Von: luk
Bozen – Südtirol leuchtet auf der Landkarte des “European Centre for Disease Control” wieder rot auf – als einziges Gebiet in Italien. 255 Neuinfektionen gestern und 196 Neuinfektionen am Vortag zeigen ihre Auswirkungen. Das bedeutet, dass die EU vor Reisen in und aus Südtirol abrät.
Auch für Covid-Einsatzleiter Marc Kaufmann ist klar: “Wir sind in der vierten Welle.” Die Situation in den Südtiroler Krankenhäusern bleibe aber derzeit noch stabil. Angesichts der in die Höhe schnellenden Neuinfektionen gehe bei den Pflegern und Mitarbeitern aber die Befürchtung um, dass die Situation kippen könnte. Verschärft wird die Lage durch die Suspendierungen von Personal wegen der Verweigerung einer Impfung, berichtet die Tageszeitung Alto Adige. Das müsse irgendwie kompensiert werden, so Kaufmann. Und weiter: “Jeder Covid-Patient heißt dann weniger Ressourcen für andere Patienten.”
Im Sanitätsbetrieb und im Gesundheitsassessorat werden indes die Corona-Daten analysiert. Die mit Stand von gestern 63 Hospitalisierten seien zu einem großen Teil über 75 und ungeimpft. Die beiden Todesfälle von gestern betrafen zwei Männer – einer über 70, der andere 90 Jahre alt.
Infektionsherde werden mittlerweile in Schulen, auf Arbeitsplätzen in Familien aber auch in Altersheimen registriert. In Laas und Kaltern gab es etwa Corona-Ausbrüche in den Seniorenwohnheimen. Den betroffenen Senioren geht es aber glücklicherweise den Umständen entsprechend gut. Viele sind asymptomatisch.
“Geht es so weiter, werden wir von Italien wieder als gelbe Zone eingestuft. Lasst euch impfen”, so Gesundheitslandesrat Thomas Widmann. Er merkt an, dass auch nach einer Impfung eine Ansteckung möglich ist. Man sehe aber, dass die Krankheit dann weniger stark verläuft und praktisch niemand mehr wegen Covid-19 im Krankenhaus landet. “Das ist es, was zählt.” Man müsse aber dranbleiben und vor allem Senioren nun mit einer Auffrischungsimpfung weiter schützen. Daher appelliert Widmann für die dritte Impfung, die er bald auch für andere Alters- und Berufsgruppen öffnen möchte.
Dass Südtirol im Vergleich zu den anderen italienischen Regionen schlechter da steht, hat für Landesrat Widmann mehrere Ursachen, die allgemein bekannt seien: “Wir haben eine um rund zehn Prozent geringere Impfquote, kalte Temperaturen und damit mehr Aufenthalte in Innenräumen und einen gewissen Hang dazu, die Regeln und Vorsichtsmaßnahmen nicht zu beachten.” Widmann gibt auch zu, dass man derzeit nicht mehr wisse, wie man die noch nicht geimpften Menschen dazu bewegen kann, sich doch noch Immunisieren zu lassen oder sich zumindest verantwortungsbewusst zu verhalten.
“Tourismusbetriebe unabhängig von den Corona-Zahlen offenhalten”
Indes ist auch die Wirtschaft aufgeschreckt. In Südtirol geht wieder das Schreckgespenst eines möglichen Lockdowns um. In einer Stellungnahme spricht sich SVP-Landtagsabgeordneter Helmut Tauber dafür aus, die Tourismusbetriebe im Winter auch bei steigenden Corona-Kennzahlen offen zu halten: „Es kann nicht sein, dass der gesamte Tourismussektor jedes Mal zusperren muss, wenn die Zahlen steigen. Hier muss eine praktikable Lösung gefunden werden.“
Die Tourismusbranche habe in den letzten Monaten alles unternommen, um nicht zum Infektionsherd zu werden, was offensichtlich auch gelungen ist. Nun mit den steigenden Infektions- und Hospitalisierungskennzahlen werde wieder über eine mögliche Absage der Wintersaison diskutiert. Landtagsabgeordneter Tauber hält davon nichts: „Es kann nicht sein, dass jedes Mal, wenn die Zahlen steigen, wir um die Öffnung der Betriebe bangen müssen. Es geht hier um die Sicherung von tausenden Arbeitsplätzen und die Existenz von tausenden Betrieben. Es braucht eine Entscheidung, die konsequent Richtung 2G, also bestimmte Freiheiten nur mehr für Geimpfte oder Genese, geht. Hier muss die Tourismusbranche zusammen mit der Politik schnellstmöglich eine praktikable Lösung finden.“ Vorerst gelte es die Impfungen weiter zu forcieren, um so die Durchimpfungsrate doch noch auf die gebotenen 90 Prozent zu bekommen. „Auch die dritte Impfung soll so rasch wie möglich allen angeboten werden und entsprechend beworben werden“, fordert Tauber abschließend.