Der Tod der Tiere ist qualvoll

Die Räude ist wieder auf dem Vormarsch

Freitag, 04. November 2016 | 12:00 Uhr

Bozen – Die Räude ist die gefährlichste Krankheit, die Gämsen und Steinböcke befallen kann. Sind auch Steinbockbestände betroffen, werden die Ausfälle dramatisch. Genau dies scheint derzeit in Südtirol der Fall zu sein, wie das Tagblatt Dolomiten berichtet.

Kürzlich wurden mehrere von Räude befallene Gämsen im Revier Prags geschossen, am Donnerstag ein dreijähriger Gamsbock in Pfitsch erlegt. Im Ahrntal wurden heuer bisher 52 Räudefälle, im Gadertal 27 und im Wipptal, wo das Gebiet sehr begrenzt ist, sieben Fälle festgestellt. Befallene Tiere wurden früher mehr als heute gezählt, doch die flächenmäßige Ausdehnung der Krankheit ist heute größer als noch vor fünf Jahren.

Erreger der Räude ist die Grabmilbe, die nur 0,2 bis 0,4 Millimeter groß ist und in der Haut des Gamswildes lebt. Die Haut wird rissig, wodurch es anschließend zu Infektionen kommt.

Im Wipptal bestehe der Seuchenherd schon einige Jahre, erklärt Heinrich Aukenthaler, der Geschäftsführer des Jagdverbandes. Betroffen seien vor allem das Revier Wiesen/Pfitsch und zum Teil auch Trens. Das Ahrntal wiederum sei das älteste Räudegebiet im Land.

Die Gamsräude hat Südtirol 1976 erstmals erreicht, wie der stellvertretende Direktor des Amtes für Jagd und Fischerei, Andreas Agreiter erklärt – und zwar in Pfitsch. 1978 sei die Räude dann im Ahrntal richtig ausgebrochen, sagt Aukenthaler. „Vor allem das Revier Reinwar betroffen. Danach wanderte die Räude ostwärts und erreichte dann Antholz, Gsies und Toblach.“

Wo die Krankheit einmal aufgetreten ist, bleibt sie auch. Der Erreger ist immer da – auch in ruhender Form. Zwar sind nach einer Räudewelle die übrig gebliebenen Gämsen relativ immun. Doch dann wachsen wieder neue Gamsbestände nach und es kommt zu Krankheitsfällen. Weil Gämsen Rudeltiere sind, werden Ansteckungen begünstigt.

Die Seuche breitet sich rasch aus – durchschnittlich sechs Kilometer pro Jahr. Dies lässt laut Jagdverband einige Sorgen für die Zukunft erwarten. Bislang hat die Seuche die Eisackfurche nicht überschritten. Wenn das Fall ist, wären auch die besten Steinbockbestände gefährdet, angefangen bei der Steinbockkolonie Tribulaun (Pflersch), erklärt Aukenthaler laut „Dolomiten“. Befürchtet werde, dass dann sehr viele Tiere zugrunde gehen – wie bereits einmal im Sellagebiet. Dort seien die Steinböcke so gut wie ausgestorben.

Die Grabmilben sind Parasiten, die immer wieder einen Wirt suchen und die man auch auf gesunden Gämsen findet. „Der Ausbruch einer Epidemie ist nur dann möglich, wenn eine sehr hohe Anzahl von Erregern mit einer sehr hohen Anzahl von Tieren, die befallen werden können, zusammentrifft, diese Tiere dann geschwächt sind und der Erreger zum Durchbruch gelangt“, erklärt Aukenthaler laut „Dolomiten“.

Gamsbestände reagieren sehr unterschiedlich auf Räudewellen. Der Wildforschung hat nachgewiesen, dass gewisse Gamsbestände widerstandsfähiger gegen die Räudemilbe sind, weil sie eine genetisch bedingte Immunität besitzen.

Seit 1976 sind in Südtirol laut Agreiter insgesamt 3.535 erkrankte Gämsen erhoben worden. Bei rund zwei Drittel der registrierten Fälle wurden die kranken Gämsen erlegt, beim restlichen Drittel handelt es sich um tot aufgefundene Gämsen.

Von: mk

Bezirk: Bozen