Von: apa
Nach dem Urteil im zweiten Prozess wegen betrügerischer Krida gegen Signa-Gründer René Benko vom Mittwoch legen sowohl der Ex-Unternehmer als auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Rechtsmittel ein. Benko bekämpfe die Verurteilung zu 15 Monaten bedingter Haft mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, sagte Anwalt Norbert Wess zur APA. Auch die WKStA wird Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erheben. Die Benko-Seite will zudem eine sofortige Enthaftung.
Nichtigkeitsbeschwerde werde gegen den freisprechenden Teil des Urteils des Landesgerichts Innsbruck eingelegt – und zwar sowohl bei Benko als auch bei seiner Ehefrau Nathalie, die ja zur Gänze im Zweifel freigesprochen worden war, erklärte WKStA-Sprecher Martin Ortner am Freitag gegenüber der APA. Die Berufung wiederum erfolge “zur Strafe” – also hinsichtlich der 15 Monate bedingt sowie der unbedingten Geldstrafe in Höhe von 4.320 Euro. Eine Genehmigung des Vorhabens durch die Oberbehörden, also Oberstaatsanwaltschaft Wien und Justizministerium, liege bereits vor, so Ortner.
Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung
Mit der Nichtigkeitsbeschwerde werden mögliche Fehler in einem Verfahren oder im Urteil bekämpft, mit der Berufung die Strafhöhe. Die Nichtigkeitsbeschwerde zielt darauf ab, dass das Urteil ganz oder teilweise aufgehoben wird. Mit der Berufung kann bei dem Urteil eines Schöffensenats nur das Strafausmaß bekämpft werden, nicht aber die Schuldfrage, also das Urteil darüber, ob der Angeklagte die Tat begangen hat oder nicht. Über die Nichtigkeitsbeschwerde entscheidet der Oberste Gerichtshof (OGH), für die Berufung ist prinzipiell das Oberlandesgericht (OLG), in diesem Fall also jenes in Innsbruck, zuständig. Gibt der OGH aber der Beschwerde statt und wird damit der betreffende Teil des Urteils aufgehoben, ist auch die Berufung hinfällig. Verwirft der OGH die Nichtigkeitsbeschwerde in einer öffentlichen Verhandlung, kann er auch über die Berufung entscheiden.
Der 48-jährige Tiroler Benko war wegen betrügerischer Krida in einem Teilaspekt schuldig gesprochen – konkret drehte es sich dabei um zwei von elf anklagegegenständlichen Uhren sowie vier Paar Manschettenknöpfe und einen Schaden von rund 100.000 Euro. In den anderen Punkten gab es hingegen einen Freispruch. “In drei Viertel” des Anklagegegenständlichen sei sein Mandant freigesprochen worden, sagte Wess, der unmittelbar nach der Verhandlung von einem “unbefriedigenden Urteil” gesprochen hatte. Benko und seiner Ehefrau Nathalie war vorgeworfen worden, im Zuge des Insolvenzverfahrens als Einzelunternehmer in einem Tresor im Haus von Verwandten Bargeld, Uhren und Schmuck im Wert von 370.000 Euro versteckt und damit Gläubigern vorenthalten zu haben.
Wess sieht keine Rechtfertigung mehr für Haft – Für WKStA liegen Haftgründe weiter vor
Wess kündigte zudem einen Enthaftungsantrag für kommende Woche an. Hinsichtlich einer möglichen Enthaftung Benkos – er sitzt derzeit in der Innsbrucker Justizanstalt in Untersuchungshaft – hatte der Verteidiger bereits am Mittwoch nach dem Prozess einmal mehr Druck gemacht und “eine Überprüfung” in Aussicht gestellt. Wess sieht keine Rechtfertigung mehr dafür, schließlich sei sein Mandant in erster Linie wegen dieses Verfahrens in Haft genommen worden. Es könne nie und nimmer eine “Tatbegehungsgefahr für die Zukunft” angenommen werden.
WKStA-Sprecher Ortner erklärte gegenüber der APA, dass es das Recht eines jeden Tatverdächtigen sei, einen solchen Enthaftungsantrag zu stellen. Darüber werde dann das Gericht befinden. Man evaluiere als Behörde sehr wohl laufend – wie gesetzlich vorgeschrieben – das Vorliegen der Haftgründe, meinte der Sprecher Bezug nehmend auf entsprechende Kritik der Verteidigung Benkos. Die WKStA sei jedenfalls der Auffassung, dass diese Haftgründe auch weiterhin gegeben seien. Zudem sei anzumerken, dass Benkos Anwälte bisher noch nie U-Haft-Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vor dem Oberlandesgericht Wien angefochten hätten.
Kontaktverbot fällt weg
Eine Entscheidung fiel unterdessen an einer weiteren Front – jener des Kontaktverbots bzw. der Kontaktbeschränkung zwischen dem in Haft sitzenden Benko und seiner Frau. Diese war von der WKStA wegen einer “Beeinträchtigung des Haftzwecks” verordnet worden. Wess bekämpfte dies, das Landesgericht für Strafsachen Wien erklärte sie aber für rechtmäßig. Nachdem nun aber das Urteil gefallen sei, falle der Grund für die Kontaktbeschränkung weg, bestätigte die WKStA der APA Berichte der “Tiroler Tageszeitung” und der “Kronen Zeitung” vom Freitag.




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