Von: ka
Bozen – In Südtirols Zeitgeschichte gibt es kaum ein Thema, das so kontrovers diskutiert wird, wie die sogenannten „Bombenjahre“. Nicht zuletzt, weil die Attentäter für viele Italiener schlichtweg Terroristen waren, verklärten viele Südtiroler sie zu Helden: Mutige Männer, die bereit waren, Schreckliches zu erleiden und für ihre Taten ein Leben lang zu bezahlen – und die dem Land letztlich die Autonomie brachten.

„Zweitland“ ist jedoch kein Heldenepos und zeigt auch keine Südtiroler Heimatromantik. In dunklen Bildern wirft der Film einen Blick auf ein zerrissenes Land, in dem Menschen täglich um ihr Überleben kämpfen. Die im Film erzählte Geschichte einer zerrissenen Südtiroler Familie ist das Abbild einer Bergbevölkerung, die sich um ihre Chancen betrogen fühlt. Oft ist es ihre Perspektivlosigkeit, die junge Leute immer radikaler werden lässt und einige dazu verleitet, sich dem Widerstand anzuschließen und Attentate zu begehen.

Während Anton untertauchen muss, übernehmen seine Frau Anna und sein Bruder Paul, der seine Künstlerträume begraben muss, seine Aufgaben auf dem kargen Hof. Beide geraten in den Strudel des Konflikts zwischen „Deutschen“ und „Italienern“ und kämpfen ums nackte Überleben.

„Zweitland“ ist aber auch die Geschichte einer starken Frau, die an ihren Aufgaben wächst und in einer schwierigen Zeit versucht, zwischen den damals quasi verfeindeten Sprachgruppen zu vermitteln.

Gerade weil „Zweitland“ nicht das gewohnte Epos der leidenden, aber aufrechten Helden erzählt, aber sich auch nicht in Schuldzuweisungen ergeht, rüttelt der Film auf. Den heute durchaus wohlhabenden Südtirolern steht es tatsächlich nicht zu, über arme junge Männer zu urteilen, die keine Perspektive hatten und auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert wurden. Als Vorbilder taugen sie jedoch nicht.

Doch an Anna, die ihre kleinen Spielräume geschickt zu nutzen versteht, um nicht „nur“ sich selbst zu retten, sondern auch, um zwischen Menschen unterschiedlicher Zunge Bindungen zu schaffen, können sich viele heutige Südtiroler ein Beispiel nehmen.
„Zweitland“ erzählt die Bombenjahre aus einer anderen Perspektive: Der Film ist ein Anti-Heldenepos, das ohne Schuldzuweisungen auskommt.




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