Von: luk
Bozen – Die Corona-Lage in Südtirol hat sich innerhalb weniger Tage und Wochen zugespitzt. Erst stiegen die Inzidenzen und Neuinfektionen, dann die Aufnahmen von Corona-Patienten in den Krankenhäusern. Nun steht Südtirol kurz vor der Einstufung als gelbe Zone. Einen Umstand, den man unbedingt vermeiden wollte, doch der Landesregierung sind die Hände gebunden. Mehr als eindringliche Appelle zum Impfen und zur Einhaltung der AHA-Regeln sind nicht möglich, solange Südtirol noch “weiß” ist. Dass Südtirol “gelb” wird, ist nun nicht mehr abwendbar. Die Landesregierung will nun verhindern, dass auch noch die Einstufung als “orange” kommt.
Durch Verhandlungen mit Rom möchte sie ein breiteres Instrumentenrepertoire erwirken, um die Chance zu bekommen gegenzusteuern. Heute sind Landeshauptmann Arno Kompatscher und Landesrat Thomas Widmann in Rom. Angesichts der höheren Infektionsrate und niedrigen Impfquote will man klären, ob Südtirol schon in Kürze einen Sonderweg mit 2G einschlagen kann. Auch andere Regionen Italiens plädieren für diese Linie. So stehen derzeit auch Ligurien, das Veneto, Friaul-Julisch-Venetien und Aosta vor der Einstufung als “gelbe” Zone.
Ebenso wird von der Landesregierung derzeit geprüft, rote Gemeinden – dort also, wo Corona wie ein Lauffeuer umgeht und die Impfrate besonders niedrig ist – stärker einzuschränken. So könnten dort Restaurants und Bars bereits um 18.00 Uhr schließen müssen. Diesen Vorschlag brachte gestern Landesrat Thomas Widmann ein. Doch der HGV ist bereits auf den Barrikaden. Außerdem ist unklar, wie der Vorschlag in der Praxis aussehen soll. Dürften die Bürger dann auch das Gemeindegebiet nicht verlassen? Viele Fragen sind offen: Doch angesichts der Lage, müssen sich rote Gemeinden wohl auf strengere Maßnahmen einstellen. Schon nächste Woche könnten dementsprechende Regeln erlassen werden, berichtet die Tageszeitung Alto Adige.
Fest steht derzeit nur eines: Die Intensivstationen laufen voll – vor allem mit ungeimpften Menschen und sobald Südtirol “gelb” wird, gilt auch für geimpfte Menschen die Maskenpflicht im Freien.
LH Kompatscher: “Lage ist nicht gut”
“Die Lage ist nicht gut – wir riskieren sehenden Auges einer Überlastung der Krankenhäuser entgegenzugehen”, erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) nach der Sitzung der Landesregierung am Dienstag. Man zähle zu den Provinzen in Italien mit den größten Corona-Problemen aufgrund der besonders niedrigen Impfrate, so Kompatscher.
Die Durchimpfungsrate liege zehn Prozent unter dem Durchschnitt. Dies sei das eine große Problem, erläuterte der Landeschef der autonomen Provinz. Das zweite sei der Mangel an Disziplin beim Einhalten der schon geltenden Anti-Corona-Regeln wie Abstand, Hygiene und Maske. Kompatscher appellierte eindringlich an öffentliche Einrichtungen, Betriebe, Organisationen und Vereine, mehr und genauer zu kontrollieren. “Wir wollen nicht wieder alles schließen, deshalb gilt es, jetzt die Impfung oder die Auffrischungsimpfung zu machen, alle Regeln einzuhalten, Risiken wie Menschenansammlungen zu vermeiden und Kontakte aufs Notwendige zu beschränken, um schwere Folgen für das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben zu umgehen”, betonte der Landeshauptmann. So werde ab 18. November der Impf-Booster für alle vor mindestens sechs Monaten Geimpften bereitgestellt. Nur das Einhalten der Regeln und die Impfung könnten ein Entgleisen der Situation verhindern.
Während es in der zweiten Oktoberwoche durchschnittlich 23 Neuinfektionen pro Tag gegeben hatte, stieg die Zahl in der zweiten Novemberwoche auf 302. Die Sieben-Tage-Inzidenz hat sich laut Gesundheitslandesrat Thomas Widmann (SVP) im selben Zeitraum verzehnfacht – sie stieg von 44 auf 390. Südtirol liege damit fast auf dem Niveau von Deutschland und haben italienweit die höchste Inzidenz.
70 Corona-Patienten werden in Südtirol auf Normalstationen behandelt. Neun benötigten intensivmedizinische Betreuung.