Von: ka
Bozen – Eine SüdtirolNews-Spontanbefragung, ob der Südtiroler Tourismus sein Limit erreicht habe, brachte ein eindeutiges Ergebnis. Mehr als vier Fünftel der Teilnehmer vertritt die Meinung, dass diese „Grenze“ vielleicht sogar schon überschritten sei.
Dem Tenor der Kommentare unter dem Artikel zufolge ist es aber weniger die schiere Zahl der Touristen, die die Schreiber und Schreiberinnen zu stören scheint, sondern vielmehr einige Begleiterscheinungen, die von nicht wenigen Einheimischen mit dem Tourismus in Verbindung gebracht werden. Vornehmlich die im Vergleich zu den gezahlten Gehältern zu hohen Lebenshaltungs- und Wohnkosten werden von kritischen Geistern auf die „Fremmen“ zurückgeführt.
Aber ist das die ganze Wahrheit? Viele Großeltern erinnern sich noch oft daran, dass sie bis zum Aufkommen des Tourismus in vielen Tälern als Knecht oder Magd ein kärgliches Auskommen finden mussten. Durch die Schaffung vieler attraktiver Arbeitsplätze vor der Haustür wirkte der Tourismus nicht nur der Abwanderung entgegen, sondern sorgte auch dafür, in diesen Tälern Wohlstand und Zukunft zu schaffen. Nach und nach entwickelte sich der Tourismus zu einem wichtigen Standbein der einheimischen Wirtschaft.
Wahr ist, dass es jedes Jahr Millionen von Italienern und Ausländern nach Südtirol zieht. Wahr ist aber auch, dass selbst Experten die Meinung vertreten, dass es den sogenannten Overtourism in Südtirol nur an bestimmten Orten und dann auch nur in der Hochsaison gibt. Die weltbekannten Südtiroler Instagram-Plätze, von denen der Pragser Wildsee und das Ranui-Kirchlein in Villnöss die vielleicht bekanntesten sind, sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in Südtirol selbst im Juli und August viele schöne Plätzchen gibt, an denen man kaum einen Menschen, geschweige denn Touristen, trifft.
Es besteht der Eindruck, dass einige Medien und Parteien bewusst die oftmals durchaus berechtigte Kritik an manchen Auswüchsen des Tourismus aufbauschen, um in Wahlzeiten zum sehr persönlichen Vorteil im Trüben fischen zu können.
Umgekehrt sollten die Tourismustreibenden und die politisch Verantwortlichen konstruktive Kritik ernst nehmen und die berechtigte Forderung der Arbeitnehmer nach höheren Löhnen und der Südtiroler allgemein nach leistbarem Wohnen unterstützen. Denn nichts braucht ein gut funktionierender Tourismus mehr als die Unterstützung der Einheimischen.
Ein Blick in andere Bergregionen, aus denen die Menschen längst abgewandert sind, offenbart, was Südtirol ohne Tourismus hätte blühen können. Wir verdanken ihm viel Gutes.