Von: apa
Ein 30-jähriger Wiener ist Mittwochnachmittag zu 22 Monaten Haft verurteilt worden, weil er im Jänner seine seit Tagen abgängige, elfjährige Nichte vor der Polizei versteckt hatte und sich beim Einsatz aggressiv verhalten hatte. Die Verhandlung fand vor Geschworenen statt, da der Beschuldigte wegen eines Hakenkreuz-Tattoos auch wegen Wiederbetätigung angeklagt war. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Vor der Urteilsverkündung bedrohte der Mann Zuschauerinnen des Prozesses mit dem Umbringen, sodass die vorsitzende Richterin, Christina Salzborn, die Polizei alarmieren musste. Die Entscheidung der Geschworenen wurde unter Polizeischutz verkündet. Neben der Kindesentziehung wurde der 30-Jährige auch wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Sachbeschädigung verurteilt. Vom Vorwurf der nationalsozialistischen Wiederbetätigung und der Körperverletzung wurde er freigesprochen. Zudem wurden offene Haftstrafen widerrufen.
Das Kind, das in einer betreuten Wohngemeinschaft lebt, war immer wieder abgängig. So auch Anfang Jänner, was eine riesige Suchaktion auslöste. Teilweise wurde mit dem Foto der Elfjährigen auch mittels Flyer und in Medien gesucht. Das Mädchen stand am Abend des 19. Jänner plötzlich vor der Wohnungstür des Onkels in Döbling und bat ihn, reinkommen zu dürfen. “Sie hat gesagt, dass sie in der Schule misshandelt wird und dass die im Heim nichts dagegen machen”, so der Beschuldigte. Er habe das Kind aufgenommen, weil es ihm lieber war, sie sei bei ihm in Sicherheit, als “im Winter auf der Straße oder bei Menschen, die ihr nicht gut tun”, sagte seine Anwältin Sonja Scheed. Der 30-Jährige berichtete auch, dass das Kind auch schon mit einem älteren Mann unterwegs war, der sie unter Alkohol und Drogen gesetzt und vergewaltigt haben soll.
Kind versteckte sich in Lade von Bettbank
Weil das Mädchen allerdings einer Freundin in einem Chat berichtete, dass sie sich bei ihrem Onkel aufhält, stand bald die Polizei vor der Tür. Der 30-Jährige, der ein schweres Suchtproblem mit Alkohol und Drogen hat, meinte daraufhin, dass sie gehen muss. Das Kind wollte das nicht und versteckte sich mit seiner Hilfe in der Lade einer Bettbank, wo sie von den Beamten rasch gefunden wurde. “Sie haben sie gewaltsam rausgezogen und dann hat sie gesagt: ‘Aua, aua'”, erzählte der Angeklagte. Daraufhin habe er die Polizisten beschimpft und bedroht.
Laut einem Beamten, der bei dem Einsatz erheblich verletzt wurde, nahm der Beschuldigte eine Kampfposition ein und ging auf die Einsatzkräfte los. “Er hat gesagt, wir sollen das Kind nicht angreifen”, so der Beamte, der am Ende die Schulter ausgekegelt und die Bizepssehne abgerissen hatte, im Zeugenstand. Die Elfjährige, die weiterhin in Betreuung der Wiener Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) ist, entschlug sich der Aussage.
Der 30-Jährige, der sich beim Prozess großteils schuldig bekannte, wurde festgenommen. Ein Polizeijurist, der den Mann einvernommen hatte, entdeckte am Hals ein Hakenkreuz-Tattoo, das er sich erst kurz davor von einem Bekannten hat stechen lassen. “Ich war schwer alkoholisiert und unter Drogen”, sagte er. Er hätte es anders kreieren wollen, “aber ich hatte das Pech, dass ich am nächsten Tag festgenommen wurde”. Die Tätowiermaschine hatte sich der Freund über eine chinesische Online-Plattform gekauft. Mittlerweile ist die Stelle überstochen und zeigt einen Würfel.
In Arrestzelle randaliert
Später in der Arrestzelle schlug er mit der Matratze eine Lampe kaputt und mit den Scherben schnitt er dann auch eine Matratze auf. Dass er auch ein Loch in die Mauer geschlagen haben soll, bestritt er: “Das war schon.” Er habe an dem Tag zwölf bis 14 Bier getrunken, eine ganze Flasche Psychopax-Tropfen und andere Suchtmittel eingenommen. “Auf Benzodiazepine werde ich aggressiv”, sagte der Mann.
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