Mordfall Perselli/Neumair weckt auch im Ausland Interesse

Wenn Kinder ihre Eltern töten

Montag, 15. März 2021 | 08:07 Uhr

Bozen – Nicht nur nationale Medien berichten über den Fall Perselli/Neumair. Interesse besteht auch über die Staatsgrenzen hinaus: Die Online-Ausgabe der „Neuen Zürcher Zeitung“ beschäftigte sich ebenfalls in einem kürzlich erschienenen Artikel mit dem Elternmord in Bozen.

Benno Neumair, der 30-Jährige Sohn des Ehepaares, der sich bereits seit Wochen in Untersuchungshaft im Bozner Gefängnis befindet, hat die Tat bekanntlich gestanden. Im Rahmen des Verfahrens soll ein psychiatrisches Gutachten erstellt werden, um zu bestimmen, ob er zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war. Dabei wird auch nach einem möglichen Motiv geforscht.

Im Rahmen eines Interviews spricht die NZZ mit Kathleen Heide, Professorin für Kriminologie an der University of South Florida, die das Phänomen der Elternmorde seit 35 Jahren untersucht.

Laut Heide gibt es vier Kategorien von Elternmorden. Im ersten Fall geht es um jugendliche Täter, die das 20. Lebensjahr noch nicht erreicht haben und die in vielen Fällen sexuell, psychologisch oder emotional missbraucht worden sind.

Die zweite Kategorie bilden Täter unter 40 Jahren, die noch bei ihren Eltern wohnen und oft unter schweren seelischen Störungen wie Psychosen, Schizophrenie oder einer manischen Depression leiden.

Antisoziale Täter gehören zur dritten Kategorie. Sie agieren aus egoistischen Motiven.

Zur vierten Kategorie zählen Menschen, die aus Zorn töten: In diesen Fällen kommt es zum Mord, weil sie entweder selbst einem Missbrauch zum Opfer fielen oder einem solchen zusehen mussten.

Heide empfiehlt, ein psychiatrisches Gutachten gleich zu Beginn zu erstellen, da mediale Berichterstattung oft zu einer Beeinflussung führen könne. Sie selbst habe schon erlebt, dass ein prominenter Klient sehr wohlwollend in den Medien porträtiert worden sei. Bei der anschließenden psychiatrischen Begutachtung habe sich dann allerdings ein gegenteiliges Bild ergeben.

Als Gutachterin verbringt Heide drei- bis achtstündige Sitzungen mit Tatverdächtigen. Dabei gehe es darum, Schritt für Schritt eine Beziehung aufzubauen. Erst wenn diese stabil genug erscheint, werde die Frage nach dem Motiv des Mordes aufgeworfen.

Von: mk

Bezirk: Bozen