Mehrere Muren verwüsteten das Tiroler Dorf Gschnitz

Aufräumarbeiten und Evakuierungen nach Erdrutschen in Tirol

Dienstag, 01. Juli 2025 | 17:27 Uhr

Von: apa

Die Aufräumarbeiten nach den massiven Murenabgängen und Hangrutschungen im Tiroler Gschnitz (Bezirk Innsbruck-Land) infolge eines heftigen Unwetters mit Hagelfällen am Montag sind am Tag darauf in vollem Gang gewesen. Elf Feuerwehren mit 150 Leuten aus dem Wipptal waren im Einsatz, für Mittwoch wurden bodengebundene Truppen des Bundesheeres angefordert. Ein Black Hawk des Heeres flog indes 47 Personen aus Schutzhütten aus, für die kein Abstieg mehr möglich gewesen war.

Zunächst hatte es geheißen, dass die Bremer-, Innsbrucker- und Tribulaunhütte evakuiert werden müssten und rund 100 Personen betroffen waren. Der Abstieg von der Innsbrucker Hütte war jedoch über Neustift im Stubaital wieder möglich, teilte das Land Tirol Dienstagmittag mit. Daher waren von dort keine Evakuierungsflüge mehr nötig. Laut Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) wäre “bei Bedarf” zudem ein zweiter Hubschrauber des Bundesheeres zur Verfügung gestanden, schrieb sie auf der Plattform “X” (vormals Twitter) und bedankte sich gleichzeitig bei den Einsatzkräften. Für morgen, Mittwoch, wurden beim Militärkommando Tirol zusätzliche bodengebundene Truppen des Bundesheeres für die Aufräumarbeiten angefordert. 40 Soldaten sollen dann im Einsatz sein. Der Zivilschutzalarm sowie der AT-Alert wurden indes am Dienstag aufgehoben.

In der Gemeinde Gschnitz, die sich auf rund 1.240 Metern Seehöhe befindet und 466 Einwohner hat, waren am Dienstag die Aufräumarbeiten jedenfalls am Laufen. In der Früh wurde noch ein Erkundungsflug durchgeführt. Dabei zeigte sich laut Bürgermeister Andreas Pranger das “riesige” Ausmaß einer Mure, das sich insbesondere von der Pfarrkirche bis ins Talinnere zum Weiler Mühlendorf erstreckte. Zahlreiche Bagger waren – wie auch schon in der Nacht – im Einsatz, arbeiten sich in Richtung Talschluss vor und versuchten, die Gschnitztalstraße (L 10) von der Mure zu befreien. Schließlich konnte die Straße provisorisch von den Geröllmassen befreit werden, hieß es seitens des Landes am Nachmittag. Mitglieder der Bergrettung, Wildbach- und Lawinenverbauung führten zudem mit Hilfe des Bundesheeres am Dienstag weitere Erkundungsflüge durch, “um die Lage der Höhenwege und Wildbäche genauer einschätzen zu können”.

Rückkehr in Häuser noch unklar

Montagabend waren etwa 25 Bewohner im Bereich Mühlendorf ausgeflogen worden, in 15 bis 20 Häuser drang Wasser und Schlamm ein. Nun werde daran gearbeitet, diese wieder “freizubringen”, sagte Pranger zur APA. Wann eine Rückkehr der Menschen in ihre Häuser möglich sei, war noch nicht klar. Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) sicherte jedenfalls bei einem Lokalaugenschein am Nachmittag schnelle Hilfe zu: “Das Land wird mit Mitteln aus dem Katastrophenfonds rasch helfen und die Betroffenen bestmöglich unterstützen.” Die Murenabgänge in Gschnitz hätten großen Schaden angerichtet. Gebäude und Brücken seien beschädigt worden, Keller überflutet. “Zum Glück ist niemand verletzt worden, die Schäden sind jedoch enorm. Jetzt gilt es zusammenzuhalten”, betonte der Landeshauptmann.

Am Vormittag hatte sich übrigens gezeigt, dass eine Trinkwasserquelle zerstört worden war. Die Trinkwasserversorgung sei jedoch über andere Quellen sichergestellt, versicherte man im Landhaus.

Am Dienstag erneut Gefahr für Gewitter

Für Dienstagabend zeigten die Wetterprognosen in Tirol indes erneut eine teils hohe Gewittergefahr. Es sei allerdings “nicht seriös einschätzbar”, wo die Gewitter dann tatsächlich im Bundesland niedergehen würden, hielt Elmar Rizzoli, Leiter des Zentrums für Krisen-und Katastrophenmanagement des Landes Tirol, fest. In Gschnitz bereitete man sich jedenfalls vor: “Wir treffen Vorkehrungen für den Abend”, betonte Bürgermeister Pranger. Die Bäche müssten von den Verklausungen befreit werden.

Verletzte gab es laut aktuellem Erkenntnisstand keine. Die heftigen Gewitter hatten bereits am späten Montagnachmittag dafür gesorgt, dass Muren abgingen. Es kam zu Hangrutschen und großflächigen Überflutungen von Feldern, auch rund um Häuser. Geröllmassen donnerten ins Tal, dicht an bewohntem Gebiet vorbei. Insgesamt sechs Muren seien in dem Abschnitt von der Pfarrkirche Maria Schnee bis weiter ins Talinnere nach Mühlendorf abgegangen, hatte es seitens der Feuerwehr geheißen. Stärker bewohntes Gebiet bzw. die Ortsmitte und damit der Großteil der Bevölkerung war hingegen von den Murenabgängen, Hangrutschungen und Überflutungen in Folge der Unwetter großteils verschont geblieben. Hart getroffen wurde aber etwa das Freilichtmuseum Mühlendorf Gschnitz. Es wurde fast vollständig von den Geröllmassen zerstört.

Murenabgänge auch im Stubaital und im Bezirk Landeck

Neben den Murenabgängen in Gschnitz war am Montag auch Neustift im Stubaital (Bezirk Innsbruck-Land) betroffen gewesen. Der hintere Talschluss ab dem Ortsteil Gasteig wurde abgeschnitten. Die Ranalter Landesstraße wurde über mehrere Meter mit Geröll und Schlammmassen verlegt und war am Dienstag noch gesperrt, berichteten Polizei und Land Tirol. Ein Notweg für die betroffenen Bewohner war vorhanden. Allerdings wurde sicherheitshalber der Campingplatz Volderau evakuiert. Im gleichnamigen Ortsteil sowie in Gasteig würden am Dienstag noch Aufräumarbeiten durchgeführt.

Indes wurden auch in Neustift am Dienstag Erkundungsflüge mit dem Landeshubschrauber Libelle unternommen. Laut aktuellem Kenntnisstand gab es keine verletzten Personen und keine Gebäudeschäden.

Auch im Bezirk Landeck hatte sich eine heftige Unwetterzelle mit starkem Niederschlag entladen. In den Gemeinden See, Strengen und Flirsch kam es zu Verklausungen, Überschwemmungen und Murenabgängen. Zeitweise Straßensperren waren die Folge, lokale Umfahrungen sind möglich. Die Landesgeologie führte Dienstagvormittag Erkundungsflüge mit dem Vorarlberger Polizeihubschrauber durch. Die Tiroler Straße (B 171) in der Gemeinde Strengen war wieder geöffnet. In der Gemeinde Pfunds verlegte eine Mure den Abfluss des Pfundser Talbachs. Es bestand jedoch keine Gefahr.

Die Arbeiten nach den lokalen Unwetterereignissen in Tirol sind jedenfalls auch eine personelle Herkulesaufgabe: Insgesamt über 400 Einsatzkräfte stehen in Gschnitz, Neustift und im Bezirk Landeck im Einsatz.

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