Die Angeklagten machten von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch

Vier Jahre Haft für “Jungschamanin” nach Okkult-Betrügereien

Mittwoch, 10. Dezember 2025 | 14:24 Uhr

Von: apa

Im Fall mutmaßlicher Okkult-Betrügereien rund um eine “Schamanin” namens “Amela” sind am Mittwoch am Wiener Landesgericht der Ex-Mann, der Sohn und die Schwiegertochter der 45-Jährigen verurteilt worden. Die 30-Jährige, die sich als “Anna” ebenfalls als “Schamanin” betätigt hatte, fasste vier Jahre unbedingt aus. Die beiden Männer erhielten jeweils drei Jahre Haft, wovon in beiden Fällen zwei Jahre bedingt nachgesehen wurden. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Bei einer Strafdrohung von bis zu zehn Jahren fielen die Strafen speziell für die dreifach Vorbestrafte 30-Jährige durchaus milde aus. Der Schöffensenat folgte dem Appell ihrer Verteidiger Philipp Wolm und Nikolaus Rast, die darum ersucht hatten, bei der Strafbemessung “die Kirche im Dorf zu lassen”. Erschwerend wurde bei der “Jungschamanin” das getrübte Vorleben, der lange Tatzeitraum und die hohe Schadenssumme gewertet.

Bei den Angeklagten hatte die Polizei im Zuge von zwei Hausdurchsuchungen Vermögenswerte in Höhe von insgesamt zehn Millionen Euro sichergestellt. Inkriminiert war in der Verhandlung eine Schadenssumme von 1,7 Millionen Euro, um die laut Anklage 19 aufgeforschte Opfer betrogen worden waren. Vom Gericht wurden insgesamt vier Millionen für verfallen erklärt, weil es “positive Indizien für weitere Straftaten gibt”, wie der vorsitzende Richter unter Verweis auf Ermittlungsberichte der Polizei in der ausführlichen Urteilsbegründung festhielt. So hatte die Polizei unter dem Bett eines Angeklagten 18 handgeschriebene Zettel mit Angaben zu weiteren wahrscheinlichen Opfern entdeckt, die nicht ausgeforscht werden konnten.

Rund sechs Millionen Euro bekommen Verurteilte zurück

Das bedeutet, dass die nicht rechtskräftig Verurteilten rund sechs Millionen zurückbekommen. Dessen ungeachtet akzeptierten alle drei die Urteile zunächst nicht. Sie erbaten nach Rücksprache mit ihren Verteidigern Bedenkzeit. Die Anklagevertreterin gab keine Rechtsmittelerklärung ab.

Die drei Angeklagten waren zum Vorwurf des gewerbsmäßigen schweren Betrugs und der Geldwäscherei geständig. Lediglich den Vorwurf, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben, hatten sie in Abrede gestellt. Sie wurden am Ende jedoch auch dazu für schuldig befunden. “Wir haben keinen Zweifel am Bestehen einer kriminellen Vereinigung”, hieß es dazu in der Urteilsbegründung.

Die mutmaßliche Haupttäterin Mariana M., wie die “Schamanin” mit bürgerlichem Namen heißt, ist weiter flüchtig. Während die Fahndung nach ihr lief, hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Anklage gegen ihren geschiedenen Mann, ihren Sohn und ihre Schwiegertochter gezimmert, die sich unter dem Namen “Anna” ebenfalls als “Schamanin” betätigt hatte. Den angeklagten Männern wurde im Wesentlichen zur Last gelegt, die von den beiden Schwindlerinnen erbeuteten Vermögenswerte verwaltet und gewinnbringend angelegt zu haben.

Angeklagte machten von Aussageverweigerungsrecht Gebrauch

“Alles in der Anklage stimmt. Außer die kriminelle Vereinigung. Mehr möchte ich nicht sagen”, gab die 30-jährige “Jungschamanin” zu Beginn der Verhandlung zu Protokoll. “Es tut ihr extrem leid”, meinte Philipp Wolm, einer ihrer beiden Verteidiger. Eine kriminelle Vereinigung liege jedoch nicht vor: “Eine Familie ist nicht von Haus aus darauf ausgerichtet, kriminelle Machenschaften zu begehen.”

“Es gibt ein ‘Hände hoch, wir gestehen!'”, bekräftigte Nikolaus Rast, der zweite Verteidiger der “Schamanin”. Die 30-Jährige sei aber “so fertig”, dass sie keine Fragen beantworten und von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen werde. Das nahmen auch die männlichen Mitangeklagten in Anspruch.

Tatzeitraum von zehn Jahren inkriminiert

Laut Anklage sollen die Haupttäterin “Amela” und ihre Schwiegertochter seit Februar 2015 bis zum Jänner 2025 fortgesetzt schwere Betrugshandlungen begangen und dabei die “Schwachstellen” ihrer Opfer ausgenutzt haben, “um sich einen luxuriösen Lebensstil leisten zu können”, wie die Anklagevertreterin eingangs der Verhandlung erklärte. Hauptsächlich in Wien, aber auch in Linz, Neusiedl am See und in München sprachen “Anna” und “Amela” auf der Straße ihre späteren Opfer – überwiegend Frauen – an und machten ihnen zunächst Komplimente für deren vorgeblich “schöne Aura”.

Ließen sich die Leute auf diese Thematik ein, gaben sich die beiden als angebliche “Schamaninnen” zu erkennen und behaupteten nun, sie würden eine “nicht stimmige Aura spüren” bzw. seien die Opfer von einem Fluch befallen. Beides und bevorstehendes Unheil ließe sich aber gegen Entgelt abwenden. Vom drohenden Unfalltod einer Tochter war da die Rede, von einer tödlichen Erkrankung eines Angehörigen oder einem “schwarzen Kreis”, der sich um eines der Opfer gebildet habe.

Manchmal hieß es auch, vorhandenes Bargeld oder sonstige Wertgegenstände müssten “gereinigt” werden, die dann allerdings nicht mehr zurückgegeben wurden. Männliche Opfer baten die Schwindlerinnen laut Anklage gern um Zuwendungen, indem sie sich als hilfsbedürftig und mittellos ausgaben und dringend benötigte medizinische Behandlungen oder Renovierungsarbeiten ins Spiel brachten.

19 Opfer von Anklage umfasst

19 Opfer waren von der Anklage umfasst. Eine Frau hatte den “Schamaninnen” nicht weniger als 575.000 Euro übergeben, indem ihr vorgemacht wurde, sie wäre von Dämonen befallen und ihr Vermögen müsse “gereinigt” werden. Eine andere Frau zahlte, um den angeblich bevorstehenden tödlichen Unfall ihrer Tochter abwenden zu können. Einer krebskranken Frau wurden 56.550 Euro abgenommen, indem ihr vorgemacht wurden, ihre Krankheit könne zum “Verschwinden” gebracht werden. Die Frau ist mittlerweile verstorben.

Die Polizei konnte zu Jahresbeginn auf dem Anwesen der Familie in Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling) immense Vermögenswerte sicherstellen. Neben 6,4 Millionen Euro Bargeld wurden Schmuck und sonstige Wertgegenstände im Wert von zwei Millionen Euro beschlagnahmt. Versteckt waren die Sachen in einem gut verborgenen Tresor, der bei der ersten Hausdurchsuchung übersehen wurde, und in einem still gelegten ehemaligen Schwimmbad, das nur über eine Falltür erreichbar war.

Auf diversen Bankkonten war rund eine Million deponiert, zudem verfügten die Angeklagten über einen Fuhrpark mit 14 Pkw im Wert von zumindest 320.000 Euro. Die “Sammlung” umfasste ein Modell der Luxus-Marke Aston Martin, zwei Jaguar und drei hochpreisige BMW.

Die WKStA geht davon aus, dass es sich bei den rund zehn Millionen in großen Teilen um die Beute aus Betrügereien handelt. Dem traten die Verteidiger entgegen. Sie erkannten den inkriminierten Schaden von 1,7 Mio. Euro an und versprachen vollständige Schadensgutmachung. Die restlichen Millionen hätte die Familie aber “aus legalen Einkommen” erwirtschaftet. “Amelias” geschiedener Mann sei äußerst erfolgreich im Immobiliengeschäft tätig, betonte dessen Verteidiger Alexander Prenner. Die Familie habe “seit Generationen gut gewirtschaftet und sehr geschickt veranlagt”. Außerdem hätten die Angeklagten “sehr sparsam” gelebt, behauptete Prenner.

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