Motiv weiter unklar

Bluttat in Südtirol: Darum wurde die Wohnung erst am Vormittag gestürmt

Montag, 19. August 2024 | 13:33 Uhr
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Von: luk

Bozen – Die Ermittlungen zum Doppelmord in Innichen, bei dem Ewald Kühbacher (49) seinen Vater Hermann (90) und die Nachbarin Waltraud Jud (50) erschossen hat, laufen unter Hochdruck. Ewald Kühbacher kann nichts mehr zur Tat sagen: Er verstarb noch am Sonntagabend an seinen schweren Verletzungen. Nach wie vor ist das Motiv des Mannes unklar.

Bei einer Pressekonferenz am Montag haben Staatsanwältin Federica Iovene und die Carabinieri weitere Details zu den schrecklichen Ereignissen vom Wochenende bekanntgegeben. Demnach seien Verhandlungsversuche mit Ewald Kühbacher erfolglos geblieben. Als die Einsatzkräfte mit dem 49-Jährigen in Kontakt treten wollten, habe dieser nur mit Schüssen geantwortet. Er hatte sich bekanntlich in einer Wohnung verschanzt, bei der Erstürmung richtete er die Waffe dann gegen sich selbst und fügte sich dabei schwerste Verletzungen zu.

Obwohl er wiederholt geschossen habe, hätten die Einsatzkräfte keinen Schuss abgegeben, hieß es auf der Pressekonferenz. Als die Einsatzkräfte nach den ersten Anrufen bei der Notrufnummer 112 vor Ort eintrafen, fanden sie Waltraud Jud bereits tot im Treppenhaus vor. Dann seien sie selbst beschossen worden.

Kühbacher, der mit einer legalen Pistole Kaliber 9 schoss, tötete seinen Vater Hermann Kühbacher (90), der mit Schusswunden auf dem Bett gefunden wurde. Auch die Nachbarin Waltraud Jud (50) wurde Opfer: Sie erlitt Schusswunden am Rücken und an der Schulter – vermutlich als sie versuchte, sich in ihre Wohnung zurückzuziehen. Ein Carabiniere, der bei dem Einsatz verletzt wurde, konnte das Krankenhaus nach wenigen Stunden verlassen.

Im Gegensatz zu ersten Berichten verwendete Kühbacher nicht die Waffe seines Vaters, sondern eine eigene Pistole. Kühbacher war zuletzt bei einer Sicherheitsfirma angestellt, hatte jedoch längere Zeit keine Arbeit mehr.

Die Carabinieri betonten heute auch, dass das Sonderkommando GIS bereits nach dem ersten Überblick der Lage rund 20 Minuten nach Eintreffen der ersten Einsatzkräfte alarmiert worden sei. Dies auch deshalb, weil aufschien, dass auf Ewald Kühbacher mehrere Waffen gemeldet waren und er auch über eine erhebliche Menge an Munition verfügte.

Die Wohnung wurde erst gegen 10.30 Uhr gestürmt, obwohl bereits Stunden zuvor die tödlichen Schüsse auf den Vater sowie die Nachbarin gefallen waren. Es sei nicht klar gewesen, ob sich der Mann alleine in der Dachgeschosswohnung des Mehrparteienhauses befinde oder gar Geiseln genommen habe, begründeten Polizei und Staatsanwaltschaft am Montag die Vorgehensweise. Die Bevölkerung wurde während des Einsatzes gebeten, ihre Häuser nicht zu verlassen.

Psychiater Roger Pycha: Pflegeüberforderung als mögliches Motiv

Psychiater Roger Pycha geht nach dem Doppelmord in Innichen nicht davon aus, dass die Tat lange vorher geplant war. Der Primar am Krankenhaus Brixen spricht Medienberichten zufolge von Pflegeüberforderung als möglichem Tatmotiv. Es könnte sein, dass der Täter mit der Pflege seines Vaters überfordert war. Außerdem liegt laut Pycha eine Amoktat vor. Der Täter sei in einer Art Raserei geraten, in der er alle Leute, die ihm in die Quere kamen, beschoss und daran hinderte, an ihn heranzukommen.

Bezirk: Bozen

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