Von: ka
Rom/Bozen – Der Tatsache, dass in Südtirol bisher nur die Hälfte der Ärzte und Krankenpfleger sich gegen das Coronavirus impfen ließ, schlägt italienweit hohe Wellen.
Der bekannte Virologe und Immunologe Roberto Burioni nimmt den „Fall Südtirol“ zum Anlass, für das gesamte italienische Gesundheitspersonal eine gesetzliche Impfpflicht zu fordern und diese Gesetzesinitiative auf dem Dringlichkeitswege einzuleiten.
Wie der Landesrat für Gesundheit, Thomas Widmann, ankündigte, wird Südtirol angesichts der hohen Anzahl von Impfverweigerern unter den heimischen Angestellten der Krankenhäuser und Alterspflegeheime im Einvernehmen mit Rom die Impfung der Über-80-Jährigen und anderer Risikogruppen vorziehen. Zudem hofft der Südtiroler Sanitätsbetrieb, mit online angebotenen Informationsveranstaltungen weitere Mitarbeiter für eine Impfung zu gewinnen.
Wird die Anzahl der verfügbaren Impfdosen mit jener der bereits verbrauchten Dosen verglichen, gehört Südtirol auf italienischer Ebene in der Tat zu den Schlusslichtern. Laut den letzten am Dienstag veröffentlichten Zahlen wurden in Südtirol lediglich 6.557 von zur Verfügung stehenden 20.620 Impfdosen verimpft. In Prozenten ausgedrückt entspricht dies einer Nutzung von nur 31,8 Prozent der verfügbaren Dosen. In den anderen italienischen Regionen, aber auch im benachbarten Trentino wurden hingegen bereits drei Viertel aller Impfdosen verbraucht. Mit der Ausweitung auf weitere Risikogruppen hoffen Südtirols Verantwortliche, noch innerhalb dieser Woche 60 Prozent der vorhandenen Dosen zu verimpfen.
Ursache ist die „Impfskepsis“ der Südtiroler Ärzte und Pflegekräfte. Wie der „Corriere della Sera“ berichtet, entschied sich bisher lediglich etwa die Hälfte des Gesundheitspersonals dafür, sich einer Impfung gegen das Coronavirus zu unterziehen. Die bekannte Mailänder Zeitung, die Südtirol eine „Impfgegnerfestung“ nennt, zählt auch auf, dass Südtirol nicht nur bei der Impfung gegen SARS-CoV-2, sondern auch bei den vom Dekret der damaligen Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin eingeführten gesetzlichen Pflichtimpfungen mit einer Impfabdeckung von nur 85 Prozent italienweit zu den Schlusslichtern gehört. Bei der Masern-, Mumps- und Röteln-Schutzimpfung sowie bei der Impfung gegen die Meningokokken-Meningitis sinkt dieser Prozentsatz dem „Corriere della Sera“ zufolge sogar auf Werte um die 60 Prozent.
Der „Fall Südtirol“, über den viele italienische Medien breit berichten, sorgt in der italienischen Öffentlichkeit für großes Aufsehen. Der bekannte Virologe und Immunologe Roberto Burioni nimmt Südtirols Impfmuffel zum Anlass, für das gesamte italienische Gesundheitspersonal eine gesetzliche Impfpflicht zu fordern und diese Gesetzesinitiative auf dem Dringlichkeitswege einzuleiten.
„Viele, zu viele Mitarbeiter im Gesundheitswesen verweigern ohne rationale Gründe die Impfung und gefährden damit die Patienten, die sie behandeln sollten. Es stellt sich damit eine politische Frage. Die Regierung muss dringend entscheiden, ob sie die Impfung für das Gesundheitspersonal mit einem Gesetz verpflichtend machen will. Die von Gesundheitsminister Speranza erhoffte Lösung, auf die spontane Impfbereitschaft zu zählen, erweist sich als undurchführbar. Der Minister muss dies zur Kenntnis nehmen und sofort entsprechend handeln. Denn die Corona-Notlage dauert an und Menschenleben sind in Gefahr“, so die deutlichen Worte von Roberto Burioni.
Einen anderen Weg gehen die Sanitätsassistentinnen der süditalienischen Stadt Bari. Mit lustigen, in den sozialen Netzwerken veröffentlichten Videos nehmen sie die Impfgegner auf die Schippe. Ein Video zeigt zwei Sanitätsassistentinnen bei der „Erforschung“ eventueller Impfschäden nach der Impfung gegen das Coronavirus. Am dritten Tag nach der Impfung wird das Gesicht einer der beiden jungen Frau grün, was bei beiden lautes Kreischen verursacht. Das zweite Video ist etwas harscher. „Den letzten Blödsinn, den ich gehört habe, ist, dass den Geimpften bei der Impfung ein Mikrochip eingeflößt wird. Aber wer soll denn Interesse daran haben, euer Sch…leben auszuspionieren?“, so eine Sanitätsassistentin, die für die Impfgegner Worte wie eine Watschn wählt.
Beobachtern zufolge könnte der „Fall Südtirol“ auch dazu führen, das für das Personal des Gesundheitswesens, das besonders in Südtirol die Impfung gegen SARS-CoV-2 verweigert, eine Pflichtimpfung eingeführt wird.