Von: idr
Bozen – 35 Minuten statt nur sechseinhalb: Ein in Rucksäcke integriertes Gerät könnte die Überlebenschancen bei Lawinenverschüttungen dramatisch erhöhen. Eine klinische Studie in den Dolomiten liefert beeindruckende Ergebnisse und wurde nun in einer der renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht.
Im März 2023 wagte ein Forscherteam auf 2.000 Metern Höhe ein außergewöhnliches Experiment: 24 Freiwillige ließen sich mit dem Gesicht nach unten unter über fünfzig Zentimetern Schnee begraben. Zwölf von ihnen trugen einen Rucksack mit einem speziellen Gerät, das Luft aus dem Schnee hinter dem Rücken ansaugt und vor das Gesicht pumpt. Die andere Hälfte trug denselben Rucksack – allerdings mit einem funktionslosen Gerät als Placebo.
Dramatische Unterschiede nach wenigen Minuten
Der Kontrast war frappierend: In der Kontrollgruppe brachen vier Teilnehmende das Experiment wegen Atemnot vorzeitig ab. Die übrigen sieben hielten durchschnittlich nur 6,4 Minuten durch, bevor ihre Sauerstoffsättigung unter 80 Prozent fiel – der Punkt, an dem das Protokoll den Abbruch vorsah.
Ganz anders bei der Gruppe mit dem funktionierenden Gerät: Niemand musste wegen Atemnot aufgeben. Nur ein Teilnehmer beendete den Versuch vorzeitig – allerdings nicht aufgrund von Sauerstoffmangel. Alle anderen elf Freiwilligen blieben die maximal vorgesehenen 35 Minuten unter dem Schnee begraben, ohne dass der Sauerstoffgehalt im Blut relevant absank.
Fünfmal mehr Zeit für die Rettung
Die Rechnung ist simpel, aber lebensrettend: In einer realen Lawinensituation hätten Retter mehr als fünfmal so viel Zeit, um Verschüttete zu bergen. Auch der Eintritt eines Herzstillstands würde sich voraussichtlich erheblich verzögern.
Die Studienergebnisse wurden jetzt in „JAMA” veröffentlicht, einer der meistgelesenen und renommiertesten internationalen medizinischen Fachzeitschriften. Ein wichtiger Schritt für die Anerkennung der Technologie in der wissenschaftlichen Gemeinschaft.
Airbags als bewährte Ergänzung
Seit einigen Jahren sind auch Lawinen-Airbags etabliert, die sich im Ernstfall innerhalb von Sekunden aufblasen und so das Volumen des Trägers vergrößern. Das Prinzip dahinter: Große Gegenstände steigen in einer fließenden Masse automatisch nach oben – der sogenannte Paranuss-Effekt. Die aufgeblasenen, Schlauchboot-artigen Airbags erreichen ein Volumen von 150 bis 200 Litern.
Trotz dieser beiden Helferlein für den Notfall betonen Experten: Prävention bleibt die wichtigste Maßnahme. Bergsteiger und Wanderer sollten sich zu jeder Zeit den Gefahren bewusst sein und unnötige Risiken vermeiden. Die Geräte können jedoch Hand in Hand gehen und die Überlebenschancen deutlich erhöhen.
Aktuell sind 2 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen