Rubbellose bei Südtirolern beliebt

Glücksspiel: 4.000 bis 7.000 Südtiroler sind süchtig

Montag, 24. Oktober 2016 | 13:22 Uhr
Update

Bozen – Das Landesinstitut für Statistik (ASTAT) hat bei einer Pressekonferenz am Montag (24. Oktober) seine aktuelle Studie zum Glücksspiel in Südtirol vorgestellt.

Schätzungsweise 4.000 bis 7.000 Menschen in Südtirol sind von einer Spielsucht betroffen, weitere 12.000 Südtiroler zeigen einen problematischen Zugang zum Glücksspiel: Dies ist das Ergebnis einer innovativen Studie des Landesinstituts für Statistik, die bei einer Pressekonferenz mit Landesrätin Martha Stocker, ASTAT-Direktor Fabio Bonifaccio, den wissenschaftlichen ASTAT-Mitarbeitern Stefano Lombardo und Francesco Gosetti sowie Christa Ladurner (Forum Prävention), Bettina Meraner (Dienst für Abhängigkeitserkrankungen) und Helmut Zingerle (Therapiezentrum Bad Bachgart) vorgestellt wurde. “Ich bin davon überzeugt, dass wir im Umgang mit dem Glücksspiel den Dreiklang aus Prävention, stationäre und ambulante Behandlungen sowie Verbote brauchen”, verwies Gesundheitslandesrätin Martha Stocker bei der Pressekonferenz auf das unlängst verabschiedete Omnibusgesetz. “Mit den vorliegenden Daten können wir diese Aufgabe in Zukunft gezielter wahrnehmen”, dankte die Landesrätin dem ASTAT für die wertvollen Daten. ASTAT-Direktor Bonifaccio erläuterte in seiner Einleitung den innovativen Charakter der Studie, die gänzlich online durchgeführt wurde und eine hohe Rücklaufquote von 49 Prozent (2.305 Fragebögen) aufweist. Neben der Kostenersparnis bringe eine Online-Studie auch eine höhere Vertraulichkeit und somit ehrlichere Antworten der befragten Personen mit sich. Ladurner, Meraner und Zingerle hoben in ihren Stellungnahmen zur Studie die Bedeutung für die zukünftige Arbeit in den Bereichen der Prävention und der Behandlung hervor. “Glücksspiel ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine ernstzunehmende Problematik”, unterstrich der Direktor des Therapiezentrums Bad Bachgart Zingerle.

Mehr als acht von zehn Südtirolern haben sich am Glücksspiel versucht

Die Zahlen der ASTAT-Studie zeigen Verbreitung dieser Suchterkrankung, die Beweggründe der Spieler sowie die Handlungsfelder in der Prävention und Behandlung auf: Etwa 350.000 Südtiroler über 17 Jahre (82,4 Prozent) haben bereits an einem Glücksspiel mit Geldgewinn versucht, das entspricht mehr als acht von zehn Südtirolern. Etwas weniger als die Hälfte der Bevölkerung (46,5 Prozent) spielt noch immer, wobei die Altersklasse der 21- bis 30-Jährigen mit einem Höchstwert von 58,8 Prozent deutlich hervorsticht. Das beliebteste Glücksspiel in Südtirol ist das Rubbellos: 156.000 Südtiroler haben in den vergangenen zwölf Monaten ein solches gekauft. Mehr als 10.000 Spieler kaufen Tippscheine der Staatslotterien, Totocalcio oder Win for life, spielen im Spielkasino und Kartenspiele. Etwa 10.000 Südtiroler spekulieren an der Börse. Online-Spiele sind zwar weniger weit verbreitet, insgesamt versuchen jedoch etwa 8.000 Menschen damit ihr Glück. Gerade in diesem Bereich ist die Zahl der wöchentlichen und täglichen Spieler hoch.

Die exzessiven Spieler sind männlich, jung und prekär

Das ASTAT hat in seiner innovativen Studie nicht nur die Anzahl, die Altersklasse und das Geschlecht von Teilnehmern an Glücksspielen und von pathologischen Spielern untersucht, sondern auch deren Beweggründe und deren psychologisches Profil genauer unter die Lupe genommen. Das exzessive Glücksspiel ist dabei überwiegend unter männlichen Spielern, in der Altersklasse von 21 und 30 Jahren sowie unter Arbeitssuchenden und befristet Beschäftigten am meisten verbreitet. In seiner Studie hat das ASTAT auch einen Zusammenhang zwischen dem Spielverhalten sowie den Tabak- und Alkoholkonsum beobachtet: Wer viel spielt, raucht und trinkt mehr.

Pathologische Spieler glauben zu spüren, wenn sie Glück haben

Zu den Gründen für das Spielen gehören die Hoffnung auf einen finanziellen Gewinn, aber auch Langeweile, die Sehnsucht nach Gesellschaft, eine erhoffte Entspannung, eine Verbesserung der Laune und das Vergessen von Problemen. Dabei sind es vor allem die exzessiven Spieler, die glauben gewinnen zu können, wenn sie sich mit der Arts des Spiels vertraut machen, oder dass es Gewinnstrategien gibt. Mehr als ein Viertel glaubt zu spüren, wenn sie Glück haben und ist davon überzeugt, dass sich das Blatt gleich wenden werde. Jeder vierte exzessive Spieler will weiters den Eindruck erwecken, beim Spielen entspannt zu sein und fühlt sich beim Glücksspiel richtig lebendig.

Mehr als 4.000 der befragten Personen gaben an, dass sie aufgrund des Glücksspiels finanzielle Probleme haben, fast 3.000 sprechen von Folgen für das Familienleben und 1.500 haben gesundheitliche bzw. persönliche Probleme (Mehrfachantworten waren möglich).

Die Mehrheit der befragten Personen ist von der Notwendigkeit von Maßnahmen der öffentlichen Hand zur Bekämpfung des Glücksspiels überzeugt, da es sich um ein gesellschaftliches Problem handelt (75,9 Prozent im Landesdurchschnitt). Nur wenige glauben, dass das Glücksspiel kein Problem darstellt (2,2 Prozent). Etwas weiter verbreitet – vor allem unter den exzessiven Spielern – ist die Meinung, dass es sich um ein persönliches Problem handelt (8,2 Prozent im Landesdurchschnitt). Von den Menschen, die infolge des Glücksspiels negative persönliche Auswirkungen bemerken, weiß etwa die Hälfte über Hilfsangebote in Südtirol Bescheid. Nur wenige haben sich jedoch bisher in Behandlung gegeben.

 

Von: luk

Bezirk: Bozen