Deutschlands „Patient Nummer eins“ gibt Rätsel auf

Immun oder nicht immun?

Samstag, 01. August 2020 | 08:12 Uhr

Berlin – Vor rund sechs Monaten ist Deutschlands erster Corona-Fall bekannt geworden. Nun meldet sich “Patient Nummer eins” mit einem Interview zurück, das hitzige Diskussionen über Immunität entfacht hat. Der Mitarbeiter des Automobil-Zulieferers Webasto erklärte, vollkommen gesund zu sein. Allerdings behauptete er, seit April keine Antikörper gegen Sars-CoV-2 mehr zu besitzen.

Der Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte, betonte in dem Interview, dass er ohne „neutralisierenden Antikörper mehr“ nicht mehr vor einer erneuten Ansteckung mit Sars-CoV-2 geschützt sei. Experten haben allerdings ihre Zweifel, berichtet Focus online.

Sie gehen vielmehr davon aus, dass eine Person, die von Covid-19 genesen ist, zumindest für einige Monate immun gegen eine erneute Ansteckung bleibt – auch, wenn die Antikörper nicht mehr im Blut nachweisbar sind.

Dies bestätigt auch Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin sowie Leiter der dortigen Spezialeinheit für hochansteckende lebensbedrohliche Infektionen an der München Klinik Schwabing, gegenüber Focus online: „Auch wenn erste Ergebnisse auf einen teilweisen Verlust von neutralisierenden Antikörpern bei Covid-19-Patienten hinweisen, heißt dies noch lange nicht, dass dies mit einem Verlust der Immunität gegenüber dem Virus einhergeht.“

Wendtner, der Patient „Nummer eins“ behandelt hat, weist darauf hin, dass bis heute noch über keine eindeutige Wieder-Infektion von genesenen Covid-19-Patienten mit Sars-CoV-2 dokumentiert sei.

Virologe Friedemann Weber erklärte gegenüber FOCUS Online hingegen, dass man davon ausgehen könne, dass die Immunität auch dann darüber hinaus fortbesteht, wenn der Antikörperspiegel wieder sinkt. Das sei bei vielen Infektionskrankheiten beobachtbar.

„Man weiß aus Tierversuchen, dass Infizierte nach einer überstandenen Infektion zumindest für einige Wochen immun sind“, so Weber. Für einen Schutz vor einer Erkrankung seien demnach Antikörper im Blut nicht allein ausschlaggebend. „Es gibt daneben auch sogenannte Gedächtniszellen. Die bleiben nach einer Infektion in der Regel zurück und werden wieder aktiviert, sobald man wieder infiziert ist. Deshalb wird der Schutz gegen das Virus bei einer zweiten Infektion sehr viel schneller aufgebaut als bei der Erstinfektion, auch wenn der Betroffene zuvor niedrige Antikörperspiegel aufweist“, erklärt der Virologe.

Von: mk