Von: ka
Bozen – Auf Südtirols Straßen ging am Wochenende nichts mehr. Endlos lange Autoschlangen quälten sich im Schritttempo den Hauptdurchzugsrouten entlang. An der Mautstelle Sterzing wurde mit rund 65.000 gezählten Autos sogar der bisherige Rekord des Jahres 2019 geknackt. Was einerseits den zurückgekehrten touristischen Erfolg widerspiegelt, lässt unzählige Autofahrer, aber ganz besonders die Umweltschützer verzweifeln.
Wie nicht anders zu erwarten folgten dem Verkehrschaos die üblichen Schuldzuweisungen. Während die Einheimischen nicht ganz zu Unrecht den Urlaubern, die alle zur gleichen Zeit nach Hause oder an den Gardasee fahren wollen, die Hauptschuld geben, weisen Beobachter darauf hin, dass ein guter Teil des Wochenendverkehrs hausgemacht ist. Wenig überraschend wurden auch erneut Stimmen laut, die eine weitere Autobahnspur und neue Umfahrungen fordern.
Aber auch wenn sie in einzelnen Punkten recht haben mögen, greifen alle bisherigen Argumente und „Lösungsansätze“ zu kurz. Anstatt auf einen weiteren Ausbau des Straßennetzes zu setzen, wäre es umweltfreundlicher und nahe liegender, auf eine Verringerung des Verkehrs hinzuarbeiten. Ähnlich wie im Falle der Flugreisen könnten Urlaubspakete, die eine Anreise mit dem Zug mit einem Shuttledienst und einem Hotelaufenthalt verbinden, beworben werden. Zugleich muss aber auch den Einheimischen bewusst werden, dass die Zukunft nicht mehr darin bestehen kann, für jeden Kilometer das eigene Auto zu benutzen und den Sonntagvormittag auf der Autobahn oder auf der Staatsstraße zu verbringen. Wer mit Freunden oder mit der eigenen Familie in die Bergnatur will, sollte ohnehin immer früh dran sein.
Anstatt Einheimische und Urlauber gegeneinander auszuspielen, wäre es besser, über neue Wege nachzudenken. Diesen Mentalitätswechsel müssen die Menschen, die erkennen sollten, dass andere Verkehrsmittel ebenfalls viele Vorzüge besitzen, aber auch selber vollziehen. Es kann so angenehm und einfach sein. Während der Schreiber dieser Zeilen im Schnellzug sein Frühstück genoss, fiel sein Blick kopfschüttelnd auf die stehende Autoschlange auf der Brennerautobahn.