Bozen – Nach dem Tod des jungen Obdachlosen in Bozen fragen sich viele: Wie kann so etwas passieren? Wie berichtet, hatte der 20-jährige Ägypter die Nacht auf Freitag in einem behelfsmäßigen Unterschlupf in der Industriezone verbracht. Am nächsten Morgen ist er nicht mehr aufgewacht.
In der Früh schlugen Freunde des Obdachlosen Alarm. Obwohl ein Rettungswagen samt Notarzt zur Stelle in der Nähe des Bahnhofs beim Messegelände ausgerückt ist, kam jede Hilfe für den 20-Jährigen zu spät. Auch die Polizei stand im Einsatz. Der junge Mann ist in der Nacht erfroren.
Die Obdachlosenunterkünfte in Bozen sind schon lange überfüllt und in Meran gibt es nur 25 Plätze. Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung dürfen dort nicht schlafen. In Bozen gibt es derzeit nur für 185 Personen einen Schlafplatz. Über 200 Menschen, die auf der Straße leben, stehen auf der Warteliste und müssen die Nächte im Freien verbringen.
Die Stadtgemeinde Bozen hat immer wieder verlangt, dass auch andere Gemeinden Obdachlose aufnehmen und betreuen.
In der kommenden Woche soll wieder eine Kältefront durch Südtirol ziehen.
Muser: „Dieser Tod muss uns alle aufrütteln“
Zum tragischen und schockierenden Tod des jungen Mannes aus Ägypten sagt Bischof Ivo Muser, dass “uns dieser Tod aufrütteln muss”. Es gebe nur eine Antwort darauf, sagt Muser: “Nicht gleichgültig bleiben, nicht wegschauen, sich treffen lassen und nach gemeinsamen Lösungen suchen, dass so etwas nicht mehr geschieht.”
Die Stellungnahme von Bischof Ivo Muser im Wortlaut:
“Dieser Tod macht mich wie sicher viele Menschen in Bozen und in ganz Südtirol traurig – sehr traurig, betroffen und nachdenklich.
Ein junger Mann, fern der eigenen Heimat, seit kurzer Zeit in unserer Stadt, ausgestattet mit nur einer Decke stirbt den Erfrierungstod – mitten in unserer reichen Stadt. Ich kenne nicht seinen Namen und nicht seine Geschichte, ich weiß nicht, warum und mit welchen Hoffnungen, Erwartungen und Träumen er seine Heimat verlassen hat. Ich weiß nicht, ob er jemanden um Hilfe gebeten hat. Ich weiß nicht, wie lange er bereits unterwegs war, welche Strapazen, Erfahrungen und Enttäuschungen er hinter sich hat.
Besonders tragisch finde ich seinen Tod in diesen vorweihnachtlichen Tagen. Unsere Stadt und unser Land sind voll von Touristen; sie alle sind willkommen und sie alle bringen Geld. Für sie alle ist Platz. Für diesen jungen Mann aber findet sich kein Platz. Er stirbt einen einsamen und bitterkalten Tod.
Dieser tragische Tod sollte gewiss nicht instrumentalisiert werden. Dieses Ereignis ist viel zu traurig und zu beschämend, um damit polemisch auf andere zu zeigen. Aber dieser Tod muss uns alle aufrütteln, persönlich und alle Institutionen: Für solche Menschen ist in unserer Gesellschaft kein Platz, weil sie nicht vorgesehen, nicht erwünscht und nicht willkommen sind. Sie bringen nichts und mit ihnen kann man kein Geld verdienen. Sie stören nur – vor allem auch inmitten des vorweihnachtlichen Konsum- und Erlebnisbetriebes.
Es gibt nur eine Antwort: nicht gleichgültig bleiben, nicht wegschauen, sich treffen lassen und nach gemeinsamen Lösungen suchen, dass so etwas nicht mehr geschieht!
Ich danke allen, die gegen jede Form von Gleichgültigkeit das tun, was ihnen möglich ist. Ich danke allen, die ihren Beitrag leisten, dass unsere Gesellschaft menschlich ist – auch gegenüber den Fremden, den Anderen, den Nichtwillkommenen. Sie gehören zu uns – einfach weil sie Menschen sind.
Meine Trauer nehme ich hinein in mein Gebet für diesen jungen Mann, der mitten unter uns erfroren ist. Möge Gott ihn jetzt umgeben mit Wärme und Licht.”
Kritik von „Omas gegen Rechts“
Auch die “Omas gegen Rechts” nehmen zum Tod des jungen obdachlosen Stellung. Die Vereinigung beklagt in einem offenen Brief an die Landesregierung, den Bozner Stadtrat und den Bischof, wie es möglich ist, dass jemand in der reichen Provinz Bozen bei Minusgraden auf der Straße schlafen und sterben müsse.
Zum wiederholten Male habe die Stadt Bozen heuer die Behausungen der Obdachlosen am Eisackufer zwangsgeräumt und deren Zelte, Decken und Schlafsäcke weggeworfen, bemängelt die Vereinigung.
Den „Omas gegen Rechts“ zufolge gebe es genug leerstehende Gebäude von Land und Kirche, die für Menschen geöffnet werden könnten. „Wir warten auf Antwort – bevor wir ein zweites Kälteopfer beweinen müssen!“, erklärt die Vereinigung in einer Pressemitteilung.
Grüne und Vertreter der Linken haben am späten Nachmittag unterdessen einen Fackelzug in der Nähe der Flixbus-Haltestelle organisiert. Die Linke hat außerdem eine Anfrage im Parlament eingereicht.
Von: mk
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39 Kommentare auf "„Dieser Tod muss uns alle aufrütteln“"
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@ebbi
Das ist wirklich traurig. Finnland zeigt, wie es besser geht:
“erst die vier Wände, dann die Resozialisierung. Die Zahlen untermauern das Projekt: Innerhalb von zehn Jahren wurden 4.600 Wohnungen bereitgestellt. Zwar reichen diese Plätze noch immer nicht für alle Bedürftigen aus, doch die verblieben 1.900 Menschen können in bereitgestellten Notunterkünften schlafen. Finnland hat damit zumindest das Bedrohungsszenario, auf der Straße zu übernachten oder gar zu erfrieren, aus dem Alltag gebannt.
80 Prozent der Fälle bestätigen das Konzept. Sie behalten die Wohnung, profitieren von der sozialen Betreuung und suchen einen Job.”
https://www.choices.de/erst-die-vier-waende-dann-die-resozialisierung-vorbild-finnland-thema-1219
“Dieser Tod muss uns ALLE aufrütteln”
Dieser Tod wird genau niemanden aufrütteln. Bereits morgen verschwindet der Bericht in Vergessenheit…
@world
Wenn dieser Artikel nicht gewesen wäre, ich hätte es auch vergessen gehabt
@SilviaG
Und, hat dich der Bericht aufgerüttelt?
Hast du etwas unternommen, oder wirst du in Zukunft etwas dagegen unternehmen?
Es ist jedes Jahr das selbe! Ist man wirklich nicht imstande eine Einrichtung zu organisieren wo genügend Platz ist? Aber ein neu modernes Gefängnis planen das geht da fehlt das Geld nicht!
@Trina1
Wo wird ein neues Gefängnis geplant?…….aber schlecht wäre es sicher nicht, dann könnte man ja wirkliche Verbrecher wegsperren?
@der echte Aaron in Bozen ! Ja, wenn sich die Gesetzeslage ändert laufen vielleicht weniger frei herum!
@Trina1 hoppla, ein neues Gefängnis braucht es schon, denk an die zwei Frauen🤷🏻♂️🤷🏻♂️🤷🏻♂️
@Pasta Madre 😂
i stell no amoll de froge: wor der bua auf der worteliste der 200 ???
Do Bischof hot leicht gscheide sein.
Wieviele Mesnerhäuser, wieviele wieviele Widume stehen leer.
Da wäre Platz, und vorhandene Infrastruktur vorhanden.
Initiative ergreifen unf nicht kritisieren
Die Kirche ist leider schein(heilig). Es wird Nächstenliebe gepredigt, aber ansonsten gut ab- und einkassiert. Den wirklich Bedürftigen fehlt oftmals die praktische Hilfe von Seiten der Oberhirten.
De wos illegal do sein gian jo dert net in de Unterkünfte.
Sie dürfen nicht.
jo, des thema hots schun öffters gebn a do auf NS, wer a unterkunft aufsuacht muaß nohme und daten ungebn (obs an ausweiß brauch woaß i nit) und scheint somit irgendwo auf, es gleiche gild für de essensausgobn, des woaß i von an freiwilligen der oft bozn gfohrn isch in de sozialeinrichtungen zu helf!
@Blitz Genau 👍
,, Der Tod muss uns ALLE aufrütteln,, nein das muss er uns nicht. Nicht ALLE, alle können nix dafür. Die Politik muss dagegen was tun, dafür werden sie gezahlt. Sie haben den höchsten Haushalt und sind nicht im stande denn Ärmsten der Armen zu helfen??
In einer stadt mit 120tausen einwohner sind 185 plätze wohl genug.
…„Dieser Tod muss uns alle aufrütteln“…
Da hoffen wir, dass es auch an den Kirchentüren rüttelt 🤔
wieso bietet nicht die kirche mal unterkünfte an den die diezöse hat genug leerstehende räume,und wohnungen aber da kommt sicher niemand ninein und wieso her mussner sag uns das bitte
Nutzt nix hintn nochi bestuerzt zu sein…..
Ich würde Mal sagen das das in erster Linie nicht uns aufrütteln soll sondern die jenigen die uns in diesem Land regieren!!
Alle kleinen Gemeinden zahlen je nach Einwohnerzahl für die Obdachenlosenunterkünfte in den Städten mit, weil sich die allermeisten Obdachlosen eben dort aufhalten. Schade, dass sich trotz der vorgesehenen Geldmittel offensichtlich niemand zuständig fühlt, die Lage zu verbessern.
Ist nicht auch der Staat für solche Missstände verantwortlich, um zu helfen wo Hilfe nötig ist ? Daher wie viele Kasernen stehen in Bozen leer es müsste doch möglich sein einige Zimmer für die Unterkunft einiger Obdachlosen bereit zustellen wieso müssen das private
Organisationen unternehmen ein Danke an diese Organisationen.
i konn mi erinnern das de polemik a schun amoll aufn tappet wor, domols wor es so das olles erst sniert wern muß do gewisse vorschriftn einzuholtn sein, das also NOTunterkünfte a vom feinsten sein müßen und nit des wos man ollgemein unter “unterkunft de zur linderung in not hilft” zu ferstien glab!
So weit dürfte es nie kommen, daß ein Mensch im Freien erfrieren muß! Ich verstehe das Problem, daß Unterkünfte nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen können, aber es sollte doch eine Möglichkeit geben, niederschwellige Notunterkünfte für die kalte Jahreszeit zu schaffen, damit so etwas Trauriges nicht passieren muß!
Armer junger Mann.
R.I.P
Uff, ein harter Schlag in die Magengrube.
Aber stimmt.
warum Mieter das Land keine Leerstandshäuser an : viele Hotels mussten schließen -: wäre doch eine Möglichkeit vorübergehend in der kalten Jahreszeit Hilfe zu schaffen
@Mimispatz
Kennst Du das Lied “Ein Loch ist im Eimer….” ?
So kommt mir das Problematisieren (dann kommen ja noch mehr, das können wir uns nicht leisten, das ist unfair…) vor.
Papperlapapp. Wenn man will und mit der Zeit, lässt sich das Problem lösen.
Siehe Finnland. Ich wüsste jetzt nicht, dass der finnische Staat durch Obdachlosen-Ansturm aus aller Herren Länder dem Untergang geweiht ist.
I glab das a a bissl jeder selber schaugn muos in welle lage er sich bring und es sein momentan gonz viel familien de wos gruose probleme hobn di familie zu ernähren,und sem a gkolfen waern muos.
Sem muos a wichgrütelt waern
Das wâre Aufgabe der Kirche zu helfen,sie haben Platz und Geld