Von: mk
Bozen – Ein Dach über dem Kopf, gemeinsame Mahlzeiten, vor allem aber das Gefühl, ein Zuhause zu haben und die Chance, neues Selbstvertrauen aufzubauen – das bietet das von der Caritas geführte Haus Margaret obdachlosen Frauen seit 20 Jahren an. Anlässlich dieses Jubiläums zieht die Caritas heute Bilanz über die geleistete Arbeit an der Seite der Frauen. Seit 1998 bis heute wurden über 1.200 Frauen im Haus mit den hellblauen Wänden in der Bozner Kapuzinergasse aufgenommen und betreut. Trennungen, schwierige Familienverhältnisse, aber auch tragische Schicksalsschläge waren und sind auch heute noch vielfach der Grund dafür, dass Frauen jeden Alters in die Obdachlosigkeit abrutschen. „Obdachlose Menschen – und ganz besonders Frauen – brauchen eine Alternative zum Leben auf der Straße oder unter der Brücke. Genau aus diesem Grund haben die Diözese, die Caritas und weitere Netzwerkpartner, das Haus Margaret vor 20 Jahren eröffnet“, betonte Caritas-Direktor Paolo Valente.
Es war am 30. November 1998. An diesem Tag hat die Caritas im Auftrag und auf ausdrücklichen Wunsch von Bischof Wilhelm Egger und mit der finanziellen Unterstützung des Betriebes für Sozialdienste Bozen ein Haus für obdachlose Frauen in Bozen eröffnet. Das Gebäude in der Bozner Kapuzinergasse stellte und stellt der Katholische Meisterverein für diesen Zweck 30 Jahre lang kostenlos zur Verfügung. Seither haben dort 1.212 Frauen jeden Alters Zuflucht gefunden. Im Haus Margaret stehen 18 Betten zur Verfügung. Das Haus ist immer voll ausgelastet, die Anzahl der Anfragen um Aufnahme übersteigt bei weitem die Möglichkeiten der Einrichtung. Angesichts dieser Zahlen stellt sich die Frage, wer diese Frauen sind warum sie alles verloren haben. „Unsere Gäste haben durchwegs viel durchgemacht. Einige waren finanziell von ihren Partnern abhängig und konnten nach der Trennung die Wohnung nicht mehr halten, einige sind vor der Gewalt zuhause geflohen, vor seelischer und körperlicher Gewalt. Manche leiden unter psychischen Problemen, Verhaltensstörungen oder Abhängigkeiten, einige haben auch viel Zurückweisung in ihren Familien erlebt und dort kaum Halt und Unterstützung gefunden“, erklärt Michela Bertin, die das Haus Margaret leitet.
Bei der heutigen Pressekonferenz, an der neben den Caritas-Verantwortlichen auch Liliana Di Fede, Direktorin des Betriebes für Sozialdienste Bozen und Johanna Brunner, Direktorin des Amtes für Ehe und Familie der Diözese teilgenommen haben, zeigte sich, dass sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten einiges verändert hat. „Die Anzahl der Frauen mit gesundheitlichen und psychologischen Problemen hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Auch werden immer mehr schwangere Frauen aufgenommen und eingewanderte Frauen, die von der Gewalt, die sie in ihren Herkunftsländern erlebt haben, traumatisiert sind“, so Michela Bertin. Auch suchen immer öfter sehr junge Frauen Zuflucht im Haus. Von den 47 Frauen, die 2017 im Haus Margaret Unterschlupf gefunden haben, waren neun jünger als 30 Jahre, elf jünger als 40.
Im Haus erhalten die Frauen nicht nur ein Dach über dem Kopf und warme Mahlzeiten, sie können – sofern sie dazu imstande sind – gemeinsam mit den Mitarbeitern individuelle Projekte entwickeln, die aus der Obdachlosigkeit führen. Dabei arbeitet das Team von Haus Margaret eng mit anderen sozialen Diensten zusammen. „Ein sicherer Platz, regelmäßige Mahlzeiten und Körperhygiene sind wichtig, aber nicht nur. Es ist ein Unterschied, ob man in einer momentanen Notsituation eine schnelle Lösung anbietet oder ob man Menschen, die viel verloren haben, bei der Wiedereingliederung begleitet. Wir versuchen, den Frauen dabei zu helfen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Diese Ausrichtung ist für uns als Caritas sehr wichtig“, betont Danilo Tucconi, der Caritas-Verantwortliche für den Bereich „Wohnen“.
Der Einsatz der Caritas für obdachlose Menschen beschränkt sich nicht nur auf die Arbeit im Haus Margaret. Sie führt in Südtirol insgesamt 10 Strukturen für Menschen, darunter auch für Familien mit Kindern, die Schwierigkeiten haben, eine geeignete Wohnmöglichkeit zu finden. Im vergangenen Jahr haben dort 800 Menschen eine sichere Unterkunft gefunden. Viele von ihnen haben vorher lange ein selbständiges Leben geführt, bis sie aufgrund widriger Umstände und Schicksalsschläge ihr Heim und damit auch ihr Selbstwertgefühl verloren haben. Es sind dies die so genannten „neuen Obdachlosen“, deren Anzahl auch in Südtirol im Steigen begriffen ist. „Obdachlose Menschen sind nicht ein unerwünschter Teil des Stadtbildes, es sind Menschen. Sie stören, weil sie uns zwingen, über unsere Lebensweise nachzudenken, über die Art unserer Beziehungen mit anderen, über unsere Werte und unsere Hilfsbereitschaft. Doch wenn es um obdachlose Menschen geht, gilt es, Alternativen anzubieten zu einem Leben auf der Straße oder unter der Brücke. Genau das ist das Ziel, das die Caritas, die Diözese und weitere Netzwerkpartner seit der Eröffnung von Haus Margaret verfolgen“, betonte abschließend Caritas-Direktor Paolo Valente.
Der Einsatz der Caritas für obdachlose Menschen in Zahlen
In Bozen haben im vergangenen Jahr 2017 insgesamt 47 obdachlose Frauen und 62 Männer einen Platz im Haus Margaret bzw. im Haus der Gastfreundschaft gefunden. Im Haus Freinademetz sind 86 Männer, Frauen und Kinder mit Wohnproblemen untergekommen, in den drei Wohnstrukturen des Dienstes Migrantes sind 321 Männer, Frauen und Kinder aus nicht-EU-Staaten aufgenommen worden. Im Dienst Odòs in Bozen haben 28 Personen ein Obdach gefunden, im Haus Emmaus in Leifers 19 Frauen und Männer. In Bruneck sind 41 Frauen und Männer im Haus Jona untergekommen, in den 20 Wohneinheiten des Dienstes Vier Wände in Brixen und Kaltern 67 Personen. Im Haus Archè, in der Notschlafstelle, in der Marienherberge und in zwei Trainingswohnungen in Meran haben insgesamt 151 Personen eine Unterkunft und Begleitung erhalten.