Medienzensur wird umgangen

Russische Bürger werden auf Tinder über den Ukraine-Krieg informiert

Donnerstag, 10. März 2022 | 15:10 Uhr

Kiew – Tinder ist eigentlich eine Dating-Plattform fürs Handy. Im Ukraine-Krieg erfüllt sie allerdings auch einen anderen Zweck. Da die Bevölkerung in Russland wegen der strengen Medienzensur nichts über die Invasion des Nachbarstaates weiß, nutzen findige Ukrainer die App, um russische Bürger über den Angriff zu informieren – in der Hoffnung, dass der innenpolitische Widerstand gegen Wladimir Putin wächst.

In der Basisversion handelt es sich bei Tinder in erster Linie um einen lokalen Dienst, der den Nutzern nur Matches aus dem eigenen Umkreis anzeigt. Doch in der kostpflichtigen Version können Matches rund um die Erdkugel gesucht werden – etwa auch in russischen Städten. Wird ein Gegenüber dort gefunden, findet prompt Aufklärung über den Krieg in der Ukraine statt.

In traditionellen Medien in Russland existiert der Angriffskrieg praktisch nicht. Putin spricht lediglich von einer Militäroperation und setzt alles daran, um seine Propaganda zu unterstützen. Dass auch zivile Ziele beschossen werden, wird geleugnet. Der Kremlchef hat sogar ein Gesetz verabschiedet, um Russen zu verbieten, kritische Informationen über den Krieg zu veröffentlichen.

Doch Medienzensur ist im digitalen Zeitalter nicht so einfach. Ins Rollen gebracht hat diese Art der Informationsverbreitung das Hacker-Kollektiv “Anonymous”, das weltweit agiert und sich klar gegen Putin und den Krieg positioniert hat, berichtet heute at. Auf Twitter wurden Internetnutzer außerdem aufgefordert, unter russischen Sehenswürdigkeiten, Restaurants oder Hotels eine “Bewertung” zu schreiben, in denen dann aber über das Vorgehen der russischen Armee in der Ukraine berichtet wird.

Allerdings hat Google damit angefangen, solche Kommentare wieder zu löschen, weil sie nicht den Nutzerbedingungen entsprechen würden. Wie ein Sprecher des Suchmaschinen-Giganten verlauten lässt, habe man zusätzliche Schutzmaßnahmen eingerichtet, um Inhalte zu überwachen und Verstöße gegen die Richtlinien für Maps zu verhindern. Google Maps solle kein Forum für politische Aussagen sein, heißt es vonseiten des Konzerns.

Die Touristen-Plattform Tripadvisor hat ebenfalls die Kommentarfunktion mittlerweile gesperrt.

Von: mk