Verbände melden sich zu Wort

Polemik: Malser Bürgermeister rät vom Spaziergang in Obstwiesen ab

Mittwoch, 03. Januar 2018 | 14:48 Uhr
Update

Mals – Ulrich Veith, Bürgermeister in Mals, hat mit einem Interview im deutschen Reisemagazin „Geo Saison“ ordentlich Staub aufgewirbelt.

Darin warnt er davor, in den Südtiroler Obstwiesen spazieren zu gehen – wegen der hohen Pestizidbelastung.

Dass dies nicht die beste Werbung für Südtirol ist, sieht auch der Wirtschaftsdienstleister IDM so. Empörung und Verärgerung sind über die Aussagen des Malser Bürgermeisters sind greifbar.

Der IDM will die Sache nun hinbiegen und hat mit „Geo Saison“ Kontakt aufgenommen.

Mehr Infos dazu lest ihr in der heutigen „Dolomiten“-Ausgabe!

 

Stellungnahme von Landesrat Schuler, des SBB, des IDM, HGV und VOG zum Interview mit Ulrich Veith

“Aus den Aussagen von Veith gegenüber GEO Saison geht hervor, dass die Südtiroler Landwirtschaft durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln vorsätzlich und nachweislich der Gesundheit der Bevölkerung, speziell Kindern und den Gästen Südtirols schade. Er rät daher dem Gast von Spaziergängen in Obstbaugebieten ab, weil diese gesundheitsgefährdend seien. Schließlich stellt der Bürgermeister fest, dass „Agrarkonzerne, Bauernverbände und die Landespolitik mit Grabschändungen, angedrohten Amtsenthebungsverfahren und gekürzten Gemeindefinanzierungen“ auf das Pflanzenschutzverbot in der Gemeinde Mals reagieren”, heißt es einleitend.

„Wir nehmen diese Aussagen mit großer Sorge und großem Bedauern zur Kenntnis, weil hier mit unwahren Unterstellungen nicht nur wirtschaftlicher Schaden verursacht wird, sondern tiefe Gräben in der Gesellschaft aufgerissen werden“, so reagieren Landesrat Arnold Schuler, Bauernbundobmann Leo Tiefenthaler, VOG Präsident Georg Kössler und IDM Präsident Hansi Pichler einstimmig auf die Vorwürfe Veiths. Ganz offensichtlich haben die Fakten in der Diskussion um den Pflanzenschutz in Südtirol längst keine Bedeutung mehr, die genannten Argumente bedienen ausschließlich die Emotionen. „Wir sind der Bauernbund aller Bauern, der integrierten und der biologischen. Wir führen keinen Glaubenskrieg, sondern wir arbeiten sachlich und verantwortungsbewusst an einer nachhaltigen Weiterentwicklung der Südtiroler Landwirtschaft. Aus diesem Grund trifft es uns schwer, wenn mit solchen Unwahrheiten die Bevölkerung verunsichert wird“, stellt Bauernbundobmann Leo Tiefenthaler klar fest.

„Die Mitglieder unserer Genossenschaften halten sich an vorgegebene Qualitätsstandards, die strenger sind, als es die EU-Normen vorgeben, weil wir konsequent auf Qualität setzten und nur so am hart umkämpften Markt bestehen können. Diese Tatsache muss man einfach zur Kenntnis nehmen“, ergänzt Georg Kössler, Präsident Südtiroler Apfelkonsortium. Es kann nur im Interesse der Bauern sein, den Einsatz von Pflanzenschutz so weit wie möglich zu reduzieren, weil damit Kosten gesenkt werden und weil der Markt naturnahe Produkte nachfragt. Gleichzeitig ist dies eine Entwicklung, in der man Umstellungszeiten, Forschungsergebnisse und die Dynamik der Märkte berücksichtigen muss. Mit dem Schüren von Polemiken wird diese Entwicklung mit Sicherheit nicht beschleunigt, sondern das Selbstvertrauen der Bauern und letztlich aller Südtiroler nachhaltig geschwächt. „In meiner Rolle als Landesrat für Landwirtschaft stelle ich mich gerne jeder Diskussion und bin offen für jeden neuen Ansatz. Dabei setze ich auf Fakten, auf gegenseitigen Respekt und auch darauf, dass der Apfelanbau die Einkommensgrundlage von 8.000 Südtiroler Familien ist, die allesamt nicht das geringste Interesse daran haben, Land und Leute zu vergiften“, so Landesrat Arnold Schuler in seiner Stellungnahme.

Welche Auswirkungen hat es auf den Tourismus, wenn diese Diskussion in deutschen Leitmedien geführt wird? „Sicherlich keine positive, so IDM Präsident Hansi Pichler und HGV Präsident Manfred Pinzger. „Südtirol hat in den Märkten einen sehr guten Ruf, der durch derlei Aussagen auch nicht zerstört wird. Trotzdem schaden die Worte von Ulrich Veith in GEO Saison auch dem Tourismus, weil ausschließlich seine persönliche Sicht der Dinge darstellen und dem Leser einen einseitigen und damit falschen Eindruck unseres Landes vermitteln.“

Zusammenfassend sind sich alle genannten Organisationen und der Landesrat für Landwirtschaft und Gemeinden darüber einig: „Dass es zielführend und sinnvoll ist, über die Zukunft der Landwirtschaft und des Tourismus zu offen diskutieren, neue Wege zu prüfen und jedem Bauern die Freiheit zu lassen, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten nach seiner persönlichen Überzeugung zu arbeiten. Schließlich sind alle zugelassen Pflanzenschutzmittel getestet und gesundheitlich nachweislich unbedenklich. Nicht zielführend, sondern schädlich ist es, die Südtiroler Landwirtschaft und damit einen Teil der Südtiroler Bevölkerung öffentlich zu diskreditieren und damit wirtschaftlichen und sozialen Schaden zu provozieren. Die Zukunft unseres Landes hängt nämlich maßgeblich davon ab, dass wir in demokratischen Sinn Platz für alle Ideen lassen und gemeinsam an der Weiterentwicklung Südtirols arbeiten.“

“Aber bitte mit Respekt!”

 

Landesbäuerin Hiltraud Erschbamer bedauert die ständig in Kritik geratene Landwirtschaft und appelliert für mehr Respekt: „Ich kann jemanden oder etwas nicht mögen, aber dennoch respektvoll behandeln. Die Aussagen, welche in Vergangenheit über unsere Landwirtschaft und die darin arbeitenden Bäuerinnen und Bauern getroffen wurden, sind nicht nur verantwortungslos, sondern auch respektlos“.  Respekt sollte kein Privileg oder Gut sein, das nur denen zuteilwird, die einer Meinung sind. Respekt ist ein Wert, ein Eckpfeiler unserer Gesellschaft, dessen Verlust erst seinen Wert verdeutlicht. „Ich will daher all jenen sagen, welche respektlos über unsere Landwirtschaft und uns sprechen: so nicht! Wir Bäuerinnen und Bauern arbeiten nach bestem Wissen und Gewissen, arbeiten verantwortungsvoll und geben jeden Tag unser Bestes. Durch Respektlosigkeit laufen wir Gefahr, den Wert des Anderen zu verletzen. Nicht umsonst gehen Respektlosigkeit und Verachtung Hand in Hand“.

Dabei sitzen wir alle im selben Boot. „Wir brauchen uns alle, um uns weiter zu entwickeln. Nur wenn wir miteinander – und nicht übereinander – sprechen, kann die dazu nötige Grundlage geschaffen werden, die auf gegenseitige Wertschätzung, Achtung und vor allem gegenseitigen Respekt beruht“, so die Landesbäuerin.

Derselben Meinung ist auch Helene Benedikter, Vorsitzende der HGV Frauen: „Das Miteinander ist in der Vergangenheit sehr gut gelungen, haben wir auch manchmal um gemeinsame Erfolge gerungen  und in vielen Diskussionen unterschiedliche Meinungen auf einen Nenner gebracht –  immer aber in gegenseitigem Respekt. Provokante Angstmacherei und falsche Aussagen sind völlig verantwortungslos.   Für mich steht ganz klar im Vordergrund: wir brauchen uns“.

Landesbäuerin Hiltraud Erschbamer ermutigt, den Weg gemeinsam zu gehen: „Wenn du schnell gehen willst, dann gehe alleine. Wenn du weit gehen willst, dann gehe gemeinsam – so ein Sprichwort. Ich fordere daher alle auf – Bäuerinnen und Bauern, Politik und Wirtschaft –  gemeinsam weiter zu gehen. Und wünsche mir, dass verachtende und respektlose Aussagen über unsere Landwirtschaft der Vergangenheit angehören“.

Von: luk

Bezirk: Bozen, Vinschgau