haben u.a. Nachschärfungen beim trägerübergreifenden Notfallmanagement im Fokus. Gemeint ist, dass etwa das Klinikum Wels-Grieskirchen kein Intensivbett frei hatte, während im KUK das OP-Team laut Spital “bereits über mehrere Stunden hinweg mit einem anderen medizinischen Notfall gebunden war”. Hier könne man “über seinen Schatten springen” und besser zusammenarbeiten, meinte Mittendorfer sinngemäß, während sich Binder wundert, dass das nicht geschehen ist, wo doch beide Abteilungen dieselbe Leitung hätten.

“Kein Zusammenhang” mit Reduzierung von OP-Zahlen

Die vom KUK vor wenigen Tagen gemachte Ankündigung, planbare Operationen zurückzufahren, um die Notfallversorgung gewährleisten zu können, sei keine Folge des Vorfalls, betonten Mittendorfer und das KUK, während Binder sich das sehr wohl vorstellen kann. Von gut 2.000 OPs pro Monat sollen rund 150 Eingriffe vorerst wegfallen, weil zu wenig Anästhesistinnen und Anästhesisten sowie OP-Pflegepersonal verfügbar sind. Verschoben würden demnach ausschließlich planbare Operationen, bei denen eine Verschiebung medizinisch vertretbar sei. Ziel sei es, “die vorhandenen personellen Ressourcen verantwortungsvoll einzusetzen und gleichzeitig die Versorgungssicherheit für alle Patientinnen und Patienten aufrechtzuerhalten”, hieß es in einer Aussendung des KUK in der Vorwoche – einige Tage vor dem medialen Bekanntwerden des Falls.

St. Pölten hatte Notfall, Wels-Grieskirchen kein Intensivbett

“Ist das Notfallteam eines Klinikums bereits durch einen Notfall gebunden, wäre es grundsätzlich unverantwortlich, die Patientin zu übernehmen ohne die Möglichkeit einer umgehenden chirurgischen Intervention. Somit kann es in diesen Fällen dazu kommen, dass Patientinnen und Patienten nicht angenommen werden können”, hieß es am Montag auf APA-Anfrage aus dem KUK. Neben dem KUK und dem Klinikum Wels-Grieskirchen war vom Krankenhaus Rohrbach noch in weiteren Spitälern angefragt worden. Aus dem Universitätsklinikum St. Pölten hieß es, dass die Dienstmannschaft zu dem Zeitpunkt gerade mit einem Notfall befasst war. Auch im Klinikum Passau verwies man darauf, dass die Herzchirurgie bereits mit einem sehr komplexen Eingriff beschäftigt gewesen sei und man die Patientin nicht habe übernehmen können. Bei den Barmherzigen Brüdern in Linz wurde auch angefragt, diese teilten jedoch mit, sie hätten gar keine Herzchirurgie, nur eine Gefäßchirurgie. Bei den Salzburger Landeskliniken betonte man hingegen, dass man die Patientin übernommen hätte. “Wir haben zugesagt”, so Sprecher Stefan Tschandl zur APA, aber dann habe man aus Rohrbach die Information bekommen, dass die Frau nicht mehr transportfähig sei.

Die Symptome hätten um 17.00 Uhr begonnen, skizzierte das KUK am Montag den Verlauf. Um 19.00 Uhr sei die Patientin “gehfähig und kreislaufstabil, jedoch mit massiven Beschwerden” ins Klinikum Rohrbach gekommen. Nach einem CT um 21.10 Uhr sei klar gewesen, dass es sich um ein “hochakutes, lebensbedrohliches Krankheitsbild” handle. Um 21.15 Uhr sei bei dem ersten Spital angefragt worden, um 22.09 Uhr sei die Patientin laut Dokumentation instabil geworden und damit nicht mehr transportfähig gewesen.

Kritik aus der Politik

NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer forderte nach dem Fall eine “ehrliche Reform” im Gesundheitssystem, die über die Finanzierungsseite hinausgehe.”Diese Tragödie zeigt, dass unser Gesundheitswesen strukturell überfordert ist.” “Schonungslose Aufklärung” forderte auch die Gesundheitssprecherin der oberösterreichischen Grünen, Ulrike Schwarz. Vor allem brauche man eine Strategie zur Behebung der infrastrukturellen und personellen Probleme in den Krankenhäusern und eine Weiterentwicklung des länderübergreifenden Notfallmanagements. Die MFG mahnte zu “Besonnenheit und Respekt”. Entscheidend sei nun eine “sachliche und vollständige Aufarbeitung der Ereignisse”, so die Landtagsabgeordnete Dagmar Häusler.

Kommentare

Aktuell sind 1 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen