Rsikante "Nebenwirkung" von Corona

Gefahr für Kleinkinder durch RS-Virus – Stationen am Limit

Donnerstag, 25. November 2021 | 08:13 Uhr

Berlin – Ein Übel kommt selten allein: Seit einigen Wochen landen in ganz Europa immer mehr Kinder und Jugendliche mit einer Atemwegserkrankung im Krankenhaus, die durch das sogenannte RS-Virus verursacht wird. Auch Kinder in Südtirol sind betroffen. Gerade in der Corona-Pandemie droht die Situation, sich dramatisch zu verschärfen und vor allem unter kleinen Patienten Opfer zu fordern.

Das RS-Virus steht für Respiratorisches Synzytial-Virus. Symptome und saisonales Auftreten ähneln mit Schnupfen, Husten, Halsschmerzen und Fieber einer Grippe. Bei schweren Verläufen kommt oft es zu einer Bronchitis, Bronchiolitis oder einer Lungenentzündung, berichtet die Online-Ausgabe der Berliner Morgenpost.

Das RS-Virus kann Personen aller Altersgruppen befallen und auch bei Erwachsenen für schwere Verläufe sorgen. Als besonders gefährdet gelten allerdings Frühgeborene, Säuglinge und Kleinkinder: Von den Kindern, die mit dem Virus ins Krankenhaus eingeliefert werden und kein erhöhtes Risiko haben, sterben laut Robert-Koch-Institut 0,2 Prozent. Bei erkrankten Frühgeborenen erhöht sich die Zahl auf ein Prozent. Einem besonderen Risiko seien Kinder mit angeborenem Herzfehler ausgesetzt, bei denen die Erkrankung in mehr als fünf Prozent der Fälle tödlich verläuft.

Genau wie bei der Grippe gibt es bei einer Infektion mit dem RS-Virus nur sogenannte symptomatische Therapiemethoden. Es ist also nur möglich Symptome zu lindern, nicht aber die Erkrankung selbst zu bekämpfen.

Corona verschärft Situation

Warum das RS-Virus gerade jetzt die Krankhäuser strapaziert, hat mit Corona zu tun – zumindest indirekt: Der Höhepunkt der jährlichen RS-Welle findet normalerweise im Februar oder März statt, heuer ging es bereits im September los. Wegen der Maßnahmen gegen die Pandemie sei die RS-Welle im vergangenen Jahr Experten zufolge im Grunde ausgefallen. Kinder, die während der Pandemie geboren wurden, seien noch nicht in Kontakt mit den Viren gekommen. Nun erkranken sie alle gleichzeitig.

Die Immunsysteme der Kinder konnten im vergangenen Jahr keine Erfahrung mit der Bekämpfung des Erregers sammeln, berichtet tagesschau.de. Das RS-Virus benötigt wie alle anderen Erkältungserkrankungen, die durch Viren übertragen werden, wie etwa Influenza- oder Rhinoviren, den nahen Kontakt mit Infizierten. Im vergangenen Jahr fehlte dieser Kontakt fast vollständig. Wegen der Corona-Pandemie waren Kindergärten, Kitas und Schulen lange Zeit geschlossen. Auch private Treffen gab es seltener. Zudem hielten sich die meisten Menschen an die AHA-Regeln und trugen eine Atemschutzmaske.

Weil es in diesem Jahr diese nahen Kontakte wieder gibt, können die Viren erneut übertragen werden. Es sind also zwei Jahrgänge von Säuglingen und Kleinkindern, die zum ersten Mal auf das Virus treffen, was die Zahl der komplizierten Verläufe erhöht.

“Das Virus trifft jetzt auf ungeübte Immunsysteme”, erklärt Oliver Heinzel, Oberarzt auf der Kinder- und Jugendstation des Universitätsklinikums von Tübingen laut Berliner Morgenpost.

Dazu kommt, dass normalerweise gegen das RS-Virus in Deutschland geimpft wird. Für diese Maßnahme ist die jetzige Welle jedoch zu früh gestartet.

Kapazitäten am Limit

Corona sorgt aber auch auf einer anderen Front dafür, dass sich die Situation verschärft. Das Personal an Krankenhäusern ist bereits durch die Pandemie einer starken Belastung ausgesetzt. Kapazitäten sind am Limit.

Zahlreiche Kinderkliniken in Berlin können fast keine Patienten mehr aufnehmen. In einem Brandbrief, der deutschen Medien vorliegt, warnen Kinderärztinnen und -ärzte der Rettungsstelle des Berliner Virchow-Klinikums vor einer Notlage auf der Kinderstation. Laut dem Schreiben müssten Eltern und ihre erkrankten Kinder teilweise bis zu sieben Stunden auf eine Behandlung warten. Manche würden ohne Behandlung die Spitäler wieder verlassen.

Kinder und Jugendliche mit einer RS-Infektion würden auch für starke Auslastung in den Vivantes Klinken in Berlin sorgen. In der Uniklinik Köln sollen die Kinderstationen ebenfalls “sehr stark belegt” sein.

In Großbritannien ist RS noch früher ausgebrochen. Statistiken von dort lassen befürchten, dass die Zahlen auch anderswo in Europa weiter steigen. Wie sich die Welle genau auswirkt, lässt sich aber nicht vorhersagen.

Von: mk