Bahnstrecke gesperrt - Ersatzverkehr eingerichtet

Achille De Lisa [52] und Salvatore Verrolla [42] bei Horror-Crash auf Brennerbahnlinie getötet

Mittwoch, 26. April 2017 | 17:40 Uhr
Update

Brixen – Ein Zugsunglück auf der Brennerbahnstrecke bei Brixen hat in der Nacht auf Mittwoch zwei Tote und drei Schwerstverletzte gefordert. Ein Bauzug, auf dem sich rund 20 Arbeiter befunden hatten, setzte sich aus bisher ungeklärter Ursache in Bewegung, sagte der Einsatzoffizier der Feuerwehr Bozen der APA. Nachdem er Fahrt aufgenommen hatte, prallte er gegen eine Baumaschine und entgleiste.

Fabio De Villa/Alto Adige

Wie die Freiwillige Feuerwehr von Brixen berichtet, hat sich der Unfall auf der Bahnstrecke auf der Höhe des Brixner Krankenhauses ereignet.

Ein Gleisbauzug, mit dem bei Vahrn Arbeiten am Gleis verrichtet wurden, geriet aus nicht bekannten Gründen plötzlich rückwärts in Fahrt und rollte rund zwei Kilometer in Richtung Brixen. Dabei prallte er ungebremst auf den in Brixen stehenden Bauzug, der dort Arbeiten an den Gleisen verrichtete. Dadurch geriet der Gleisbauzug, der mit Diesel betrieben wurde, in Brand. Beide Züge gehören der Firma Generale Costruzioni Ferroviarie AG.

Personen unter Trümmer eingeklemmt – zwei Tote und drei Schwerverletzte

Beim Eintreffen der Brixner Feuerwehr, die zunächst die Meldung eines Pkw-Brandes erhielt, wurde das eigentliche Ausmaß des Unglücks festgestellt. Sofort wurden die Löschmaßnahmen eingeleitet. Gleichzeitig wurde bei der Absprache des Personals klar, dass vermutlich mehrere Personen unter den Trümmern eingeklemmt sind.

Mehrere Arbeiter wurden bei dem Horror-Crash eingeklemmt. Für zwei von ihnen kam jede Hilfe zu spät. Es handelt sich dabei um zwei Arbeiter aus Caserta in der süditalienischen Region Kampanien. Der 52-jährige Achille De Lisa und der 42-jährige Salvatore Verrolla haben es nicht geschafft. Sie haben zusammen mit etwa 30 anderen Arbeitern für eine Spezialfirma (Generale Costruzioni Ferroviarie AG) aus Rom die Gleisarbeiten an der Brennerbahnlinie durchgeführt. Die Firma ist spezialisiert auf den Bau, die Elektrifizierung und die Signalvorrichtung im Bahnsektor.

Gegen Mitternacht kam dann der Bauzug in Vahrn ins Rollen. Auf der Höhe des Krankenhauses von Brixen prallte er dann mit voller Wucht gegen einen zweiten kleineren Bauzug. Die beiden Arbeiter aus Italien, die ums Leben gekommen sind, befanden sich auf diesem zweiten Zug.

“Drei wurden mit schwersten Verletzungen geborgen und befinden sich in Lebensgefahr. Sie wurden in die Krankenhäuser nach Bozen und Brixen eingeliefert”, so der Bozner Einsatzoffizier.

APA/APA (FF BRIXEN)

Viele der rund 20 Arbeiter, die sich ebenfalls auf dem Bauzug befunden hatten, erlitten leichte Verletzungen, konnten aber zum Teil an Ort und Stelle behandelt werden. Im Einsatz standen die Bozner Berufsfeuerwehr, die Feuerwehren von Vahrn und Brixen mit rund 50 Mann, der Notarzt des Weißen Kreuzes, das Rote Kreuz, die Notfallseelsorge, die Polizei und die Carabinieri.

Brennerstrecke gesperrt – Ersatzverkehr eingerichtet

Die Brennerstrecke war nach dem Zugsunglück in der Nacht auf Mittwoch bei Brixen in Südtirol bis auf Weiteres gesperrt.

Für den regionalen Bahnverkehr wurde ein Busersatzdienst zwischen Brixen und Franzensfeste installiert. Die ÖBB richteten mit insgesamt fünf Bussen ebenfalls einen Schienenersatzverkehr ein. “Vier Busse fahren direkt von Innsbruck nach Bozen und einer macht einen Zwischenhalt am Brenner”, sagte ein Sprecher der ÖBB zur APA. Laut ersten Informationen sollen die Aufräumarbeiten noch mindestens bis Mittag andauern. Ob dies eingehalten werden könne, sei jedoch noch sehr ungewiss, hieß es.

Auch Gleiskörper beschädigt

“Der Bauzug hatte eine Vielzahl von Bahnschwellen und Eisenteilen geladen”, schilderte der Einsatzoffizier der Feuerwehr Bozen der APA. Zudem sei auch der Gleiskörper durch den entgleisten Bauzug erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden. Auf der Strecke Richtung Norden sind sogar die Oberleitungen mitgerissen worden. Dort wird die Bahnstrecke vermutlich mehrere Tage gesperrt bleiben.

“Die Unfallstelle sieht verheerend aus”, sagte der Feuerwehroffizier: “Wir hoffen, dass im Laufe des Tages in diesem Bereich wieder ein Gleis freigegeben werden kann”. Sowohl der regionale als auch der internationale Bahnverkehr waren vorerst unterbrochen.

Die Aufräumarbeiten sind sehr schwierig, weil tonnenschwere Trümmer aus dem Weg geräumt werden müssen. Dafür müssen erst Privatunternehmen mit besonders starken Kränen gefunden werden, da die Bergungskräne der Berufsfeuerwehr zu schwach sind. Außerdem muss für diese Spezialkräne die Straße erst befestigt werden muss.

Fabio De Villa/Alto Adige

Warum setzte sich der Zug in Bewegung?

Zu dem Unfall war es gegen 23.45 Uhr gekommen. Warum sich der Bauzug, der mit Arbeiten bei Vahrn beschäftigt war, in Bewegung gesetzt hatte, war vorerst unbekannt. Das müssten die Erhebungen der Bahngesellschaft und der Carabinieri klären. Bekannt ist, dass er rückwärts Fahrt aufgenommen hat und nicht mehr in der Lage war zu bremsen. Nach etwa zwei Kilometern Fahrt ist er auf der Höhe des Brixner Krankenhauses auf einen zweiten kleineren Bauzug aufgefahren. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Bremsanlagen am ersten Zug defekt waren. Ein technisches Gutachten, das in Auftrag gegeben wurde, soll Klarheit bringen.

“In diesem Bereich ist die Brennerstrecke am steilsten”, erklärte der Einsatzoffizier. Dadurch nahm der Bauzug schnell Fahrt auf. Auf der Höhe des Brixner Krankenhauses prallte das Gefährt schließlich bei einer weiteren Baustelle mit voller Wucht gegen eine kleine Arbeitsmaschine und entgleiste. Dabei kam es auch zu einem Brand.

 

Fabio De Villa/Alto Adige

Als Brennerbahn wird die Teilstrecke der Eisenbahnachse Deutschland-Italien mit der Alpenquerung von Innsbruck über den Brennerpass nach Bozen und weiter nach Verona bezeichnet. Sie nimmt damit ihren Anfang in Nordtirol, durchquert Südtirol und das Trentino und endet in Venetien. Sie gilt als eine der wichtigsten Nord-Süd-Eisenbahnverbindungen Europas.

Gebaut wurde die Verbindung von 1864 bis 1867. Die Maximalsteigung der Strecke beträgt 25 Promille auf der Nord- und 22,5 Promille auf der Südrampe. Der höchste Punkt der Strecke liegt auf 1.371 Metern am Bahnhof Brenner.

Der geplante und bereits in Bau befindliche Brennerbasistunnel (BBT) soll die Brennerbahn in Zukunft zumindest für den Gütertransport zwischen Innsbruck und Franzensfeste ersetzen. Der Tunnel soll bis 2026 fertiggestellt sein und wird mit seinen 64 Kilometern die nach Angaben der Betreiber “längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt” sein. Die Baukosten des BBT werden derzeit auf 8,5 Mrd. Euro geschätzt.

SGB/CISL: „Viele Fragen unklar“

Auch die Fachgewerkkschaft FIT im SGB/CISL nimmt zum Zugunglück Stellung. „Nur durch Zufall und durch reflexartiges Handeln der restlichen Bahnarbeiter konnte ein noch größeres Unglück verhindert werden“, schreibt Christian Tschigg.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Unfallursache noch nicht bekannt. „Es sind noch viele Fragen offen, etwa warum das Sicherheitssystem nicht funktioniert hat. Es ist Aufgabe der zuständigen Behörden, sofortige Ermittlungen einzuleiten und den Grund zu erheben, der zum tödlichen Arbeitsunfall geführt hat“, so die Gewerkschaft.

„Die beiden tödlich verunglückter Arbeiter waren bei einem Unternehmen beschäftigt, welches für die italienischen Staatsbahnen arbeitet. Dieser tragische Unfall am Arbeitsplatz muss Überlegungen nach sich ziehen, über die Weitervergabe von Arbeiten, die Notwendigkeit von Kontrollen, von Investitionen und des Ausbaus von Sicherheitssystemen, von Weiterbildung und Schulungen im Bereich der Arbeitssicherheit, auch beim Personal von Auftrag nehmenden Firmen, damit die Sicherheitsstandards aufrecht bleiben. Personalmangel und andauernde Nachtarbeit können sich negativ auf die Sicherheit aller auswirken. In diesem Moment sind wir in Gedanken bei den Familienangehörigen der Toten und drücken unser tiefempfundenes Beileid aus. Den Schwerverletzten wünschen wir baldige Genesung“, heißt es in der Aussendung der Gewerkschaft.

Von: mk

Bezirk: Eisacktal