Hat er die Tat schon Wochen vorher geplant?

Benno und das verschwundene Anästhetikum

Donnerstag, 18. März 2021 | 09:03 Uhr

Bozen – Im Fall des Bozner Elternmordes laufen die Ermittlungen auch nach dem Eingeständnis der Verantwortung von Benno Neumair (30) weiter. Derzeit beschäftigen sich die Ermittler laut der Tageszeitung Alto Adige mit einem neuen Aspekt: Ein Zahnarzt hatte sich nach dem Bekanntwerden des Mordfalls und der mutmaßlichen Verantwortung durch Benno Neumair an die Carabinieri gewandt, um von einer Episode in ihrer Praxis am 11. November zu berichten.

Benno Neumair war an jenem Tag dort und er soll großes Interesse für das Betäubungsmittel “Lidocain”, das für die Wurzelbehandlung verwendet wird, gezeigt haben. Die entsprechende Ampulle des Anästhetikums ist im Anschluss nicht mehr auffindbar gewesen. Im Lichte des Elternmordes vom 4. Jänner könnte dieser Vorfall darauf hindeuten, dass Sohn Benno schon Wochen vor der Tat mit der Planung begonnen hat. Die These der Ermittler: Das Anästhetikum könnte womöglich verwendet worden sein, um Peter Neumair ruhig zu stellen und ohne Gegenwehr zu erwürgen. Das könnte laut der Staatsanwaltschaft auch erklären, warum niemand im Haus in der Runkelsteinstraße Schreie oder Hilferufe gehört hat.

Diese Theorie der Staatsanwaltschaft ist für die Anwälte von Benno Neumair, Flavio Moccia und Angelo Polo, weit hergeholt. Dem verschwundenen “Lidocain” in der Zahnarztpraxis will die Verteidigung nicht zu viel Bedeutung zumessen. Es sei gar nicht erwiesen, dass der 30-Jährige die Ampulle entwendet hat.

Doch die Ermittler scheinen sich nicht beirren zu lassen. Die Gutachter wurden angewiesen, bei den in der Wohnung beschlagnahmten Gegenständen auch nach Spuren des Betäubungsmittels zu suchen. Entscheidend könnte letztlich aber eine Autopsie an der noch nicht gefundenen Leiche von Peter Neumair sein. Sollte er tatsächlich mit dem Anästhetikum betäubt worden sein, dürften sich Spuren davon finden lassen. Das würde die Annahme der Staatsanwaltschaft stärken, dass Benno Neumair die Tat von langer Hand geplant hatte.

Die Staatsanwaltschaft geht derzeit auch davon aus, dass Benno Neumair im Zuge seines Eingeständnisses im Rahmen zweier Anhörungen nach dem Fund der Leiche der Mutter nicht die ganze Wahrheit gesagt hat. Er soll vor allem – so glauben die Ermittler – Aspekte ausgelassen haben, die einen Vorsatz nahelegen würden.

Wie berichtet, wurde am Sonntag das Handy von Laura Perselli im Eisack nahe der Rombrücke gefunden. Dieses soll Benno Neumair am Abend des 4. Jänner in jenem Bereich versteckt abgelegt und dann erst später in den Fluss geworfen haben. Als er das Versteck zu Fuß aufsuchte, nachdem er das Auto am Scholl-Platz abgestellt hatte, wurde er von einer Überwachungskamera erfasst. Mit dem Manöver wollte er die späteren Ermittlungen auf eine falsche Fährte locken.

Indes wird Richterin Carla Scheidle in der kommenden Woche einen Gutachter ernennen, der den psychischen Zustand von Benno Neumair untersuchen soll. Wie die Tageszeitung Alto Adige zu berichten weiß, will Richterin Scheidle einen Kriminologen und einen Psychiater für das Gutachten ernennen.

Von: luk

Bezirk: Bozen