"Das ist wie im Krieg"

Krematorium in Bozen am Limit – Kühlcontainer als Puffer

Donnerstag, 02. April 2020 | 10:15 Uhr

Bozen – Gestorben wird immer, aber seitdem der neuartige Erreger Sars-CoV-2 sich auch in Südtirol und dem Trentino ausbreitet, haben die Mitarbeiter des Friedhofs und des Krematoriums in Bozen den Eindruck, dass die Särge stetig mehr und mehr werden. Gegenüber der Tageszeitung Alto Adige erklärt Davide Stella, der die Arbeiten mit einem 15-köpfigen Team koordiniert, dass er noch nie so viele Tote in so kurzer Zeit gesehen habe. Die Situation lässt ihn sogar zu diesen drastischen Worten greifen: „Das ist wie im Krieg.“ Vor allem Senioren, aber nicht nur, würden dem Coronavirus zum Opfer fallen.

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Sein Team ist derzeit Tag und Nacht damit beschäftigt, die Lage unter Kontrolle zu halten. Jeder erdenkliche Raum wurde für die Särge bereitgestellt. Die Särge seien sogar gestapelt worden, doch der Platz reiche derzeit nicht aus, so Stella. Der „Nachschub“ an Leichen aus Südtirol und dem benachbarten Trentino lasse nicht nach.

Aufgrund der angespannten Lage hat Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi den Zivilschutz um Hilfe gebeten. Die Organisation ist sofort tätig geworden und hat im Süden des Friedhofsgeländes in St. Jakob bei Bozen zwei Kühlcontainer aufgebaut, wo Särge zwischengelagert werden können.

Davide Stella hat inzwischen auf Drei-Schicht-Betrieb umgestellt. Gearbeitet werde nun nicht mehr nur von 5.30 bis 19.00 Uhr, sondern bis 3.30 Uhr die Nacht. So könnten 18 anstatt zwölf Einäscherungen vorgenommen werden.

Doch auch der gesteigerte Arbeitstakt reicht laut der Tageszeitung Alto Adige nicht aus, um zu verhindern, dass sich die Särge aufstauen. Daher wurden die Gemeinden angehalten, keine weiteren Toten mehr nach Bozen zu schicken. Auch aus dem Trentino werden keine Leichen mehr angenommen. Dort hat sich die Verwaltung an ein Krematorium in Friaul gewandt.

Auf den Kopf gestellt sind auch die normalen Bestattungen. Hier müssen die Angehörigen mit einem reduzierten Ritual vorlieb nehmen – wegen des Infektionsrisikos. Es gibt eine Segnung und einige Worte des Geistlichen. Die Zeremonie dauert laut Stella nur wenige Minuten und es dürfen auch nur wenige Trauergäste daran teilnehmen.

Bei Einäscherungen ist die Zeremonie wegen der aktuellen Lage ebenfalls auf das Mindeste beschränkt worden.

Von: luk

Bezirk: Bozen