Von: mk
Bozen – Bei traumatischen Krisen leistet die Notfallpsychologie für Betroffene und Einsatzkräfte fachkompetente psychologische Hilfe. Dass dieser wichtige Dienst seit nunmehr 20 Jahren in Südtirol besteht, bot Anlass für eine anregende Fachtagung.
Der unerwartete Tod eines Kindes oder Jugendlichen, Suizid, ein schweres Gewaltdelikt oder ein Ereignis mit mehreren Toten: in derartigen dramatischen Krisensituationen sind die Dienste der Notfallpsychologie nicht mehr wegzudenken. Sie leisten bereits in den ersten Stunden nach einem traumatischen Ereignis psychosoziale Erste Hilfe. Ziel ist, Betroffene und Einsatzkräfte möglichst gut durch die Ausnahmesituation zu begleiten. Auch in der weiteren Folge unterstützen sie die betroffenen Personen durch Einzel- oder Gruppengespräche. Psychologische Hilfe wird, wenn nötig, auch noch später angeboten, denn traumatische Erlebnisse hinterlassen immer Narben und oftmals offene Wunden, die nur durch langfristige therapeutische Behandlungen geheilt werden können.
Die Notfallpsychologie wurde als Reaktion auf die Erkenntnis gegründet, dass es professionelle psychologische Unterstützung brauche, um traumatische Geschehnisse aufzuarbeiten. Der offizielle Start der Notfallpsychologie in Südtirol erfolgte mit 1. Januar 2005 nach Abschluss eines ersten zweijährigen Ausbildungskurses, somit begeht die Notfallpsychologie in Südtirol heuer ihr 20-jähriges Bestehen. Am 11. Oktober wurde aus diesem Anlass eine Fachtagung im Krankenhaus Bozen abgehalten, welche neben der Entstehungsgeschichte, dem Status Quo und den aktuellen Herausforderungen auch die Netzwerkarbeit mit anderen Einsatzkräften, wie Rettungsdienst, Freiwilliger Feuerwehr oder Weißem Kreuz zum Inhalt hatte.
Ursprünglich war die Notfallpsychologie im Assessorat für Gesundheit angesiedelt, 2008 wechselte sie zum Südtiroler Sanitätsbetrieb und der Psychologe Erwin Steiner wurde zum Leiter der Notfallpsychologie und des Psychologischen Krisenmanagements ernannt. Bei der Tagung nannte er einige wichtige Meilensteine der letzten 20 Jahre, wie den Aufbau des Suizidnetzwerks oder die Errichtung der Webseite „Du bist nicht allein!“, die sämtliche psychologische Hilfsangebote auflistet. „Die Notfallpsychologie in Südtirol orientiert sich an internationalen Leitlinien und setzt auf eine enge Zusammenarbeit mit Partnern im In- und Ausland“, erklärte Dr. Steiner in seinem Vortrag. Ein für ihn besonders wichtiges Projekt war die Einrichtung des Psychologischen Krisentelefons im April 2024. „Das Netzwerk für Psychische Gesundheit im Südtiroler Sanitätsbetrieb startete dieses niederschwellige und wichtige Hilfsangebot in Zusammenarbeit mit dem Forum Prävention und dem Landesrettungsverein Weißes Kreuz. Unter der Nummer 800 101 800 bieten Psychologinnen und Psychologen rund um die Uhr fachkompetente Hilfe in akuten psychischen Krisen an, denn psychische Notsituationen können zu jeder Tages- und Nachtzeit eintreten.“
Gesundheitslandesrat Hubert Messner betonte anlässlich des Jubiläums, dass die Notfallpsychologie seit 20 Jahren ein unverzichtbarer Bestandteil des Südtiroler Gesundheitssystems ist. “Sie bietet Menschen in akuten Krisensituationen rasche, kompetente und einfühlsame Hilfe – sei es nach traumatischen Ereignissen, bei Katastrophen oder in persönlichen Ausnahmesituationen. Die Tagung unterstreicht die Bedeutung dieses Fachbereichs und ist ein wertvoller Beitrag zur Weiterentwicklung eines professionellen psychologischen Krisenmanagements.“
Auch für Generaldirektor Christian Kofler leistet die Notfallpsychologie in Südtirol einen zuverlässigen Dienst. „Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Einsatzkräften funktioniert stets reibungslos. Ich gratuliere allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Netzwerkpartnern herzlich zum 20-jährigen Bestehen und danke Ihnen für Ihren unermüdlichen Einsatz zum Wohle der Bevölkerung. Ihr Engagement und Ihre Professionalität sind ein Garant für eine rasche, kompetente und menschliche Hilfe in den schwierigsten Momenten.“
Notfallpsychologie in Südtirol in Zahlen
In Südtirol steht ein Team aus 34 Notfallpsychologinnen und -psychologen bereit. Im Jahr 2024 gab es insgesamt 421 telefonische Alarmierungen an die Notfallseelsorge und Notfallpsychologie. In 97 Fällen waren Notfallpsychologinnen und -psychologen vor Ort im Einsatz. In den psychologischen Diensten des Sanitätsbetriebes erfolgten im Jahr 2024 beispielsweise 12 Nachbetreuungen nach einem Suizidfall.
Alle Notfallnummern und weitere Infos auf der Seite „Du bist nicht allein“: https://www.dubistnichtallein.it
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