Von: mk
Bozen – Die Schönheit der Berge zieht Jahr für Jahr unzählige Touristen nach Südtirol und ins Trentino. Doch der Boom hat auch seine Schattenseiten: Die Zahl der Unfälle steigt rasant an. Während Leichtsinn und mangelndes Risikobewusstsein nach wie vor für viele Bergunfälle verantwortlich sind, kommen auch neue Phänomene hinzu. Walter Cainelli, Präsident des Trentiner Bergrettungsdienstes, warnt gegenüber dem Corriere vor fatalen Fehlern, die in der Bergwelt immer häufiger zu beobachten sind.
Die Erfahrungen der Bergrettung zeigen ein sich wandelndes Bild der Unfälle. Waren Probleme früher eher auf Unerfahrenheit zurückzuführen, kommen heute neue Risikokategorien hinzu. Dazu zählen vor allem Unfälle mit E-Bikes. Oft bleiben Fahrer in höheren Gefilden stecken, weil der Akku leer ist. „Mindestens zwei- bis dreimal pro Woche müssen wir Personen auf 2.500 Metern mit dem Fahrrad bergen“, berichtet Cainelli.
Aber auch Touristen, die bei Selfies an ausgesetzten Stellen abrutschen oder mit Flip-Flops auf dem Gletscher ankommen, fordern die Bergretter heraus. „Mit der Bequemlichkeit der Seilbahnen und Lifte, die einen auf den Gipfel bringen, finden wir oft Leute in großer Höhe mit ungeeignetem Schuhwerk vor“, beklagt Cainelli.
Der Experte kämpft seit Jahren für mehr Vorsicht in den Bergen. „Die neuen Unfalltrends sind zunehmend mit unvorsichtigem Verhalten und einer weit verbreiteten Unterschätzung der Risiken verbunden“, betont er.
Egal, ob Sommer oder Winter – vor jeder Bergtour ist eine sorgfältige Planung laut Cainelli unerlässlich. Dazu gehöre nicht nur die Routenwahl, sondern auch die richtige Ausrüstung und das Konsultieren präziser Wetterberichte. So sollte man den Aufstieg auf den Berg während der heißesten Stunden vermeiden. Wenn man früh am Morgen starte, sei es viel kühler, so Cainelli. Das belastet den Körper weniger.
Für eine einfache Wanderung reichen oft bequeme Schuhe, eine leichte Regenjacke, falls man unerwartet von einem Gewitter überraschend sowie ausreichend Flüssigkeit und Essen.
Weil soziale Medien zu Nachahmung animieren, können sie in den Bergen zur tückischen Falle werden. Jemand macht eine Tour, postet sie im Netz und jeder möchte dasselbe tun. Manche, die nicht so gut vorbereitet, versuchen es trotzdem und dann passieren Unfälle.
Besonders riskant: Selfies, die auf der Jagd nach Likes über einem Abgrund aufgenommen werden. Wie Cainelli berichtet, kommt das immer öfter vor. Solches Verhalten zeige einen schwerwiegenden Mangel an grundlegender Umweltbildung und einen völlig falschen Umgang mit Natur und Berg – manchmal mit tödlichen Folgen.
Tragische Ereignisse wie der Gletscherbruch auf der Marmolata erinnern allerdings auch daran, dass auch Unvorhergesehenes eine entscheidende Rolle spielen kann. 100-prozentige Sicherheit auf dem Berg gibt es nicht. „Man muss sich bewusst sein, dass auch diese Art von Unfällen in den Bergen gibt. Ein unerwarteter Felssturz, das Wetter, das sich plötzlich ändert, oder ein Wildtier, das beim Vorbeigehen Steine lockert, die auf Kletterer fallen – all dies könne vorkommen, warnt Cainelli.
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